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Mein Name ist Akaya.
Ich bin mittlerweile 19 Jahre alt und bin der zweite von vier Söhnen.
Unser Vater ist der König des Königreichs Sila.
Unsere Mutter starb vor Jahren bei der Geburt meines jüngsten Bruders.

Ich habe für meine jüngeren Geschwister so etwas, wie die Mutterrolle übernommen.
Mein älterer Bruder ist da nicht so der Typ für... Raidon hat für so etwas einfach keine Zeit.
Immerzu blickt er unserem Vater über die Schulter.
Er soll schließlich sein Nachfolger werden.

Nori, der zweitjüngste, ist, wie sein Name. Er befolgt Regeln und ist oft im Recht.
Auch Raidon macht seinem Namen alle Ehre. Er bedeutet nämlich Donnergott.
Und losdonnern kann er gewiss.

Auch Takashi trägt einen Namen, welcher ihn exzellent beschreibt. Denn respektvoll ist er definitiv.

Nur ich passe nicht ganz zu meinen Brüdern.
Akaya.. blutrote Nacht... Was sich unsere Mutter dabei wohl gedacht hat?

"Aki, kommst du?" Nori kommt in meine kleine Hütte gelaufen. Dabei schiebt er die, mit feinem Papier, bespannte Tür auf und lässt sie mit viel Getöse gegen die Wand donnern.
"Ich habe dir doch schon oft gesagt, du mögest hier bitte nicht so herein poltern."
"Ach Bruder, und ich habe dir schon oft gesagt, du sollst nicht immer zu spät sein."
Ein wenig verwundert blicke ich meinen jüngeren Bruder an.
"Was habe ich diesmal vergessen?" Frage ich ihn und lege meinen Kopf ein wenig schief.
"Wir werden heute Besuch empfangen. Aus dem Nachbarreich. Das mit den Bergen. Es soll dort unheimlich kalt sein."
Aufgeregt wippt er auf seinen Füßen herum.

Ein leises Seufzen verlässt meine Lippen.
"Stimmt, da war ja was."
Ich erhebe mich, lege den Pinsel, mit welchem ich bis eben geschrieben habe, auf die dafür vorgesehene Ablagefläche und schreite zu meinem Schrank.

"Ich helfe dir schnell." Nori zieht in Windeseile ein Gewand für mich heraus und drückt es mir in die Hand.
"Geh dich waschen. Du bist voller Tinte."
"Ja, Mama." Gebe ich leise von mir und flüchte vor den Schlägen meines jüngeren Bruders.

Ich habe rasch meine helle Haut gewaschen, meine pechschwarzen Haare gekämmt, wobei mir Nori geholfen hat, und habe mich angekleidet. Mein Haar ist so unglaublich lang geworden... Es berührt hin und wieder sogar meine Kniekehlen.
Wir haben es geflochten und mit einer Spange sorgfältig aufgerollt.

"Du bist echt zerstreut in letzter Zeit." Weist mich Nori zurecht, als wir den Weg von meinem kleinen abgetrennten Bereich zum Hauptpalast gehen.

Noch ein letztes Mal streiche ich mein rotes Gewand zurecht.
Nori trägt ein grünes, Takashi wird mit Sicherheit ein lilafarbenes Gewand tragen und Raidon ganz gewiss goldgelbfarben...

"Warum musst du ausgerechnet heute so spät sein, Akaya?"
"Dir auch einen guten Morgen, großer Bruder." Erwidere ich den Gruß meines Bruders und stelle mich neben ihn.
Vater beachtet mein Zuspätkommen gar nicht erst. Viel eher ist sein Blick auf den Eingang zum Hauptpalast gerichtet.

Aktuell befinden wir uns genau genommen hinter der letzten Mauer. Vor ihr gibt es noch zwei weitere, welche Eindringlinge, also Leute, die keine Befugnis haben in den Palast zu gelangen, fernhalten. Hinter dem ersten Wall befinden sich Ställe, Räumlichkeiten der Bediensteten, Küche und ähnliche Gebäude.
Hinter dem zweiten Wall gibt es große Gärten, einen Wald und auch kleine Seen. Gut versteckt und relativ weit hinten befindet sich auch mein kleiner Bereich.

Ich bin bereits vor zwei Jahren aus dem Hauptpalast ausgezogen.
Ich kann diesen pompösen und drückenden Ort einfach nicht leiden.

Aus diesem Grund liegt mein kleines Häuschen dort, versteckt zwischen all den Bäumen und mit einer Art flachem See drumherum. Über Steine gelangt man zum Eingang.

Die Tore öffnen sich und ein Tross von Menschen strömt auf uns zu.
An seiner Spitze reitet ein junger Mann. Sein Pferd ist schwarz, wie die Nacht und steht im Kontrast zu seinem weißen Gewand und weißem Haar.
"Seid gegrüßt, Prinz Fudo." Vater und Raidon kommen dem jungen Mann entgegen. Dieser steigt vom Pferd ab und verneigt sich.

Kurz unterhalten sich die drei. Ich habe unterdessen meine Hände gefaltet und sehe ihnen abwesend zu.
Mich interessiert das ganze nicht besonders.

"Dies sind meine anderen drei Söhne.
Akaya, Nori und Takashi."
Vater stellt uns dem jungen Mann vor. Wir verneigen uns kurz.
"Ich möchte nur ungern unterbrechen, doch ich möchte den Wunsch äußern, mich zurückziehen zu dürfen."
Meine Stimme ist leise.
Ich sehe kurz zu meinem Vater.
Dieser seufzt und nickt.
"Gut, auch wenn ich es dir untersagen würde, du wärst bei der nächsten Gelegenheit sowieso weg."
Kurz lächel ich, dann ziehe ich mich endlich zurück.

Ich bin gerade einige Meter an der Mauer entlang gelaufen, da holt Takashi schon zu mir auf.
Vor einigen Jahren hat man extra für mich eine zweite kleine Tür in die Mauer eingelassen. Diese ist jedoch gut versteckt.

"Wie findest du ihn?" Fragt er mich aufgeregt. Ich lächel.
"Wir haben uns doch nicht einmal unterhalten. Außerdem, er ist doch eh nur wieder irgendein Prinz, welcher hier ausgebildet wird und dann wieder verschwindet. Sie kommen und gehen alle irgendwann mal."

Takashi lacht.
"Sein Gewand ist schön... und das Pferd erst..." er macht eine große Handbewegung über seinem Kopf. "Soooooo groß war es."
Ruft er aus und läuft ein kleines Stück voraus.

Leicht lächelnd folge ich ihm.
An der Tür zu den Gärten hin, bleibt er stehen und sieht sich um.
"Aber jetzt mal ganz ehrlich Akaya.
Hübsch fandest du ihn schon."
Für seine zehn Jahre ist Takashi echt weit und sehr klug.

"Wie meinst du das?" Tue ich einen auf unwissend und trete mit ihm durch die Mauer.

"Ich weiß, dass du Frauen doof findest. Diese Menschen mit den wackelnden Dingern und diesen hohen, zu weilen wirklich fürchterlichen und nervigen, Stimmen..."
Takashi folgt mir in meine Hütte und hüpft dabei von einem Stein zum nächsten.
Dies tut er mit höchster Konzentration und viel Freude.
Seine Beine sind zwar lang genug, um von einem Stein zum nächsten zu gelangen, doch das Herumhopsen bereitet ihm viel mehr Freude.

"Mag sein, aber Vater würde dies nicht verstehen."
"Und du bist so zerstreut und zurückgezogen, weil Raidon versucht dir Frauen anzudrehen." Schlussfolgert er und lässt sich auf dem Boden nieder.

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Reich Sila✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt