Leo/Hyuk: Sommerspiegel [VIXX Fan-Fiction]

9. Vor 22

Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause war Taekwoon Wonshik über den Weg gelaufen, der gerade mit einer Plastiktüte aus dem Drogeriemarkt neben der Videothek kam. Sie hatten sich schon lange nicht mehr gesehen und entschieden spontan, zusammen einen Kaffee in dem etwas schäbigen Café neben der U-Bahn-Haltestelle zu trinken.

„Hyung?", fragte Wonshik leise und zerbröckelte mit der Gabel den Rest seines Kuchenstücks.

Taekwoon rührte seufzend in seinem Kaffee. Er das Wort „Hyung" in letzter Zeit eindeutig zu oft gehört und zwar aus dem teuflischen Mundwerk seines Mitbewohners. Aber Wonshik war nicht Sanghyuk und im Gegensatz zu seinem Rapper-Image eine liebe Seele. Es sollte also nichts zu befürchten geben.

„Was gibt's?", erwiderte Taekwoon und nahm einen Schluck von seinem lauwarmen Kaffee.

„Ähm...", Wonshik kratzte sich am Kopf. „Ich will nicht, dass du denkst, dass ich faul bin, aber... Ich wollte dich um Rat fragen wegen ein paar Lyrics."

„Ich denke nicht, dass du faul bist", sagte Taekwoon, denn Wonshik war das Gegenteil von faul. „Worum geht es?"

„Also...", Wonshik stocherte weiter in seinem Kuchenrest herum. „Ich habe ein Lied geschrieben und irgendwie", er leckte sich über die Unterlippe. „... Ich will nur wissen, wie du es findest."

Er kramte in seiner Tasche herum und zog schließlich einen zerfledderten Ordner heraus. Taekwoon beobachtete ihn dabei, wie er die Papiere durchblätterte. Wonshik hatte sich die Haare in einem auffälligen rot gefärbt und irgendwie betonte das nur seine tiefen Augenringe statt von ihnen abzulenken. Taekwoon sollte Hongbin schreiben, dass er sich besser um die Gesundheit seines besten Freundes kümmern musste.

„Hier", murmelte Wonshik schließlich und zog ein Blatt heraus, um es Taekwoon zu reichen. Dieser nahm es vorsichtig entgegen und begann zu lesen. Wonshik trommelte währenddessen nervös mit den Fingern auf der Tischplatte herum.

Taekwoon verstand nicht genau, warum er so aufgeregt war. Auf den ersten Blick wirkten die Lyrics recht gewöhnlich. Es war ein Liebeslied und Wonshik hatte eine Handvoll davon geschrieben, es war also nichts Neues. Eine Stelle irritierte Taekwoon jedoch. Der dritte Vers schien seltsam persönlich.

Wir sehen uns jeden Tag,
every day,
Doch ich sage nie, sage nichts.
Deine Hände,
vom Daumen bis zum kleinen Finger,
deine Lippen, deine Augen,
sie ziehen mich in deinen schwarzen Abgrund,
ich will all das, ich will dich.
Everyday, someday,
Never.
Denn wir sind nur Freunde. 

Taekwoon räusperte sich, nachdem er alles gelesen hatte, und hob den Blick, nur um einen knallroten Wonshik zu erblicken, der ihn aus ängstlichen Augen ansah. Manchmal fragte Taekwoon sich, wie so jemand auf einer Bühne stehen konnte. Aber man durfte auch nicht vergessen, dass Wonshik sehr ehrgeizig war und alles dafür gab, seinen Traum zu verwirklichen.

„Ist es zu peinlich?", fragte Wonshik.

„Es ist gut geschrieben", sagte Taekwoon. „Ich würde nichts verändern. Es ist nur wichtig, dass du damit zufrieden bist."

„Oh, äh, ja", sagte Wonshik und griff wieder nach seiner Gabel, um seinen Kuchen weiter zu massakrieren.

„Wenn du eine zweite Meinung willst, kannst du Hakyeon fragen", meinte Taekwoon und musste an den Tag denken, als der hübsche Junge ihn besucht hatte. „Er interessiert sich sehr für Lyrik."

„Oh nein, lieber nicht", wehrte Wonshik hastig ab. „Dann werde ich ihn nicht mehr los."

„Nicht mehr los?"

„Er bemuttert mich ständig und...", Wonshik verzog angeekelt das Gesicht. „Vielleicht habe ich mal aus Versehen mit ihm rumgemacht. Er würde den Text sicherlich auf sich selbst beziehen und den Ego-Boost des Jahrhunderts bekommen."