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"Ja, da hast du wohl recht. Auch Nori hat es mittlerweile bemerkt."
Mein jüngster Bruder nickt und betrachtet gedankenverloren das kleine Windspiel, welches am Dach befestigt ist und leise im Luftzug klimpert.

"Also, findest du ihn nun hübsch?" Er strahlt mich an.

"Takashi, selbst wenn dem so wäre. Was würde mir das bringen? Ich muss warten bis ich von hier vollkommen weg kann."
"Aber ich will nicht, dass du gehst." Quengelt er sogleich und lässt sich auf den Rücken fallen.
"Raidon und Vater haben nie Zeit für mich und Nori ist immer gemein zu mir. Du darfst nicht gehen."

"Ich werde auch noch nicht jetzt gehen. Ich werde wohl noch einige Zeit brauchen."

"Was willst du denn machen, wenn du nicht mehr im Palast wohnst? Wo willst du denn hin?" Fragt er mich sogleich und dreht sich auf den Bauch. Er verschränkt seine Arme und legt seinen Kopf darauf.

Ich seufzte leise.
"Ich werde vermutlich auf Wanderschaft gehen und dem zu Diensten sein, wer mir Unterkunft und Brot gewehrt."

Ich bin bereits zu meinem Schrank gegangen. Mein Gewand habe ich auf dem Weg dorthin gelöst und es zu Boden gleiten lassen.
Takashi ist ja auch ein Kerl und außerdem ist er mein Bruder.
Was soll mich allso stören, wenn er meine entblößte Kehrseite sieht?

Ich nehme ein Gewand aus Leinen aus dem Schrank und lege es über.
"Also würdet Ihr auch mir dienen?"
Erschrocken zucke ich zusammen.

Die Stimme ist mir unbekannt...
"Oh, Hallo Prinz Fudo."
Takashi kichert leise.

"Ihr habt hier nichts zu suchen, also geht wieder. Der innere Hof ist sicherer. Zudem vorerst Ihre Unterkunft."
Weise ich den Prinzen zurecht, ohne mich umzudrehen.
Unterdessen habe ich mein Gewand geschlossen und hebe nun mein altes auf.
Kurz blicke ich in seine atemberaubenden eisblauen Augen und erstarre.
Nur wenige Augenblicke lang hält diese Starre an, dann reiße ich mich von seinen Augen los und hänge mein altes Gewand wieder in den Schrank.

"Sehr freundlich, dass Ihr mich darauf hinweist. Aber, wie ich hörte, seid Ihr ab morgen mein Lehrmeister."

Abfällig schnaube ich.
"Das glaube ich wohl kaum.
Ich unterrichte niemanden.
Nie wieder.
Und nun geht!
Ihr habt hier nichts zu suchen."

Ich drehe mich schwungvoll um und Blitze ihn gefährlich an.
"Ihr werdet es ja noch sehen.
Ihr Vater wird es Ihnen sicherlich beim Abendmahl mitteilen."
Sein süffisantes Grinsen konnte ich nicht ertragen.

"Das kann er mitteilen wie er will.
Ich erscheine zu solchen Dingen nicht. Und nun habt Ihr endlich zu gehen."
Mit deutlich sanfterer Stimme wende ich mich an meinen Bruder.
"Kannst du ihn bitte zum Palast begleiten? Ich habe keine Lust auf noch mehr böse Überraschungen.
Außerdem möchte ich mich wieder meiner Arbeit zuwenden."
Takashi nickt und bringt den Prinzen endlich fort von mir.

Ich hasse es einfach.
Menschen, die ich nicht kenne, sollen gern von diesem Ort fernbleiben.
Aus diesem Grund habe ich auch eine eigene kleine Kochstelle.
Ich koche oft selbst, meide die Bediensteten und auch sonst möglichst viele Menschen.

Vater ist davon nicht ganz so angetan, doch er duldet es. Er duldet es vor allem, weil er weiß, dass ich sonst schon lange von hier fort wäre. Und er möchte seine Kinder nicht fortlassen. Wir sind das einzige, was ihn noch an seine geliebte Frau erinnert.

Seufzend lasse ich mich an meiner Arbeitsstelle nieder und suche das kleine Töpfchen mit Tinte. Sie ist schon ein wenig eingetrocknet, jedoch noch flüssig genug, um mit ihr zu schreiben.

Also setze ich den Pinsel wieder an und lasse ihn über das Papier fliegen.

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Reich Sila✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt