Kapitel 34

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Ein Feuerwerk explodierte in meiner Magengegend. Die Schmetterlinge sind wohl gerade einer hochexplosiven Macht ausgesetzt worden. Die Armen.

Nachdem ich ihm quer über Gesicht geschleckt hatte (ich kann ja nicht anders küssen), trat ich einen Schritt zurück, schaute ihm tief in die Augen und rannte wieder los.

Er holte schnell auf, da ich auch nicht sonderlich schnell lief.

'Hechelt der gerade?!', fragte Amy entgeistert.

Ich blickte nach links und tatsächlich: Seine Atmung hatte sich verschnellert.

Natla fing an zu lachen. Ich tat es ihr gleich.

Wir waren uns ähnlicher, als ich gedacht hatte. Unsere erste Begegnung verlief ja nicht so wunderbar. Sie war einfach in Amys Geist eingedrungen und hatte mich überrascht. Somit hatte ich mich auch in den paar Sekunden nicht gewehrt. Doch dann begann ein harter Kampf.

Ich kannte sie nicht und wollte ihr eigentlich auch nicht wehtun, denn ich spürte schon immer diese seltsame Verbundenheit mit ihr. Als sie uns dann endlich eklärte, erinnerte ich mich für einen kurzen Augenblick an mein vorheriges Leben.

FLASHBACK LUMINA

Ein hellbrauner Wolf lief neben mir. Wir hatten beide Todesangst. Wir wussten ganz genau, was uns bevor stand und wussten ebenso, dass wir beide keine Chance hatten. Wir hatten den Kampf verloren. Das feindliche Rudel war schon hinter uns her.

Ich schielte nach rechts. Dort hatte sich doch etwas bewegt, oder nicht?

Meine Augen suchten das Gelände ab, aber fanden nichts außer Büsche und Bäume.

Das Grün blendete meine Augen. Doch plötzlich mischte sich ein schwarzer Fleck dazu. Und er rannte mit. In unserem Tempo. Ich erschrack.

Aus einem wurden mit einem Mal immer mehr. Drei, nein acht. Sie waren überall. Schienen uns einzukreisen. Meine Luna drückte sich schon mit ihrem Fell gegen meines.

Wir hatten keine Chance. Sie waren hinter uns, neben uns, nur der Weg vor uns war frei. Aber wir wussten, dass wir es niemals rechtzeitig schaffen würden. Sie kreisten uns immer weiter ein.

Ich rannte aus Leibeskräften. Wurde immer langsamer. Konnte nicht mehr. Wollte nicht mehr.

Aber dennoch rannte ich. Ich musste auf meine Luna aufpassen. Ihr darf nichts geschehen. Das habe ich versprochen.

Versprochen.

VERSPROCHEN!

Neue Kraft durchströmte mich. Ich hatte es versprochen. Sie stolperte, doch ich fing sie direkt wieder auf. Wenn sie einmal am Boden liegen würde, könnte sie nicht mehr aufstehen.

Das musste ich um jeden Preis vermeiden.

Ich zog mein entkräftetes Oberhaupt hoch. Es war grauenvoll, mitansehen zu müssen, wie das eigene Rudel von den Feinden zerfleischt worden war. Nur, weil es einen kleinen Streit gegeben hat.

Doch sie lehnte sich mit ihrem gesamten Gewicht auf mich. Konnte einfach nicht mehr. Hatte schon keine Kraft mehr.

'Nein!', schrie ich.

'Lass Nero nicht siegen. Lass ihn nicht das bekommen, was er will! Das darfst du nicht zulassen, Luna! Und wenn ich sterben muss!', richtete ich nun meine gesamte Energie gegen sie.

Sie fasste neue Kraft. Und rannte weiter neben mir. Erleichterung durchströmte meine schmerzenden Muskeln.

Wir rannten immer weiter, der Schatten neben uns sehr wohl bewusst.

Und dann wurde sie schon wieder langsamer. Besorgt drehte ich meinen Kopf in ihre Richtung.

Ein großer Fehler. Spitze Zähne gruben sich in meinen Nacken. Er schien explodieren zu wollen.

Ich versuchte unter Stöhnen, den Angreifer abzuschütteln.

Aus dem Augenwinkel sah ich meine Luna. Triefend vor Blut auf dem Boden liegend, fünf andere Wölfe um sie herum.

Das... Sie konnte nicht tot sein. Das ging einfach nicht.

Aber sie bewegte sich nicht... Das...

'NEIN!', schrie ich.

Ich kämpfte um mein Leben. Warf mich zu Boden, in der Hoffnung, dass er endlich loslassen würde.

Doch er verbiss sich immer fester. Und dann; dann gelang es mir. Ich verdrehte meinen Kopf in Richtung meines Nackens. Und dann sah ich zum ersten Mal in seine rabenschwarzen Augen.

Es war, als würde in mir ein Schalter umgelegt werden. Ich verlor mich in diesen wunderschönen schwarzen Augen.

Sie faszinierten mich. Erfüllten mich mit unfassbarer Freude.

Seine Augen fingen an zu glitzern und er ließ los. Doch ich war zu unachtsam gewesen.

Ein fuchsroter Wolf sprang mir an die Kehle. Ich spürte heiße Flüssigkeit meinen Rachen hinunterlaufen. Ich wollte schlucken. Oder doch lieber schreien?

Was ich versuchte, mir gelang es nicht. Zudem wurde meine Luft immer knapper. Ich ließ mich zu Boden fallen.

Der Wolf ließ los. Er schaute triumphierend auf mich hinunter.

Mit einem fiesen Grinsen. Hinterhältig. Siegessicher. Verrückt.

Freute er sich gerade ernsthaft, ein Leben genommen zu haben? Menschen Leid zugefügt zu haben?

Das war doch nicht normal.

Doch dann wurde er brutal zur Seite geschubst und verschwand aus meinem Blickfeld. Ich hörte nur noch Janken und Schreie, dann wurde es still.

Röchelnd versuchte ich, nach Luft zu schnappen.

Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen, als in mein Blickfeld ein gutaussehender, mittelgroßer Junge trat. Seine schwarzen Haare fielen ihm in die Augen, welche besorgt dreinschauten.

Seine Augen. Sie fesselten mich.

'Mate.', flüsterte ich kaum hörbar. Aber er hörte es.

'Ja.' Mit Tränen in den Augen beugte er sich über mich.

'Du darfst mich nicht verlassen. Ich habe dich doch gerade erst gefunden. Bitte nicht. Bitte.', schluchzte er.

Ich schenkte ihm noch ein leichtes Lächeln, bevor ich meine Augen schloss.

Ich spürte nur noch, wie sich etwas Schweres auf mich legte.

Und dieses Etwas erbebbte. Ganz am Rande meiner Wahrnehmung hörte ich Schluchzen. Oder bildete ich mir das nur ein?

Ich wusste es nicht.

Und versank in tiefe Dunkelheit.



Kampf der Ehre - Feindliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt