Kapitel 39

570 29 9
                                    

Heute hatte ich eine ewig lange Reha Behandlung hinter mir. Ich hängte mich voll rein und ignorierte meine Schmerzen. Nur wenn ich möglichst schnell vorwärts kam, konnte ich auch möglichst schnell nach Dortmund zu meiner Süßen zurück. Wenn ich nur an ihren Anblick dachte, fing mein Herz an zu rasen. Für meine Motivation war also gut gesorgt. Ich vermisste sie unendlich. Mein Therapieplan ließ es leider nicht zu, dass ich am Wochenende zu ihr flog und sie hatte meinen Vorschlag nach München zu kommen ausgeschlagen, da sie dringend für die Uni zu tun hatte. Naja, es kamen ja noch mehr Wochenenden und dann musste ich mich halt in Geduld üben. Auch wenn es mir schwer fiel, aber ich wollte ihr nicht im Weg stehen und die Uni hatte Vorrang, schließlich ging es da um ihre berufliche Zukunft. Trotzallem war ich ein wenig enttäuscht, denn ich hätte mein süsses Schneckchen schon gerne wieder in meinen Armen gehalten. Ich blickte auf mein Handy. Es war jetzt 21 Uhr. Eigentlich rief mich Santana immer um 20 Uhr an. Aber ich wusste ja, dass sie bei Sarah und Jule war. Bestimmt hatten die Mädels sich verquatscht. Ich würde einfach auf ihren Anruf warten.
Ich schaute spätestens alle 5 Minuten auf die Uhr. Es war jetzt schon 22 Uhr. So langsam machte ich mir echt Sorgen. So, jetzt war mir das egal, ich rief sie einfach an. Nicht, dass ihr etwas passiert war. Und schon war mein Finger auf dem Kontakt Schneckchen und drückte den grünen Hörer. Es dauerte etwas, bis mein Anruf angenommen wurde und ich quasselte gleich los "Hallo Schneckchen, ich vermisse dich so." Ich war schon ganz hibbelig endlich ihre liebevolle Simme zu hören und mein Herz raste, wie immer wenn ich nur an sie dachte oder mit ihr telefonierte.
"Hallo Milli.", ertönte jetzt eine Männerstimme. Das war definitiv nicht Santana. Ich schaute schnell auf mein Handy. Hatte ich Idiot den falschen Kontakt ausgewählt? Ne, da stand eindeutig Schneckchen. Ich schüttelte den Kopf. Mein Handy musste eindeutig spinnen und ein Eigenleben entwickelt haben. Warum sollte es sonst Roman anrufen.
"Hallo Roman, 'tschuldige, dass ich so spät anrufe, aber eigentlich wollte ich dich gar nicht sprechen. Mein Handy muss eine Macke haben und deine Nummer statt Santanas gewählt haben. Also sorry.", versuchte ich mich zu erklären.
"Ne, Milli. Dein Handy spinnt nicht. Ich bin nur an Santanas Handy gegangen, weil sie gerade unter der Dusche ist sich frisch machen.", kam es von Roman zurück, als wäre es das normalste auf der Welt. Mein Kopf fing an zu rattern.
"Wie geht es dir denn? Wie läuft die Reha?"
Was  sollte das denn jetzt? Ich wollte mit ihm nicht über meine Reha faseln, sondern meine Süße sprechen.
"Läuft ganz gut.", gab ich kurz angebunden zurück.
"Ich sage dann Santana, wenn sie aus der Dusche ist, dass du angerufen hast. Sie kann dich ja zurückrufen. Also weiterhin alles Gute für dich und Ciao, Bro" und schon hatte er das Gespräch beendet.
Was war das denn jetzt? In meinem Kopf kreisten jede Menge Fragen. An erster Stelle, was machte Roman an Santanas Handy. Warum war er bei ihr? Und vorallem warum war sie Duschen, wenn er da war? Sie duschte nie um diese Zeit. Was hatte sich dort abgespielt, dass meine Freundin nackt in ihrer Wohnung war, während ein Kerl im anderen Zimmer saß. Ich konnte nicht verhindern, dass sich mein Kopfkino in Betrieb setzte. Und das, was ich da sah, gefiel mir überhaupt nicht. Ich wusste, dass Roman auf meine Süße stand. Er hatte jetzt zwar Tina, aber die war hier in München. Also weit weg. Außerdem war ich mir nicht sicher, dass sie ihn davon abhalten würde doch noch sein Glück bei Santana zu versuchen. Ich tigerte durch mein Zimmer. Eigentlich sollte ich jetzt schlafen, damit ich morgen wieder fit für die Reha war. Aber an Schlaf war nicht zu denken. Ich wartete, dass mein Handy endlich klingelte und Santana zurückrief. Dann wäre ich auch ein wenig beruhigter. Aber mit jeder Minute in der das nicht passierte, wurde ich immer verzweifelter. Sollte ich sie noch einmal anrufen?  Oder fühlte sie sich dann kontrolliert?  Was trieb sie so lange mit Roman, dass sie nicht zurückrufen konnte? Ich schaute wieder auf die Uhr. Es war jetzt schon 22.30 Uhr. Als mein Handy klinglte. Ich atmete erleichtert auf und ging sofort ran "Hallo Schneckchen, na endlich."
"Oh, nett wie du mich begrüßt. Entschuldige die späte Störung", erscholl jetzt Tinas nervende Stimme. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein. Was blockierte die denn jetzt die Leitung?
"Ich kann heute schon den ganzen Abend Roman nicht erreichen. Und ich wollte dich jetzt fragen, ob du weißt, ob die irgendwie vom Verein unterwegs sind. Er hat nämlich nichts gesagt und wir telefonieren immer abends miteinander. Ich bin da jetzt total besorgt." Man konnte ihre Verzweifelung durch das Telefon spüren.
"Du, der ist bei Santana gewesen. Also alles in Ordnung.", versuchte ich sie zu beruhigen, wenn es in mir auch ganz anders aussah. Was war bei den beiden los, dass Roman einfach sein Handy ignorierte. Ich kannte keinen, der so an dem Ding hing wie er. Ich glaube, der hatte noch nie einen Anruf verpasst. Mein Kopfkino setzte schon wieder ein. Und so langsam entwickelte es sich zu einem Horrorfilm.
"Was macht er denn da? Und warum geht er nicht ans Handy?", jammerte jetzt auch noch Tina. Na super. Das brauchte ich ja noch.
"Vielleicht ist ja der Akku alle und er hat es noch nicht gemerkt. Er wird sich ganz sicher bald bei dir melden.", versuchte ich sie zu beruhigen.
"Was machst du denn am Wochenende? Fliegst du nach Hause?", kam jetzt der Themenwechsel. Dann hatte meine Taktik sie zu beruhigen ja wohl geklappt. Ich hatte jetzt aber trotzdem null Bock mit ihr Smalltalk zu betreiben.
"Ne, ich bleibe hier.", kam es deshalb kurzangebunden von mir.
"Ich auch. Da können wir ja etwas zusammen machen. Ich hole dich dann Freitag Nachmittag um 15 Uhr ab und dann erkunden wir die Stadt. Also bis dann und schlafe schön, damit du fit bist.", kicherte sie und schon war das Gespräch beendet.
Ich schüttelte meinen Kopf. Wie hielt Roman das nur mit dieser Quietschestimme aus, ohne aus den Ohren zu bluten. Und jetzt hatte ich die auch noch am Freitag am Arsch. Na super. Aber vielleicht war es ja auch okay und besser als nur auf diesem blöden Hotelzimmer zu sitzen. Ich konnte ja schon einmal schauen, was ich dann mit Santana machen konnte, wenn sie kam. Apropos Santana. Sie hatte sich immer noch nicht gemeldet. Ich wählte noch einmal ihre Nummer und wurde dann aber gleich weggedrückt. Was sollte das denn jetzt? Ich lag in meinem Bett und fing an zu grübeln.

Wer verdient die rote Karte  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt