chapitre six

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Bis zum späten Nachmittag hielten der Regen und die Düsternis an, dann riss die dichte Wolkendecke auf und ließ die spärlichen Sonnenstrahlen wieder auf uns hinabscheinen. Das änderte jedoch nicht viel an meinem miserablen Gemütszustand und ich zog einfach die schweren Vorhänge zum Schutze vor dem fröhlichen Licht vor die hohen Fenster, sodass mein Zimmer erneut in dumpfer Dunkelheit lag.

Vor der Gold verzierten Tür meines Raumes konnte ich das geschäftige Treiben der Bediensteten hören, die allesamt mit den Vorbereitungen des Festes beschäftigt waren. Der Grund für diese weitere, überflüssige Feierlichkeit war mir noch unbekannt, Marie hatte versucht es mir zu erklären, doch ich hörte ihr nicht zu und hatte mich in meine Gemächer zurückgezogen.

Das Buch in meinen Händen lag aufgeschlagen auf den cremefarbenen Falten meines zerknitterten Kleides, doch ich bekam die Sätze nicht in meinen Kopf, sie wollten ihre Bedeutung nicht entfalten. Seufzend schlug ich letztendlich doch den ledernen Umschlag zu, platzierte den Roman auf das kleine Tischchen neben meinem breiten Bett und erhob mich von den vielen Kissen. Das wenige Licht, das doch noch einen Weg zwischen den roten Falten der Vorhänge meines Gemachs gefunden hatte, nahm langsam aber sicher einen goldenen Schimmer an und deutete darauf hin, dass ich nicht mehr viel Zeit hatte.

Papa hatte uns gesagt, das Fest beginne bei Sonnenuntergang.

Kaum hatte ich mich auf den Weg zum anliegenden Salon gemacht, da klopfte es auch schon zaghaft an der Tür, die daraufhin sacht geöffnet wurde und der Kopf meiner Schwester zu sehen war.

„Julie?", rief sie vorsichtig in den Raum, sie spürte den Riss der sich seit der Verkündigung ihrer Verlobung zwischen uns gebildet hatte genauso stark wie ich und es war ihr anscheinend so unangenehm wie es mich schmerzte. Als sie mich erblickte fiel allerdings jeglicher Unmut von ihr ab und sie schob sich durch die Tür um mit schnellen Schritten auf mich zu zukommen.

„Oh Gott, Julie, so kannst du doch nicht unter die Gäste treten! Weißt du nicht wie spät es ist?", jammerte Marie und fummelte an meinen Haaren herum. „Ja, ich weiß wie spät es ist, danke.", murrte ich und versuchte mich ihren flinken Fingern zu entziehen. Marie schüttelte nur den Kopf und stieß mich auf einen reich verzierten Hocker, der an meinem Schreibtisch stand. Ich versuchte gar nicht erst zu protestieren und ließ meine Schwester einfach machen.

Manchmal war das das Beste das man machen konnte.

Sie begann meine Kleiderschränke zu öffnen und zu durchforsten, zog ein Seidengewand nach dem anderen heraus und ließ es dann doch achtlos zu Boden fallen.

„Marie, ich..." Sie bedeutete mir still zu sein und zog mit äußerster Vorsicht ein weites Kleid aus den tiefen meines Schrankes, hielt es mit prüfenden Blicken weit von sich und ließ es dann sanft auf die weichen Decken meines Bettes gleiten.

„Und jetzt hopp hopp, die Gäste werden bald da sein!" Sie half mir aus den einfachen Röcken von cremefarbener Seide und begann damit mich in das blaue Gewand zu zwängen. Marie hatte schon immer einen guten Geschmack und so wurde ich erneut nicht von ihr enttäuscht, als ich mich eine Stunde später alleine im Spiegel betrachtete und mit meinen Fingern über die blassen, goldenen Musterungen auf dem blauen Stoff fuhr. Marie war bereits fort, sie musste die ersten Gäste gemeinsam mit ihrem Verlobten empfangen und so hatte ich das Schminken und Frisieren alleine übernommen, welches auch dementsprechend schlicht ausfiel. Ich war noch nie begeistert von dem Gefühl von Puder auf meinem Gesicht gewesen.

Zufrieden mit meinem Ebenbild griff ich nach dem schmalen Halsband das mir mein Vater einst geschenkt hatte, an dem ein glänzendes, rotes Templerkreuz hing, band es um meinen schmalen Hals und öffnete endlich die Tür meiner Gemächer. Die Flure waren leer, keine Diener waren zu sehen und so erfüllte einzig das Rascheln meiner Schritte die hohen Gänge, als ich mich auf den Weg hinab in den Ballsaal machte.

Assassin's Creed - Wenn Der Frühling blutetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt