„Hm?" Grummelnd öffnete Zorro seine Augen.
„Was'n los?", nuschelte Lysop verschlafen.
„Eine Insel", rief Chopper aufgeregt. „Da, schon ganz nahe!"
„Tatsächlich." Lysop war aufgestanden. „Ich sage Nami Bescheid."
Keine Minute später sprang Ruffy freudestrahlend auf den Lammkopf. „Insel", freute der Kapitän sich.
Nami folgte ihm etwas langsamer. „Ah ja, Red Stone Island."
„Ich will an Land", verkündete Ruffy sofort.
„Ja, keine Panik", versuchte die Navigatorin Ruffy zu bremsen. „Wir gehen an Land, aber du wirst dieses Mal schön bei uns bleiben. Nicht, dass du wieder in irgendein Abenteuer stolperst. Hast du mich verstanden?"
„Ja!", rief der Strohhutjunge.
‚Er hat es nicht kapiert', schoss es Lysop, Zorro und Chopper durch den Kopf.
„Hey, Leute, Essen ist fertig!", erklang Sanjis Ruf. So schnell konnten die anderen gar nicht schauen, da war Ruffy von der Galionsfigur gesprungen und losgerannt. Kaum war der Kapitän in die Kombüse gestürmt, flog er auch schon wieder aus dieser heraus und klatschte gegen den Mast.
„Du verfressenes Subjekt!", schimpfte der Koch. „Warte auf die anderen!"
Grinsend sprang Ruffy auf, um erneut die Kombüse zu stürmen. Eilig sahen die anderen zu, ebenfalls zum Essen zu kommen.
Nach einem reichlichen Mittagessen fanden sich die Strohhutpiraten geschlossen an Deck ein. Vor ihnen erstreckte sich die Insel Red Stone. Nami hatte auf ihren Seekarten eine geschützte Stelle ausgemacht, an der die Flying Lamb vor Anker gehen konnte. Zielsicher navigierte die Orangehaarige die kleine Karavelle an die Insel heran.
„Wieso heißt die Insel denn Red Stone?", fragte Lysop verwirrt. Sein Blick glitt über die grauen Felsen, die einen Großteil der Insel darstellten. „Hier ist ja gar nichts rot."
„Die Insel heißt so, weil sich ihre Steine bei Sonnenauf- und Untergang rot verfärben", erklärte Robin lächelnd.
„Das sieht bestimmt toll aus", schwärmte Chopper.
„Ich will das sehen", verkündete Ruffy sofort begeistert. Nami nickte. „Kannst du ja, heute Abend. Jetzt können wir erst mal an Land gehen, das heißt, irgendjemand sollte auf die Flying Lamb aufpassen."
„Das mache ich", meldete sich Lysop freiwillig. „Ich muss ein paar Reparaturen vornehmen."
Bei diesen Worten schenkte der Schütze Zorro und Sanji einen schiefen Blick, aber die beiden sagten nichts dazu.
„Ich werde Vorräte einkaufen", sagte Sanji stattdessen.
„Darf ich auch an Land?", fragte Chopper schüchtern.
„Natürlich." Nami lächelte. „Wenn du magst, kannst du mich begleiten. Die Stadt liegt meiner Karte nach, nicht weit von hier."
„Gerne." Freudig funkelten die Augen des kleinen Elchs voller Erwartung. Plötzlich schien ihm etwas einzufallen. „Robin, kommst du mit?"
Die Archäologin dachte kurz nach. „Erst später. Ich denke, wir bleiben bis zum Abend, oder Frau Navigatorin?"
„Ja, wenn ich mich nicht irre, benötigt der Lockport drei Tage um sich aufzuladen, wir haben also Zeit." Suchend blickte sich Nami sich um. „Wo ist Ruffy?"
„Den hat euer Gerede gelangweilt und daher ist er schon losgegangen", erklärte Zorro grinsend.
„Wie kannst du Namis wichtigen Worte als Gerede bezeichnen?!", brauste Sanji sofort auf.
Zorro grinste bloß herausfordernd. Bevor sie einen Streit vorm Zaun brechen konnten, ging Nami dazwischen. „Ist ja auch egal. Ich gehe jetzt auch."
Nami ergriff die Strickleiter und ließ sie hinunter. „Komm, Chopper."
„Okay", rief der Elch, schulterte seinen Rucksack, den er hastig aus der Kombüse geholt hatte. „Bis später."
„Viel Spaß!", rief Lysop, winkte kurz ehe er sich auf die Suche nach seinem Werkzeug machte.
„Ich bringe dir was ganz tolles mit, Robinchen", schwärmte Sanji, während er sich geschickt über die Reling schwang. Robin lächelte. „Das ist nett."
Sanji schwebte beinahe von Bord. „Trottel", seufzte Zorro, schwang sich elegant über die Reling. Er verzichtete darauf, die Strickleiter zu benutzen. Robin trat an die Reling und blickte ihren Freunden nach. Sie musste lächeln, als sie sah, dass Zorro und Sanji schon wieder Beleidigungen austauschten, während Chopper neugierig umhersah und Nami bereits in Gedanken einkaufte. Ein Rumpeln ließ die Archäologin über die Schulter blicken. Lysop stolperte an Deck, die Arme voller Bretter und Werkzeugkiste. Geschäftig schleppte der Schütze alles ans Vorderdeck. Kurz darauf erklang das gleichmäßige Schlagen eines Hammers. Zufrieden mit der Welt setzte sich Robin auf ihren Stuhl, ergriff ihr Buch und begann zu lesen.
Nachdem die vier Strohhutpiraten die Stadt, die nach Namis Informationen Red hieß, erreicht hatten, trennten sie sich. Sanji schlenderte Richtung Hafen, um sich dort nach einem Fischmarkt umzusehen. Zorro schlug wahllos eine Richtung ein. Er suchte nichts Bestimmtes, aber gegen eine Kneipe hätte er nichts einzuwenden gehabt. Nami und Chopper bummelten durch die Straßen der kleinen Hafenstadt. Hier und da schauten sie in die kleinen Läden, die ihnen interessant erschienen. Gerade eben hatte Chopper einen Buchladen entdeckt. „Gehen wir da rein?"
Die Stimme des Elches klang so hoffnungsvoll, dass Nami gar nicht anders konnte, als zuzustimmen. Gemeinsam betraten sie den Buchladen. Chopper steuerte sofort das Regal mit den Medizinbüchern an. Suchend blickte Nami sich um, trat an das Zeitschriftenregal und ergriff die heutige Tageszeitung. Neugierig überflog sie die Schlagzeilen.
‚Na nu?' Verwundert faltete die Navigatorin die Zeitung auseinander und überflog den Artikel, der ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. ‚Marine Experiment fehlgeschlagen. Eine ganze Insel im West Blue wurde zerstört.'
Nami runzelte die Stirn. ‚Gestern gegen vierzehn Uhr kam es zu einer gewaltigen Explosion auf der Insel Tiger im West Blue. Nachforschungen haben ergeben, dass die Marine eine neue Waffe, zur Piratenbekämpfung auf dem Meer testen wollte. Diese ging jedoch zu früh los. Zum Glück handelte es sich um eine unbewohnte Insel. Der Vorsitzende der wissenschaftlichen Forschungen, Professor Marvin Garder, versicherte, dass es keine Toten gab. Es gäbe keinen Grund zur...'
„Nami?"
Die Orangehaarige blickte zur Seite und entdeckte Chopper, der seine menschenähnliche Gestalt angenommen hatte. „Hast du was interessantes gefunden, Chopper?"
„Ja." Schüchtern zeigte der Elch auf ein Buch. „Aber es ist so teuer."
Nami faltete die Zeitung zusammen, klemmte sie unter den Arm und besah sich das Buch. Es war eines, das sich mit Heilpflanzen befasste. Prüfend drehte die Navigatorin das Buch und sah auf den Preis. Sie stieß einen leisen Pfiff aus. „Ja, das ist wirklich teuer. Wenn du willst, gebe ich dir einen Vorschuss auf dein Taschengeld für den nächsten Monat."
Chopper überlegte angestrengt. Nami musste lächeln. Bei den Strohhutpiraten verwaltete Nami das Geld, auch jenes, dass sie durch ihre Abenteuer erbeuteten. Immer, bevor sie an Land gingen, bekamen die Jungen von ihr eine Art Taschengeld, damit sie sich auf der Insel Etwas kaufen konnten. Dabei ging ein Großteil an Sanji, da dieser die Lebensmittel einkaufen musste. Nami war aufgefallen, dass Sanji anfangs von seinem Taschengeld das Essen finanzierte und von dem Restgeld, das dann sehr gering war, Zigaretten kaufte. Kurzerhand hatte sie Sanjis Taschengeld erhöht, mit dem Wissen, dass der Koch dies nicht leichtfertig ausnutzen würde.
„Ja, ich möchte das Buch", entschied Chopper sich.
„Gut, dann strecke ich dir das vor." Nami nahm das Buch und die Zeitung, trat an die Kasse und bezahlte. Neugierig verfolgte Chopper alles, ließ sein neues Buch nicht aus den Augen.
„Möchtest du dein Buch vielleicht tragen?", fragte Nami schmunzelnd. Begeistert nickte der kleine Elch, nahm die Tüte entgegen.
„Komm, gehen wir noch ein wenig durch die Stadt", schlug Nami lächelnd vor.
„Okay, vielleicht finden wir Ruffy." Behutsam drückte der Elchmensch die Tüte an sich.
Die Navigatorin lachte leise. „Ich denke, Ruffy findet eher uns."
Verblüfft blickte der Arzt die Orangehaarige an, die leise lachend mit der Hand winkte. „Komm, gehen wir."
Genervt fuhr sich Zorro durch die Haare. Hatte er sich doch tatsächlich verlaufen. Er hatte einen Mann nach einer guten Kneipe gefragt. Der Mann hatte ihm die Beste der Stadt empfohlen und dem Schwertkämpfer genau den Weg beschrieben. Angeblich sollte die Kneipe weiter oben in der Stadt liegen, wieso zum Kuckuck hatte Zorro die Wegbeschreibung zum Hafen geführt?
Missmutig blickte der Grünhaarige sich um, während er langsam am Hafen entlang lief. Hier bauten gerade etliche Händler ihre Stände ab. Scheinbar war hier bis vor wenigen Augenblicken noch ein Fischmarkt gewesen.
‚Sicher war der Koch auch hier', dachte Zorro bei sich. Gelangweilt setzte Zorro seinen Weg fort, lief durch ein paar enge Gassen und fiel zu Boden. Etwas war auf ihn drauf gesprungen, hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Fluchend stemmte der Schwertkämpfer hoch, wollte schon zu seinen Waffen greifen, als er sich einem grinsenden Ruffy gegenüber sah.
„Hallo, Zorro", grüßte der Strohhutjungen seinen Freund.
Verstört blickte Zorro nach oben. „Wo kommst du denn her?"
„Von da." Ruffy deutete nach oben.
„Wieso springst du über die Dächer?", fragte Zorro, inzwischen schon nicht mehr böse. Bei Ruffys kindlichen Augen verrauchte jede Wut.
„Ich war Essen, plötzlich wollte der seltsame Mann jedoch viel Geld von mir, aber so viel hatte ich nicht", erklärte Ruffy, verzog dabei leicht sein Gesicht, das nun komplettes Unverständnis zeigte. Zorro versuchte erst gar nicht, die Worte des Kapitäns genauer zu deuten. Er konnte sich ungefähr denken, was passiert war. Wahrscheinlich war Ruffy in ein teures Restaurant gegangen, hatte einmal die Speisekarte rauf und runter gegessen und dann die Zeche geprellt, so wie jedes Mal. Ein Seufzen unterdrückend klopfte der Schwertkämpfer seine Kleidung ab. ‚Und so einer wird für 100. 000. 000 Berry gesucht.'
Ruffy sprang auf. „Komm, sehen wir uns noch ein wenig in der Stadt um."
Zorro zuckte mit den Schultern. „Von mir aus."
Breit grinsend marschierte der Strohhutjunge neben dem Schwertkämpfer her und plapperte fröhlich vor sich hin. Aufmerksam hörte Zorro zu, versuchte in den, oft zusammenhangslosen Sätzen, einen Sinn zu erkennen. Gerade verließen sie eine weitere Gasse und traten auf einen kleinen Platz, auf dem ein alter Brunnen in der Mitte stand, aus dem kein Wasser mehr kam. Die Häuser waren alt und verfallen. Sie schienen in den ärmeren Teil der Stadt gekommen zu sein.
„Und dann habe ich einen violetten Pinguin gesehen, der hatte...hey, da ist Sanji!", rief Ruffy.
„Hm?" Zorros Blick folgte Ruffys Fingerzeig. Tatsächlich entdeckte er den blonden Haarschopf von Sanji mitten auf dem kleinen, ärmlichen Platz, ganz in der Nähe des Brunnens. Der Koch war in die Hocke gegangen, um auf Augenhöhe mit dem kleinen Mädchen zu sein, das vor ihm stand.
‚Was treibt der denn da?', fragte Zorro sich. Das Mädchen war vielleicht fünf Jahre alt, trug ärmliche Kleidung, die zerrissen und schmutzig war. Verblüfft beobachtete er, wie der Smutje in einer der vielen Einkaufstüten griff, die er bei sich trug und Etwas daraus hervor holte.
Ruffy wollte auf den Koch zustürzen, aber Zorro hielt ihn zurück. Er wollte wissen, was nun passiert. Verwirrt legte der Strohhutjunge den Kopf schief, wartete aber und beobachtete gemeinsam mit Zorro das Geschehen.
Sanji war eine ganze Weile über den Fischmarkt gelaufen, bis er schließlich einen großen Fisch gefunden hatte, der auch Ruffys Hunger stillen würde. Danach hatte er sich nach einem Markt erkundigt und erfahren, dass dieser nur Mittwoch stattfand. So war der Smutje in den Läden der Stadt einkaufen gegangen und hatte bald alles Nötige zusammen. Mit etlichen Tüten beladen, den Fisch über die Schulter geworfen, machte sich Sanji auf den Rückweg, um die Lebensmittel auf die Flying Lamb zu bringen. Sein Weg führte ihn durch etliche Gassen, in einen ärmlich aussehenden Teil der Stadt. Verwundert hatte sich der Blonde umgesehen. Red hatte auf ihn einen reichen Eindruck gemacht, die Häuser waren an den Hauptstraßen alle hübsch verziert gewesen, die Menschen fröhlich und gut gekleidet. Dieser Stadtteil schien so gar nicht hierher zu passen.
Plötzlich war er auf einem kleinen Platz heraus gekommen und hatte einen Brunnen entdeckt, vor dem einige Jungen spielten. Nach wenigen Sekunden hatte Sanji begriffen, dass die Kinder nicht spielten, sondern auf ein kleines Mädchen einschlugen. Sofort war der Koch dazwischen gegangen. Ein wütender Blick hatte ausgereicht, um die Jungen zu vertreiben.
Schweigend war das kleine Mädchen aufgestanden, hatte sich bemüht, nicht zu weinen. Sanji musterte das kleine Kind, sah sofort, dass es viel zu dünn war. Als das Mädchen ihn anblickte, sah Sanji in den Kinderaugen einen nur zu vertrauten Ausdruck. Das Mädchen hatte Hunger.
Lächelnd ging er vor dem Kind in die Hocke.
„Mein Name ist Sanji", stellte der Blonde sich vor. „Und wie heißt du?"
„Mimi", antwortete die Kleine schüchtern. „Danke, dass du mir geholfen hast."
„Kein Problem. Was wollten die denn von dir?", fragte der Smutje, deutete mit dem Kopf in die Richtung, in der die Jungen verschwunden waren. Mimi errötete leicht, unsicher spielten ihre Hände mit dem zerfetzten Kleidchen.
„Du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst", sagte Sanji sanft. Dankbar blickte das Kind den jungen Mann an, der seine Tüten abstellte und darin herum kramte. Mimis Augen weiteten sich, als sie erkannte, was Sanji ihr da entgegen hielt. Hastig griffen ihre kleinen Hände nach dem weichen Brötchen. Gierig biss sie hinein.
„Iß langsam, niemand wird dir etwas wegessen." Behutsam klopfte Sanji dem Mädchen auf den Rücken, das sich verschluckt hatte. Kaum hatte sie sich gefangen, aß sie, jetzt jedoch mit Bedacht, weiter. Lächelnd beobachtete Sanji sie, war im Stillen erleichtert, dass er die Brötchen heute mal gekauft hatte, da er sie sonst immer selbst machte. Es gab für Sanji nichts schöneres, als einem Hungernden zu Essen zu geben. Der junge Smutje wusste nur zu genau, was es bedeutete Hunger zu leiden, daher bekam jeder von ihm, der Hunger hatte, Etwas zu essen. Selbst wenn es sich bei dem Hungernden um einen Feind handelte.
Lächelnd hielt Sanji dem Kind eine Scheibe Wurst hin. Mimis Augen leuchteten auf, als sie beinahe andächtig das Stückchen ergriff. „Darf ich wirklich?"
„Natürlich." Sanjis Lächeln wurde traurig, als er das Kind beobachtete. Es war einfach nicht gerecht, dass manche Menschen so viel zu Essen hatten, dass sie es wegwarfen, während andere hungern mussten.
Während Mimi aß, durchsuchte Sanji seine Einkaufstüten, holte hier und da Etwas hervor und packte es in eine Tüte.
Mimi leckte sich über die Lippen. „Das war lecker."
„Freut mich. Hier." Der Smutje hielt dem Kind eine Tüte entgegen.
„Für mich?", fragte die Kleine ungläubig.
„Ja. Meinst du, du schaffst es nach Hause, oder soll ich dir tragen helfen?", fragte Sanji, musterte die kleine Gestalt vor sich.
„Mimi, was machst du denn da?", erklang die Stimme eines Jungen, von etwa zwölf Jahren. Er eilte auf die beiden zu. „Entschuldigen Sie, wenn Mimi Sie belästigt hat."
Bevor Sanji antworten konnte, rief Mimi: „Das ist mein Bruder Jim. Er kann mir tragen helfen."
„Das ist schön." Sanji erhob sich. „Pass auf dich auf, Mimi."
Die Kleine strahlte ihn an. „Du bist lieb." Sie drückte ihrem Bruder die Tüte in die Hand. „Auf Wiedersehen, Sanji."
„Macht es gut, ihr zwei." Sanji blickte den beiden lächelnd nach. Jim schien ein wenig verwirrt zu sein, verbeugte sich zum Abschied leicht, ehe er seine kleine Schwester an die Hand nahm und mit ihr davon ging, dabei eifrig auf sie einredend. Mimi störte sich nicht daran, sondern drehte sich um, um Sanji zu winken.
Zufrieden sammelte Sanji seine Tüten ein, als er eine Bewegung hinter sich wahr nahm. Kampfbereit drehte er sich um und blickte erstaunt Ruffy an, der breit grinsend hinter ihm stand. „Hey, Sanji!"
„Oh, Ruffy." Verblüfft runzelte Sanji die Stirn, ließ seinen Fuß sinken. „Was machst du hier?"
„Ich sehe mir mit Zorro die Stadt an", erklärte der Strohhutjunge. Tatsächlich entdeckte der Koch den Schwertkämpfer, der ihn mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck musterte.
„Prima", kommentierte Sanji. „Dann könnt ihr mir ja tragen helfen."
„Klar", erklärte Ruffy sich sofort bereit und auch Zorro nahm schweigend die Tüten entgegen, die der Koch ihm reichte. Während Sanji den Fisch schulterte und neben Ruffy herschlenderte, der einfach da weiter erzählte, wo er bei Zorro aufgehört hatte, ging der Schwertkämpfer einige Meter hinter seinen Freunden. Seine Gedanken hingen noch immer bei der eben beobachteten Szene. Unbewusst lächelte Zorro. Es war, trotz der unschönen Umgebung ein herzliches Bild gewesen. Schon vorher war dem Grünhaarigen aufgefallen, dass der coole, manchmal abweisend wirkende Smutje, erstaunlich gut mit Kindern umgehen konnte. Wann immer die Strohhutpiraten mit Kindern in Berührung gekommen waren, die Kinder hatten die Nähe des Smutjes gesucht. Die kleine Abiz*, die sich solche Sorgen um ihren Drachen gemacht hatte, war oft bei dem Koch in der Kombüse gewesen, hatte dort sogar kochen dürfen, was eine riesige Ehre war. Normalerweise verkloppte Sanji jeden, der nur einmal falsch in die Richtung seiner Kombüse atmete.
Und einmal hatten die Strohhutpiraten sogar drei Kinder an Bord; Amanda, Milia und den kleinen Horie. Als Amanda entführt wurde, war Milia sehr unglücklich, aber dem Koch war es gelungen, sie wieder zum Lachen zu bringen, ihr Mut zu machen. Der kleine Horie war sowieso gleich ein Sanjifan geworden, da dieser ihm etwas Leckeres gekocht hatte. Selbst die wilde Anaguma, die den Piraten erst ziemlich misstraut hatte, hatte der Koch ‚gezähmt'.
Zorros Lächeln wurde eine Spur wärmer, als er sich an den Küchenjungen Tajio erinnerte, der kein vernünftiges Currygericht hinbekommen hatte. Sanji hatte sich seiner angenommen und ihm geholfen. Den Schwertkämpfer beeindruckte es, wie der Koch auf die Kinder eingehen konnte. Er selbst hatte zwar keine Probleme mit Kindern, aber sie kamen nicht so offen auf ihn zu, wie sie es bei Sanji taten.
Schmunzelnd blickte Zorro zu Sanji, der sich inzwischen wieder eine Zigarette angesteckt hatte und ruhig Ruffy zuhörte, der gerade Etwas von einem riesigen Vogel erzählte, der in eine Soße schwamm. Das Gesicht des Smutjes hatte jetzt wieder den neutralen Ausdruck angenommen, den er meistens zur Schau trug, wenn er nicht gerade mit einer hübschen Frau flirtete oder mit Zorro stritt. Jetzt konnte man Sanjis aktuelle Stimmung nur noch an den ausdrucksstarken Augen erkennen, die gerade belustigt funkelten. Scheinbar unterhielt ihn Ruffys Geplapper.
Plötzlich drehte sich Sanji zu dem Schwertkämpfer um. „Was glotzt du eigentlich die ganze Zeit so?"
Zorro konnte nicht anders. Er musste Lachen. Zweifelnd musterte Sanji den Grünhaarigen.
„Jetzt ist es wohl passiert, der Schwertschwinger hat den letzten Funken Verstand verloren", seufzte der Koch.
„Du...", knurrte der Schwertkämpfer sofort böse. „Was fällt dir ein, du Schnitzelklopfer?!"
Ruffy lachte, während Sanji die passende Erwiderung bereits schon auf den Lippen hatte. Grinsend verfolgte der Strohhutjunge das Wortgefecht, seiner beiden stärksten Crewmitglieder.
Erleichtert ließ Lysop den Hammer sinken. „So, das war's. Armes Lämmchen, immer hauen die Bekloppten irgendetwas ein."
Lächelnd blickte der Schütze zum Lammkopf, der leicht zu grinsen schien. „Na ja, bald werden wir dich komplett überholen lassen."
Liebevoll tätschelte Lysop die Planken, ehe er sich hochstemmte und sein Werkzeug zusammen räumte. Nachdem dies getan war, machte er sich auf die Suche nach Robin, die er lesend auf dem hinteren Deck fand. Lächelnd blickte Robin auf, als sich der Langnasige zu ihr gesellte. „Fertig mit der Reparatur, Herr Langnase?"
„Ja, war gar nicht so schlimm, wie es ausgesehen hat", sagte Lysop, während er an die Reling trat. Die Sonne war ein gutes Stück weiter gewandert. „Hm, bin gespannt, ob die Steine sich wirklich rot färben."
„Ich auch."
Überrascht blickte der Langnasige zu Robin, die bereits wieder in ihr Buch sah. Er hatte nicht erwartet, dass die Archäologin ihm zuhörte. Irgendwie hatte Lysop immer das Gefühl, dass Robin ihn nicht sonderlich ernst nahm. Dazu kam, dass sich Lysop, ein wenig vor der geheimnisvollen Frau fürchtete. Aber Lysop wusste auch, dass er Robin vertrauen konnte. Sie las zwar die meiste Zeit über und grenzte sich ab und an von den anderen ab, aber wann immer sie gebraucht wurde, war sie da. Robin sagte eben nur dann Etwas, wenn sie es für wichtig hielt.
„Stimmt etwas nicht?", erkundigte Robin sich.
„Was...ähm...nein", sammelte Lysop, überrascht darüber, dass Robin seinen musternden Blick bemerkt hatte, obwohl sie eifrig zu lesen schien. „Ich habe nur nachgedacht. Nicht so wichtig. Ich gehe mal ins Krähennest, vielleicht kann ich die anderen schon sehen."
„Gute Idee", stimmte die Archäologin zu. Erleichtert darüber, so geschickt aus der Situation gewunden zu haben, kletterte er ins Krähennest.
Robin lächelte belustigt. Der Schütze war ein lustiger Kerl. Robin konnte ihn gut leiden. Sie mochte die Art, wie er Geschichten erzählte und seine Lügen war sehr unterhaltsam.
Lächelnd lenkte Robin ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihr Buch. Erst als Lysop rief: „Hey, Nami und Chopper kommen!", blickte die Schwarzhaarige wieder auf.
Geschickt rutschte Lysop den Mast herunter und sprang zur Reling. „Hallo ihr zwei, wie war's in der Stadt?"
„Ganz toll!", rief Chopper, während er die Strickleiter hochkletterte. „Ich habe ein neues Buch."
„Das ist super." Lysop schmunzelte, als er die Begeisterung in den Augen des Elchs sah. Kaum war Chopper an Bord, hatte er das Buch aus der Tüte gezogen und war damit zu Robin gerannt. „Robin schau mal."
Interessiert begutachtete die Archäologin das Buch. Nami kletterte an Bord. „Sind die anderen schon wieder da?"
„Nein." Lysop verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Ruffy rennt wahrscheinlich durch die Stadt und albert rum, Zorro hat sich verlaufen und Sanji schwebt hinter hübschen Frauen her."
„Wahrscheinlich." Seufzend schüttelte Nami den Kopf. „Na ja, irgendwann kommen sie schon wieder."
Gerade hatten sich die Beiden umgedreht, als sie ein vertrautes Geräusch hörten. Zeitgleich drehten sie sich um und entdeckten eine Hand.
„Huhu!" Ruffy schnellte wie ein Pfeil auf das Schiff zu.
„Schnell runter!", rief Lysop und warf sich zu Boden. Nami tat es ihm gleich, genau rechtzeitig um dem lebenden Geschoss auszuweichen. Mit einem Krachen klatschte Ruffy gegen die Wand der Kombüse. Schneller als Nami und Lysop war er wieder auf den Beinen.
„Was sind das für Tüten?", fragte der langnasige Schütze, deutete auf die Tüten, die Ruffy mit an Bord gebracht hatte.
„Von Sanji", sagte Ruffy, bereits mit einer Hand in der Tüte. Grinsend fischte er einen Apfel daraus hervor.
„Ruffy, lass das Essen in Ruhe." Sanji kletterte an Bord, gefolgt von Zorro. Mit ein paar schnellen Handgriffen, hatte der Smutje die Tüten gesichert, warf Ruffy einen weiteren Apfel zu und verschwand in der Kombüse. Zufrieden verschlang Ruffy den Apfel mit einem Bissen.
„Hey, Leute!", rief Lysop nach einer Weile. „Die Sonne geht unter."
„Ui." Sofort war Ruffy, der bis eben mit Zorro Karten gespielt hatte, auf dem Lammkopf gesprungen. Auch die anderen traten neugierig an die Reling. Selbst Sanji, der in der Kombüse das Abendessen vorbereite, kam an Deck, um dem Schauspiel beizuwohnen.
Langsam versank die Sonne am Horizont. Ihre blutroten Strahlen fielen auf die Insel, verfärbten die grauen, unscheinbaren Steine rot.
„Wow!" Begeistert stand Chopper auf der Reling. „Das sieht aus, als würde der Boden brennen."
„Ja." Fasziniert beobachtete Lysop das Schauspiel.
„Toll", freute Ruffy sich.
Erst als die Sonne komplett untergegangen war, regten sich die Piraten wieder. Sanji steckte sich eine Zigarette an. „Kommt, das Essen ist fertig."
„Juhu!" Ruffy sauste in die Kombüse, die anderen folgten. Sanji jedoch blieb noch draußen, um seine Zigarette in Ruhe zu genießen. In der Kombüse wollte er nicht rauchen. Er wusste, dass die anderen zwar nichts sagen würden, aber er war nicht so egoistisch, sie passiv mitrauchen zu lassen. Aus der Kombüse drangen die lauten Stimmen seiner Freunde, die mit Ruffy schimpften. Seufzend drückte der Smutje seine Zigarette aus und verstaute den Stummel in einer dafür vorgesehen grauen Tasche. ‚Dann will ich mal für Ordnung sorgen.'
Entschlossen trat Sanji auf die Kombüse zu, dabei fiel sein Blick auf die Zeitung, in der Nami bis vorhin noch gelesen und sie nach dem Sonnenschauspiel hier vergessen hatte. Eigentlich wollte der Smutje die Zeitung nur mit rein nehmen, als ihm die Titelüberschrift ins Auge fiel. Im schwachen Licht, das aus der Kombüse kam, entfaltete der Smutje die Zeitung. Seine Hände verkrampften sich.
„Ruffy!" Nami verpasste dem gierigen Gummijungen eine Kopfnuss. „Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du nicht...Ruffy!"
Empört unterbrach Nami ihre Predigt, als Ruffy, der ihr zwar zuhörte, dennoch seinen Arm dehnte und Etwas von Zorros Teller klaute.
„Aber es schmeckt so lecker", rechtfertigte der Strohhutjunge sich kauend. Plötzlich legte Ruffy den Kopf schief. „Wo bleibt denn Sanji?"
„Ich glaube, der raucht", sagte Lysop, lehnte sich leicht nach hinten, um nach draußen zu sehen. Verwundert runzelte die Stirn, als er den Koch nicht entdecken konnte. ‚Na nu, wo ist er denn?'
Ein lautes Schmatzen ließ den Kanonier wieder zum Tisch blicken. „Argh, Ruffy, du..."
Satt und zufrieden lachte Ruffy. „Hm, das war so lecker."
„Du bist echt ..." Nami fiel kein Wort ein, das jetzt passend gewesen wäre, daher brach sie seufzend ab. Liebend gerne hätte die Navigatorin den Strohhutjunge zum Spülen verdonnert, aber sie wusste, dass Ruffy mehr Schaden angerichtet hätte, als das er eine Hilfe wäre.
„Bist du böse?", fragte Ruffy plötzlich. Nami blickte überrascht auf und sah sich den dunklen Augen des Gummijungen gegenüber, der sie um Vergebung heischend ansah. Unwillkürlich lächelte die Orangehaarige. „Nein, Ruffy, schon gut." Seufzend lehnte sie sich zurück. „Wir sind ja trotzdem alle satt geworden."
„Apropos alle", sagte Zorro. „Wo ist der Koch?"
„Oh", kam es von Chopper. „Wir haben ihm gar nichts übrig gelassen."
„Der ist der letzte, der hungert", schnaubte der Schwertkämpfer.
„Zorro", mahnte Nami.
„Immerhin kann er sich jederzeit was kochen", fügte Zorro verteidigend hinzu. Chopper, der ein schlechtes Gewissen hatte, stand auf. „Ich hole Sanji."
Trippelnd verschwand der Elch an Deck, nahm lediglich die Lampe mit, die Robin ihm reichte, da es draußen nun richtig dunkel war. Suchend blickte der Elch sich um, hielt die Lampe ein wenig höher, um besser sehen zu können. „Sanji?"
„Was ist denn, Chopper?" Ruffy sprang aus der Kombüse.
„Öhm, ich kann Sanji nicht finden", erklärte der Elch verwundert.
„Vielleicht schläft er schon", schlug Lysop vor, der ebenfalls aus der Kombüse trat.
„Ich schaue mal nach." Chopper lief zum Mast, öffnete die Falltüre und leuchtete hinein. „Sanji?"
„Und?", fragte Lysop.
„Nichts." Verwirrt drehte der Elch sich um. „Er ist nicht hier."
„Das ist aber merkwürdig." Auch Nami trat an Deck, sah sich suchend um. „Habt ihr im Krähennest nachgeschaut?"
Noch während Nami die Frage stellte, hatte Ruffy sich in den Ausguck hochgezogen. „Hier ist er auch nicht. Sanji, wo steckst du?"
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Sanji's Geheimnis
AdventureDie Strohhutbande schippert gemütlich über die Grand Line. Ein schöner Tag bricht an, als Sanji plötzlich panisch aus seiner heißgeliebten Kombüse gerannt kommt. Dieses ungewöhnliche Verhalten ist erst der Anfang. Nach und nach verstricken sich die...