17 | Sechs, aber nicht dumm.
Ein freier Tag für mich. Finja schmorte in der Schule, während ich den Haushalt auf Fordermann brachte.
Irgendwie musste ich mich ja ablenken. Schließlich war heute Abend das Date mit Erik und ich wurde von Minute, zu Minute und von Stunde zu Stunde nervöser.
Oh Gott. Wollte Erik mich nicht abholen? Wenn Saskia da ist, wird sie ihn sehen und mich vermutlich Köpfen, weil ich sie angelogen habe. Vielleicht sollte ich Saskia einweihen, wenn sie da ist?
Verflucht.
Ich brauchte mehr Arbeit und Ablenkung. Dann wische ich noch einmal die Wohnung durch. Kein Problem. Hauptsache Ablenkung für mich.
Gegen elf Uhr machte ich mich daran, schon mal das Essen vorzukochen, damit Finja und ich nach der Schule sofort essen konnten.
Die Zeit verging immer noch nicht und das nervöse Gefühl in meinen Magen wurde auch noch schlimmer. Verflucht.
Ich füllte den Putzeimer wieder mit warmen Wasser und Putzmittel. Dann wische ich eben noch mal durch. Ganz einfach.
Nachdem ich also das dritte mal meine Wohnung gewischt habe, war meine Aufregung trotzdem noch da, aber die Zeit war ein bisschen weiter gewandert.
Ich stand in Finjas Zimmer und inspizierte das ganze Spielzeug von ihr. Es gab Spielzeug damit spielte sie überhaupt nicht mehr und es hab Spielzeug was sie gerne benutzte. Und wenn zu Weihnachten Neues nachkommen soll, müssten wir dringend ausmisten. Super noch mehr volle Kartons mit Kindersachen im Keller. Dort lungerten schon etliche Kartons mit Babyklamotten und den anderen Kinderkram von Finja herum.
Zehn Minuten durchatmen, bevor ich zur Schule musste. Die letzte Stunde fällt heute aus, da die blöde Biologielehrerin mal wieder krank war. Blöd für die meisten Eltern, die mehr für die Arbeit lebten, anstatt für die Kinder.
Meine noch nassen Haare band ich noch einmal zu einem festen Dutt zusammen, damit ich bis heute Abend Wellen drinnen habe. Ja. Nur Wellen. Bei anderen wären das schöne Locken gewesen. Aber bei mir mal wieder nicht.
Auf den Weg zur Schule, war ich kurz davor mein Autoradio aus der fahrenden Karre zu schmeißen, als für mich eine der nervigsten Bands des Jahrhunderts einen ihrer Greatest Hits spielte. „And we dance all night to the best song ever..."
„Nö, Tanz ich nicht", und wechselte den Sender. 1Live war in Ordnung, vor allen Dingen wenn Dennis aus Hürth kam. Da lachte ich mehr, als wie mich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren. Was beinahe zu folge hatte, dass ich einen verfluchten Radfahrer mitgenommen hatte. Was fährt die Pissnelke auch mitten auf der Straße, anstatt auf dem Fahrradweg. Also, manche Menschen. Vor allen Dingen Menschen auf Fahrräder. Grauenvolle Gestalten. Deshalb war ich auch nicht der Fan von den Niederländischen Straßenverhältnissen, da dort die Fahrradfahrer sowieso immer im Recht waren und sich sonst was erlaubten und es gefühlt alle hundert Meter einen Huckel auf der Straße gab, wo man gezwungen war abzubremsen.
„Mamaaa!", Finja stürmte aus dem Schulgebäude direkt auf mich zu und umarmte mich stürmisch. Ich erwiderte die Umarmung. „Und. Wie war die Schule, Hase?"
„Gut."
Ich war immer wieder erstaunt, wie mich meine Tochter an ihrem Schulleben teilhaben lässt. Als wäre ich dabei gewesen. Wow.
„Ich hatte heute Sport", sagte Finja, als wir in Richtung Parkplatz gingen.
„Und. Habt ihr Fußball gespielt?"
„Wir haben meine Sportsachen vergessen."
„Okay. Seit wann hast du Mittwoch Sport?"
„Schon seit dem ich in der ersten Klasse bin, Mama!", rief Finja und warf die Arme in die Höhe. „Bist du verwirrt?"
Sie blickte mich an, blinzelte und stämmte die Hände in die Hüften.
„Ja, alles okay."
„Ja, du bist verwirrt oder ja, alles okay?"
„Ja, alles okay und ich bin ein wenig verwirrt."
„Wieso das denn Mama? Hast du dir den Kopf gestoßen?"
„Nein", ich suchte schnell nach einer Lüge. „Ich bin nur müde."
„Boah, ich auch. Was gibt es denn zum Essen?"
„Tomatensuppe und dazu Salat. Was leichtes für unsere Mägen."
„Okay. Ich hab eh nicht so großen Hunger auf Pizza, oder so", sagte Finja und setzte sich in den Kindersitz auf der Rückbank.
„Ich auch nicht wirklich", gestand ich und schnallte sie an. „Und außerdem hatte ich nicht gerade Lust irgendwas Großes zu kochen."
Finja blickte mich an. „Mama, wieso bist du so verwirrt heute?"
„Eine lange Geschichte."
„Ich hab Zeit."
„Das verstehst du nicht, Finja."
„Mama, wenn ich was nicht verstehe, dann erklärst du es doch immer mit Disneyfiguren. Mach das so!"
Seufzend zog am Gurt. „Dann eben so."
Ich schob den Beifahrersitz wieder gerade und machte die Tür zu, dann ging ich um das Auto herum und setzte mich auf dem Fahrersitz.
„Es war einmal vor langer Zeit, die eigentlich gar nicht so lange her war, eine wunderschöne Prinzessin, die durch die Gegend irrte um auf Menschen zu treffen. Aber sie wurde getroffen. Von einem runden Lederding, was einem Ball glich. Mitten ins Gesicht. Es war ein Prinz, in einem schwarzgelben Gewand und einem so schönen Gesicht, dass die Prinzessin verwirrt war. Die Prinzessin war verwirrt und hielt sich ihre blutende Nase. Der Prinz entschuldigte sich mehrmals bei ihr, was ein bisschen nervig war, sagte ihr, dass sie ja nicht sterben sollte."
„Hä. Ist der dumm. Das war doch nur ein Lederding im Gesicht", meinte Finja.
„Ja, genau. Der Prinz, war aber so nett, dass er der fremden Prinzessin ein neues Kleid schenkte, da dieses mit ihrem Blut verunstaltet war. Dann trennten sich ihre Wege. Ein paar Tage später, trafen die Prinzessin und der Prinz wieder aufeinander. Sie unterhielten sich über viele Dinge, fanden sich immer mehr sympathisch, bis der Prinz auf die Idee kam, die Prinzessin einzuladen. Zu einem Date, wo die Prinzessin nicht weiß, was sie machen werden."
„Du hast ein Date!?", schrie Finja schräg.
„W-was? Nein. Ich nicht. Die Prinzessin!", stammelte ich.
„Mamaaaa."
„Ich hab wirklich kein Date. Ich schwöre dir das."
„Sicher?"
„Ja. Sicher."
„Mama. Ich bin zwar sechs, aber nicht dumm." Sie schlug sich die Hand vor die Stirn. "Du bist die Prinzessin und der Prinz ist Erik Durm."
„Nein."
„Aber Mama. Wieso Erik? Wieso nicht Marco?"
Finja seufzte laut.
„Finja. Nein... puh... na gut... Weil der Marco eine Freundin hat und der Erik mich anscheinend mag. Und ich mag ihn."
„Na und?"
„Finja. Der Erik ist doch auch ganz nett."
„Aber er ist nicht Marco Reus."
„Ich weiß, dass ich mich jetzt echt unbeliebt mache. Aber... auch wenn der Marco Single sein sollte, würde ich ihn niemals treffen wollen."
„Wieso nicht? Er ist doch voll süß."
„Keine Ahnung. Er ist einfach nicht mein Typ."
„Du findest Marco hässlich!"
„Nein. Das habe ich nicht gesagt."
„Also findest du ihn doch schön!"
„Nein, boah, schlecht sieht er ja nicht aus. Aber er ist einfach nicht mein Typ. Da würde der Funke nicht überspringen und bei Erik ist er es schon ein bisschen."
„Hm."
„Bist du jetzt sauer?"
„Nein, nein. Ist zwar nicht Marco. Aber Erik ist auch eigentlich cool. So blöd ist er auch nun wieder nicht."
„Okay. Hey und wenn Tante Saskia kommt nichts sagen, okay? Ich rede selber mit ihr."
„Sie weiß nichts davon?"
„Nein. Ich hab gesagt, dass ich heute Abend arbeiten muss. Die anderen Mädels waren auch noch mit dabei. Da wollte ich keinen großen Deal raus machen."
„Okay. Dann halte ich meinen Mund."
„Danke."„Wirklich Erik?", fragte Finja mich, während wir am Essen waren.
„Ja. Ich kann doch wohl mal gucken, oder nicht?"
Finja nickte. „Wenn du ihn magst", dann zuckte sie mit ihren Schultern.
„Finja, Erik und ich treffen uns nur. Der wird schon nicht gleich dein neuer Papa."
„Ich hab doch eh keinen Papa."
„Naja, wärst du sonst hier mit mir? Ohne Papa geht das nicht."
„Hätte ich einen Papa, wäre er ja wohl hier. Ist er aber nicht."
Ich seufzte. „Du weißt ja, dass er nicht gerade super ist. Und so ist es auch gut, oder nicht? Nur wir beide, gegen den Rest der Welt."
„Hm", sagte Finja und löffelte weiter die Tomatensuppe.
Während ich die Küche aufräumte, saß Finja in ihrem Zimmer und machte ihre Hausaufgaben. Wieso auch immer verging mittlerweile die Zeit wie im Fluge. Ich sprang unter die Dusche und duschte ausgiebig. Da meine Haare momentan ein bisschen mehr Pflege gebrauchen könnten, haute ich mir noch eine Koko-Macadamia-Pflegemaske in die Haare. Um noch ein bisschen mehr Selbstbewusstsein aus mir herauszulocken, rasierte ich mir die Stoppeln an meinem Körper weg. Halt eben da wo die Stoppeln wieder am sprießen waren. Mehr muss ich dazu nicht sagen.
Ich wickelte mich in meinen großen Lilo & Stitch Handtuch ein und meine Haare in einem Handtuchturban.
„Mama es hat geklingelt!", hörte ich Finja kreischen.
„Ich mache auf!", sagte ich und stürzte aus das Badezimmer. Finja stand bereits an der Wohnungstür und blickte mich verdutzt an. Ich drückte auf den Summer und vergas mal wieder in das Freisprechgerät zu fragen, wer da wäre.
Aber wie erwartet war es meine Schwester. Diese fluchte auf, als ich sie sofort an der Hand packte und in die Wohnung zerrte. Finja ließ irritiert die Wohnungstür zufallen und stürzte dann zurück in ihr Zimmer.
Ich schnellte in mein Schlafzimmer und zog meine Schwester immer noch hinter mir her.
„Öhm, ja hallo", sagte sie und ließ sich auf mein Bett mit den vielen Klamotten fallen. Ich wusste nicht wie das Wetter heute werden würde, deshalb habe ich neben meinen neuen Kleid noch andere Sachen dort liegen gehabt.
„Hi", sagte ich.
Irritiert musterte meine Schwester mich, dann die Klamotten, wieder mich, die Klamotten, wieder mich, das neue Kleid, dann fuhr sie mit ihrer Hand über meine eingecremten Beine.
„Rasiert und eingecremt. Du musst gar nicht arbeiten!" Ihre Augen funkelten auf.
„Man bist du ein guter Detective", sagte ich ironisch und konnte mit kein Grinsen verkneifen.
„Du hast also ein Date?"
„Ja. Und ich muss nicht arbeiten. Ich weiß, ich hab dich angelogen, was ziemlich uncool war. Aber ich habe meinen Grund. Wir waren angetrunken und außerdem waren wir an dem Abend nicht alleine. Ich wollte nicht, dass ein großes Fass aufgemacht wird."
„Ich weiß, dass ich zur Plaudertante werde, wenn ich einen über den Durst getrunken habe. Das ist ja verständlich. Mit wem hast du den ein Date? Hast du am Abend irgendeinen Typen kennengelernt."
„Ach, Quatsch. Wir kannten uns schon vorher."
„Ey, Mina. Raus mit der Sprache. Wer hat dich eingeladen?"
„Der Erik."
„Erik Durm?"
„Ja."
„Nein!", sagte sie und konnte sich kein dämliches Grinsen verkneifen. Das kannte ich.
„Was grinst du so bescheuert?"
„War mir von Anfang an klar, dass da gegenseitiges Interesse besteht."
„Wie, das war dir von Anfang an klar?"
„Ich hab's gesehen. Wie er dich angeglotzt hat, wie du ihm angeglotzt hast. Der kleine Startfunken der übergesprungen ist, die vielen kleineren Funken."
„Nur um klarzustellen. Ich finde ihn nett. Und ja wir sind schon fast auf einer Wellenlänge. Ein Date ist ja bekanntlich dazu da, ob der Funke richtig explodiert. Wenn du weißt, was ich meine."
„Weiß ich."
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Nur ein Schuss [ED37] ✔️.
Fanfic|| Ich hätte niemals gedacht, dass mich ein kleiner erzwungener Anruf in solch ein mir unbekanntes Leben stoßen wird. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich wieder so schnell verlieben könnte. Nicht mal in einer Millionen Jahren. Niemals hätte i...