Kapitel 57

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Ich lief zu meinem Auto und stieg schnell ein. Als ich saß, ließ ich meinen Kopf auf das Lenkrad fallen. Was war das eben? Ich hätte mich fast mit Roman geküsst als Alex anrief. Ich schüttelte meinen Kopf. Ich war total verwirrt. Einerseits hatte sich eine ganze Ameisenarmee durch meinen Bauch bewegt, andererseits fühlte sich alles sowas von falsch an. Gott sei Dank, dass Alex uns unterbrochen hatte. Wer weiß worauf ich mich sonst noch eingelassen hätte. Das war mir während des Telefonats klar geworden und ich hatte fluchtartig die Wohnung verlassen. Ich konnte mich doch jetzt nicht schon auf den nächsten Kerl einlassen, nur weil mir Max so weh getan hatte. Eine Träne lief mir über die Wange. Mir war eiskalt und ich vermisst plötzlich Max seine Nähe und Wärme. Ich war doch wohl total ballaballa. Wie konnte ich dem Kerl so nachtrauern? Sollte ich vielleicht doch noch einmal zu Roman hoch gehen und mich trösten lassen? Schon alleine, um mich für Max Betrug zu revanchieren. Ne, das war nicht ich. Ich konnte Roman nicht ausnutzen und wenn ich ehrlich war, hatte ich auch mit Max noch nicht abgeschlossen. Die Gedanken in meinem Kopf drehten sich schneller als jedes Karussell. Ich griff verzweifelt zu meinem Handy und wählte Sarahs Nummer, die das Gespräch sehr schnell annahm.
"Was gibt's Maus? Hast du das Essen hinter dir?"
"Ich hätte fast Mist gemacht. Und jetzt weiß ich nicht weiter.", schluchzte ich.
"Wo bist du?", fragte mich meine Freundin besorgt.
"In meinem Auto. Vor Romans Tür.", presste ich heraus.
"Du wartest da. Ich komme dich abholen und dann reden wir." Sarah ließ keinen Widerspruch zu und hatte schon aufgelegt. Ich hätte ihr auch nicht widersprochen. Ich brauchte jetzt jemand, der klar denken konnte und mir half meine Gedanken zu ordnen.

"So Maus, und jetzt erzähle, was passiert ist." Sarah hatte mich in eine Kuscheldecke eingepackt auf ihr Sofa verfrachtet und mir eine Tasse heiße Schokolade mit Marshmallows in die Hand gedrückt.
"Naja, ich war bei Roman zum Essen und dann haben wir noch einen Film geschaut. Und dann wollte Roman mich küssen. Wir sind aber durch mein Handy unterbrochen worden. Und dann bin ich geflüchtet.", fasste ich alles kurz zusammen. Sarah schaute mich schockiert an "Er wollte echt vor seiner Mutter mit dir rumknutschen? Das hätte ich ja nicht gedacht."
"Ne, die war nach dem Essen zu einem Verdauungsspaziergang aufgebrochen und schon bestimmt zwei Stunden weg."
Sarah schnaubte angewidert "Da ist doch was faul. Hatte sie nicht zur Weihnachtsfeier behauptet, sie hätte so Probleme mit ihrem Bein? Und dann marschiert sie stundenlang durch die Gegend? Die wollte wohl die Wingwoman geben. Erst harmloses Familienessen und dann verdrückt sie sich und Roman hat freie Bahn." Das konnte ich jetzt echt nicht glauben. Karin machte einen so integeren Eindruck. Sarah hatte scheinbar eine blühende Phantasie. Aber andererseits stimmte das mit dem Bein schon. Sie konnte ja nicht einmal tanzen. Aber vielleicht war das ja auch nur eine temporäre Geschichte und es ging ihr jetzt wieder besser. Jetzt war ich noch verwirrter.
"Du meinst wirklich, er wollte mich abschleppen?", fragte ich verunsichert.
"Ich bin mir sogar sicher. Aber wie ging es dir dabei?" Sarah schaute mich an.
"Es hat schon gekribbelt. Aber irgendwie fühlte es sich total falsch an. Und ich musste an Max denken.", schluchzte ich jetzt wieder total überfordert.
Sarah zog mich tröstend in ihre Arme "Du hängst noch an Milli. Du musst dich unbedingt mit ihm aussprechen. Ich habe auch schon mit ihm gesprochen. Ich glaube ihm, dass das alles ganz anders war, als es aussah. Du solltest dir unbedingt seine Erklärung anhören, ehe du dich auf etwas anderes einlässt." Ich schüttelte den Kopf. "Ich schaffe das nicht, ihm jetzt schon wieder gegenüber zu treten. Ich bekomme das Bild von ihm und Tina nicht aus dem Kopf." Sarah schaute mich mitleidig an.
"Weißt du was, wir beide sollten einfach ein paar Tage wegfahren und abschalten. Das wird dir gut tun, um deine Gedanken zu ordnen und dich dann zu entscheiden, wie und mit wem es weitergeht. Ich lasse mir etwas einfallen und du schläfst jetzt in unserem Gästezimmer und morgen fahren wir dann zu dir packen." Ich nickte "Aber Donnerstag kommt Alex.", gab ich zu bedenken.
"Den rufst du morgen an. Und so wie du ihn beschrieben hast, dürfte sich die Dortmunder Frauenwelt nicht darüber beschweren, wenn er die Zeit hier nicht mit dir verbringt.", grinste sie mich an und schob mich in das Gästezimmer.

Ich hatte super geschlafen und gut gefrühstückt als Sarah mich angrinste "Und bist du bereit für Mallorca?"
"Mallorca?", fragte ich verwundert.
"Ja, Mallorca. Ist im Winter schön ruhig und schon angenehm warm.Ich habe schon alles gebucht. Heute Abend geht es los."
Ich sprang auf. "Da habe ich aber noch einiges vorzubereiten. Erst einmal muss ich Alex anrufen und dann packen."
"Na dann hopphopp. Der Flieger wartet nicht auf uns."

Ich saß jetzt im Flieger neben Sarah. Ich hatte Alex angerufen, der total begeistert von der Idee war, dass ich nach Mallorca flog. Er wollte sich, wie von Sarah bereits vermutet ein schönes Wochenende in Dortmund machen. Die Mädels taten mir jetzt schon leid. Die waren hier im Ruhrpott doch völlig unvorbereitet auf ihn. Ich musste grinsen. Obwohl ich wollte lieber nicht wissen, was an diesem Wochenende alles in meiner Wohnung abging. Hoffentlich bekamen die Nachbarn nicht so viel mit. Nicht, dass sie dachten ich wäre das und mich dann schief anschauten. Sarah riss mich aus meinen Gedanken "Woran denkst du denn schon wieder?"
"Ich habe nur an Alex und seine wahrscheinlichen Eroberungen gedacht. Glücklicherweise können Wände ja nicht sprechen. Sonst müsste ich mir wahrscheinlich völlig verstört eine neue Wohnung suchen.", lachte ich.
Sarah lachte mich auch an "Na dann, lass uns einen schönen Urlaub haben. Mallorca wir kommen."

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