Kapitel 48

531 31 8
                                    

"Schneckchen, aufwachen.", drang die leise Stimme meines Bruders an mein Ohr und ich wurde leicht an der Schulter gerüttelt. Ich blinzelte mit den Augen und sah meinen Bruder neben mir auf dem Sofa sitzen. Mein Gehirn fing an zu arbeiten und schon brach wieder alles über mir herein und die ersten Tränen liefen über meine Wangen. Ich schmiss mich meinem Bruder um den Hals, der mich sofort fest in die Arme nahm und mir beruhigend über den Rücken strich.
"Das... ist... alles.... so scheiße.", schluchzte ich. "Wi..wieso... hat Max mich betr....betrogen? Das tut..tut so weh."
"Schneckchen, jetzt beruhige dich erst einmal und dann erzählst du mir alles ganz in Ruhe."  Die Nähe von Alex tat mir gut. Seine Geborgenheit ließ mich schnell wieder ruhig werden und ich erzählte ihm die ganze Sache, die in München passiert war und dann auch Romans Versuche mich zu trösten. Als ich endlich fertig war, schaute mich mein Bruder mit Falten auf der Stirn an. Immer, wenn er dieses Gesicht machte, missfiel ihm etwas.
"Und du hast Max noch gar nicht die Möglichkeit gegeben dir alles zu erklären?"
"Was gibt es da noch zu erklären, wenn ich sehe wie er bei einer anderen Frau die Mandeln mit seiner Zunge kontrolliert. Vor ihrem Hotelzimmer. Was meinst du, was da als nächstes passiert wäre? Obwohl ja wohl eher passiert ist, wenn ich die Fotos von den beiden gesehen habe.", zickte ich jetzt wütend. Was bildete sich mein Bruder ein? Er der keine Bindung einging und die Weiber reihenweise verarschte.
"Ich finde schon, dass jeder eine Chance verdient hat sich zu erklären. Und irgendetwas stinkt an der Sache gewaltig. So verliebt wie Max in dich war, würde er dich niemals betrügen. Für mich ist das alles zu glatt, wie dieser schweizer Playboy, der dir nachgestellt hat genau im rechten Moment gleich parat steht, um dich zu trösten." Alex runzelte seine Stirn bis zum Haaransatz.
"Du kannst Roman ja nur nicht leiden.", grummelte ich meinen Bruder an.
"Und dass das Weib mit dem Max dich betrügt ausgerechnet Romans neue Freundin ist und alles auch gleich von irgendwelchen Zeitungsfuzzis fotodokumentiert wird, findest du nicht irgendwie wenigstens ein klitzekleines bisschen komisch.", versuchte es Alex jetzt noch einmal, als es an der Tür klingelte.
"Ich gehe schon aufmachen. Unser Gespräch ist aber noch nicht beendet.", ließ mich mein Bruderherz wissen und sprang auf. Er schien ja ganz schöne Zweifel zu haben. Bis jetzt konnte ich mich immer auf meinen Bruder verlassen und er hatte immer ein gutes Gespür für faule Sachen. Nicht umsonst war er in seinem Job so erfolgreich. Vielleicht sollte ich mich noch einmal mit ihm hinsetzen und alles analysieren. Aber warum sollte da etwas faul sein. Roman war doch genauso betrogen worden wie ich. Er hatte mit der ganzen Sache garantiert nichts zu tun. Er war auch ein Opfer. Vielleicht schätzten wir auch alle Max falsch ein. Und er war der Wolf im Schafspelz. Ich schüttelte den Kopf. Das konnte ich mir eigentlich auch nicht vorstellen. Aber ich hatte ihn doch mit eigenen Augen rumknutschen gesehen. Das war keine Einbildung und die Fotos von ihm und Tina mit der innigen Umarmung in der Zeitung auch nicht. Ehe ich weiter grübeln konnte, kam mein Bruder gefolgt von Roman wieder ins Zimmer. Der Rosenstrauß, den er in seinen Händen hielt, hatte total überdimensionale Ausmaße.
"Für dich.", strahlte er mich an und überreichte mir die Blumen. Ich riss meine Augen auf. Das war doch total übertrieben.
"'Ne Nummer kleiner ging nicht. Ich hasse solche Protzerei.", knurrte mein Bruder vor sich hin.
"Für meine Kleine ist nur das Beste gut genug. Und ich kann es mir halt leisten. Tut mir leid, wenn du dir das nicht leisten kannst.", grinste Roman.
Ohoh, das lief auf einen Hahnenkampf hinaus, und ich kannte meinen Bruder, der würde keine Ruhe geben.
"Pass' mal auf du aufgeblasener, arroganter Schleimer. Erstens ist meine Schwester überhaupt nicht deine Kleine und zweitens kann ich mir mehr leisten als du jemals denken kannst. Mir kommt ja hier gleich das Kotzen. Schneckchen, diese Witzfigur ist doch wohl nicht dein Ernst.", wurde ich jetzt angefunkelt.
"Dei..deine Schwe....Schwester.", stotterte Roman jetzt und wurde weiß wie ein Bettlaken im Krankenhaus. Trotz der ganzen Sache mit Max konnte ich mein Lachen nicht mehr zurück halten. Alex stand wie ein angesstochener Stier vor Roman und qualmte fast aus der Nase, während Roman auf einmal fast eingeschüchtert guckte.
"Sorry, das wusste ich nicht. Ich dachte du willst ihre verzweifelte Lage nach der Trennung von Max ausnutzen. Ich wollte Santana nur beschützen, besonders noch nach dieser ganzen Pressegeschichte.", kam es jetzt von Roman. So zurückhaltend kannte ich ihn gar nicht.
"Gut, dass du gleich von alleine mit der Presse anfängst. Was hast du vor dagegen zu unternehmen?", gab mein Bruder kein bisschen nach und funkelte Roman an. Jetzt war es höchste Zeit einzugreifen, denn ich kannte Alex.
"Los hinsetzen, alle beide. Roman das ist Alex , mein Bruder."
"Mir brauchst du die schweizer Flitzpiepe nicht vorstellen. Ich kenne den schon und was ich von dem kenne..."
"Gefällt dir nicht.", beendete ich den Satz meines Bruders.
"Ich mag Roman aber und deshalb wirst du dich jetzt hier ganz nett für die Flitzpiepe entschuldigen und dann werden wir uns wie zivilisierte Menschen unterhalten." Beide Männer schauten mich ziemlich erstaunt an und setzten sich stillschweigend auf das Sofa. Ja, wenn ich wollte, konnte ich auch ziemlich bestimmend sein, stellte ich schmunzelnd fest.
"Ich stelle jetzt die wunderschönen Blumen in eine Vase und ihr vertragt euch bis ich aus der Küche zurück bin." Nur ein leises Schnauben meines Bruders durchbrach die Stille. Ich griff mir diesen völlig übertriebenen Blumenstrauß. Ich hasste dunkelrote Rosen, nichts ging über gelbe oder weiße Rosen. Aber was sollte es, der gute Wille von Roman zählte. Er hatte garantiert meinen halben Monatsunterhalt dafür ausgegeben. Irgendwann musste ich ihm beibringen nicht so zu übertreiben, wenn wir unsere Freundschaft aufrecht erhalten wollten, denn seine Aufschneiderei nervte mich ganz dezent.

Wer verdient die rote Karte  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt