' S c h r e i '

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Manchmal musste man schreien, um gehört zu werden.

Vielleicht war der Jeep deswegen oben in den Bergen liegen geblieben.

Denn von hier aus konnte man die ganze Welt anschreien.

Erst verfluchte Juno bloß ihren unzuverlässigen Wagen.

Doch dann merkte sie, wie befreiend es war, sich die Seele aus dem Leib zu brüllen.

"Du bist ein mieses Drecksschwein, Ethan! War dir unsere Ehe nie wichtig genug, um an ihr festzuhalten? Und all unsere Pläne? Unsere gemeinsame Vergangenheit, unsere gemeinsame Zukunft? Selbstgefälliges Arschloch!"

Rude musterte sie belustigt.

"Glotz' nicht so doof", brummte Juno daraufhin furios, "Ich pfeif' auf Doktor Kroger! Das hier ist die beste Therapie. Probier's doch selbst."

Rude trat an den Aussichtspunkt heran und räusperte sich. Diese Worte lagen ihm schon lange auf der Zunge.

"Ich hasse dich, Joel! Du verdienst nichts von dem, was du hast, denn du hast alles kaputt gemacht! Ohne dich wär die Welt besser dran!"

Schnell drehte Rude seinen Kopf, um zu prüfen, ob ihn jemand gehört hatte.

Doch da war nichts.

Nichts als zwitschernde Vögel, das Rascheln der trockenen Sträucher im kühlen Wind und der im tiefen Rot versinkende Abendhimmel.

Es gab nur den qualmenden Jeep, Juno, Rude und das Echo ihrer Schreie, das in den grünen Weinbergen widerhallte.

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weight of livingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt