Alte Bekannte

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  „Hilfe, ist der schnell." Ruffy warf einen Blick über seine Schulter zurück und wich gerade noch rechtzeitig dem Peitschenschlag aus. Hastig sah der Gummijunge sich um. Er war nun direkt am Hafen, an dem die großen Schiffe vor Anker lagen. Das erneute Surren der Peitsche ließ Ruffy seine Aufmerksamkeit auf Kapitän Jones richten. Dieser grinste, schien seinen Spaß an der Verfolgung zu haben.
„Was soll das?", beschwerte Ruffy sich.
„Ich bin von der Marine, du ein Pirat", antwortete Jones. „Ich werde dich gefangen nehmen."
„Pah, das schaffst du nicht." Kampflustig schwang Ruffy seine Faust, dehnte den Arm und griff den Marinekapitän an. Geschickt wich Jones aus. „Interessant, das sind also deine Teufelskräfte."
Für weitere Worte blieb Jones keine Zeit. Mit einer wahren Salve an Faustschlägen griff Ruffy an. Die Leute, die dem Kampf zusahen, wichen erschrocken zurück, bildeten aber einen Kreis um die beiden. Jones wurde von allen Seiten angefeuert. Fest umschloss seine Hand den Griff der Peitsche, ehe er selbst einen Angriff startete. Geschickt, leicht aus dem Handgelenk schlug Jones zu. Knapp duckte Ruffy sich weg, entkam nur um Haaresbreite. „Hoppla. Gum-Gum-Keule!"

Die lauten Rufe ließen Nami aufmerksam werden.
„Da scheint eine Menge loszusein", kommentierte Lysop, der die Rufe ebenfalls hörte.
„Ich habe ein ganz mieses Gefühl", sagte Nami.
„Im dem Gedränge falle ich wenigstens nicht auf", grinste Zorro. „Lasst uns nachsehen."
Gemeinsam liefen die Piraten zum Hafen, entdeckten sofort die Menschentraube, die sich dort gebildet hatte. Neugierig drängelten sie sich nach vorne und wären vor Frust beinahe zu Boden gegangen, als sie Ruffy sahen, der sich ein heißes Gefecht mit einem Mann lieferte.
„Das muss Jones sein", sagte Robin, musterte den Mann eingehend.
„Dieser Marinekapitän?", vergewisserte Zorro sich. Die Archäologin nickte.
„War ja klar, dass Ruffy ausgerechnet dem in die Arme läuft", stöhnte Nami.
„Was machen wir denn jetzt?" Lysop zitterte.
„Wir warten eine günstige Gelegenheit ab und holen Ruffy da raus", bestimmte die Navigatorin entschlossen.

Unter einem weiteren Peitschenhieb ging ein Teil des Steinbodens des Hafens kaputt.
„Uops, Tschuldigung", grinste Jones, der eigentlich auf den Strohhutjungen gezielt. Ruffy war mit einem gigantischen Sprung ausgewichen. Eher zufällig fiel sein Blick in auf die Schaulustigen. Plötzlich entdeckte Ruffy seine Freunde.
„Hey, Leute!" Er winkte heftig.
Frustriert schlug sich Nami die Hand vors Gesicht. „Na wunderbar."
„Ruffy, du Esel!", fauchte Lysop.
„Die Bande vom Strohhut!", rief ein Marinesoldat, der ebenfalls dem Kampf zusah. Die Zuschauer, die diesen Ruf hörten, wichen sofort vor den Piraten zurück. Mehrere Soldaten, die unter den Zuschauern waren, rannten herbei.
„Da ist der Piratenjäger Lorenor Zorro!", rief ein anderer Soldat. „Los, umzingeln wir sie."
„Mist!", knurrte Zorro, griff nach seinen Schwertern. Bevor er dazu kam, sie zu ziehen, vernahm er eine vertraute Stimme.
„Namilein, mein Engel, was tust du hier?! Robinhase!"
Ein wenig verwundert blickte der Schwertkämpfer auf und entdeckte tatsächlich den blonden Koch unweit von ihnen entfernt. Auch die anderen blickten ihn überrascht an.
„Was macht Sanji denn hier?", fragte Lysop verblüfft, versteckte sich hinter Robin, in der Hoffnung, die Marinesoldaten würden ihn übersehen.
Sanji schickte sich an, zu seiner heißgeliebten Navigatorin und der Archäologin zu schweben, als ihm drei Soldaten den Weg versperrten.
„Was wollt ihr denn?", fragte der Koch, zog an seiner Zigarette.
„Gehörst du etwa auch zu den Piraten?", fragte ein großer Mann, der Sanji sicher um zwei Köpfe überragte. Cool blies Sanji den Zigarettenrauch aus. „Und wenn?"
„Dann bist du verhaftet." Drei Gewehre richteten sich auf den Koch. Dieser duckte sich und holte aus. Mit einem Schrei gingen die Soldaten zeitgleich zu Boden.
Kapitän Jones drehte den Kopf, wollte sehen, was seinen Leuten wiederfahren war. Seine Augen weiteten sich. „Das ist doch...Arg!"
Ruffy hatte die Unaufmerksamkeit seines Gegners genutzt und zugeschlagen. Kapitän Jones wurde durch die Luft geschleudert und krachte gegen ein paar Kisten.

„Das ist unsere Chance!", rief Nami. Während Zorro sich jener Soldaten entledigte, die einen Kreis um die Strohhutpiraten geschlossen hatten, schnappte Nami sich Ruffy. „Los, zurück zur Lamb."
„Aber ich gewinne doch gerade und...", wollte Ruffy widersprechen, wurde aber mit einer Kopfnuss der Navigatorin zum Schweigen gebracht.
„Du kommst mit!", fauchte Nami, ehe sie den Kopf drehte. „Sanji, los komm."
„Ich fliege zu dir!", rief der Smutje begeistert und folgte seinen Freunden. Auf dem kürzesten Weg flohen die Piraten zu ihrem Schiff. Lysop sah sich immer wieder hastig um, konnte aber keine Verfolger entdecken. Dennoch rannten sie.

Das die Marinesoldaten den Strohhutpiraten nicht folgten hatte allerdings einen Grund. Sie hatten schon zur Verfolgung angesetzt, als Kapitän Jones sich aufrappelte und sie zurück rief. „Bleibt stehen, lasst sie laufen."
„Aber Kapitän Jones!", rief einer der Soldaten verblüfft. „Sie werden entkommen."
„Nein, das werden sie nicht", antwortete der Kapitän, strich seine Kleidung glatt. „Sie werden zu ihrem Schiff fliehen. Macht unseres bereit, wir fangen sie auf dem Meer ab. Wahrscheinlich ist ihr Lockport noch nicht aufgeladen und so dumm, dass sie ohne neuen Kurs lossegeln, werden die Piraten nicht sein."
„Aye, aye, Kapitän!" Die Soldaten rannten los. Jones rieb sich über die geschwollene Wange. „Das kommt davon, wenn man sich ablenken lässt. Wo ist mein Hut?"
Suchend sah der Kapitän sich um und entdeckte seinen Hut unweit entfernt. Eilig hob er ihn hoch und setzte ihn wieder auf. Jones' Augen verengten sich. Schnellen Schrittes rannte er auf sein Schiff zu, das hier vor Anker lag. Kaum hatte er es betreten, rief er laut: „Leutnant Apoll, wo stecken Sie?"
„Ich bin hier, Kapitän." Ein hübscher Mann mit braunen, gelockten Haaren eilte auf den Kapitän zu. Seine braunen Augen richteten sich fragend auf den Vorgesetzten.
„Besorgen Sie mir alle Informationen, die wir über die Strohhutbande haben. Ich will alles über die Mitglieder dieser Crew wissen!"
„Aye, aye." Der Leutnant salutierte, griff in seine Uniformjacke und zog einen Block hervor. „Bitte sehr, Kapitän."
„Was ist das?"
„Die Informationen über die Strohhutbande", antwortete Leutnant Apoll, weiterhin salutierend. „Ich dachte mir bereits, dass Sie diese brauchen, als ich hörte, dass Strohhut Ruffy hier in der Stadt ist."
„Sehr gut, Leutnant." Jones grinste den hübschen Mann an. „Manchmal meine ich, Sie können Gedanken lesen."
Interessiert schlug er die erste Seite auf. „Monkey D. Ruffy, Kapitän der Strohhutpiraten, gesucht für Hundertmillionen Berry, Teufelskräfte..." Jones blätterte um, blickte auf den Steckbrief Zorros.
„Aha, der Piratenjäger mit den drei Schwertern, Sechzigmillionen Berry..." Aber auch hier blätterte der Kapitän weiter. „Und natürlich Nico Robin..."
„Suchen Sie jemand bestimmten, Kapitän?", erkundigte Apoll sich.
„Ja, ich interessiere mich für eines der Mannschaftsmitglieder...hm, von den anderen gibt es wohl keinen Steckbrief."
„Nein, Kapitän", bestätigte der Leutnant. „Wir wissen, dass sie insgesamt zu siebt sind, zwei Frauen und irgendein seltsames Tier, soll angeblich ein Dachs oder so was sein."
„Aha, und die anderen?" Jones klappte den Block zu.
„Nichts weiter bekannt. Aber wenn Sie genauere Informationen haben wollen, fragen Sie Kapitän Smoker", schlug der Leutnant vor. „Immerhin hat er gegen sie in Alabasta gekämpft."
„Sehr gute Idee. Besorgen Sie mir eine Teleschnecke und verbinden Sie mich mit Kapitän Smoker", befahl er.
„Aye." Der Leutnant eilte davon, während ein anderer Soldat rief: „Bereit zum Auslaufen, Kapitän."
„Setzt die Segel, alle Mann bereit halten, wir gehen auf Piratenjagd."

„Da ist die Lamb", keuchte Lysop.
„Gott sei Dank." Nami beschleunigte noch einmal ihre Schritte. „Wir müssen schnell weg von hier. Zwar ist der Lockport noch nicht vollständig auf den neuen Kurs ausgerichtet, aber das kann er auch auf dem offenen Meer noch beenden."
„Warum laufen wir weg?", beschwerte Ruffy sich. „Den hätte ich platt gemacht!"
„Ruhe dahinten", fauchte Nami ungehalten.
„Du bist so süß, wenn du dich aufregst", schwärmte Sanji sofort.
„Wolltest du verliebter Topflappen nicht eigentlich auf dem Schiff bleiben?", fragte Zorro, der neben dem Smutje herlief.
Böse funkelte Sanji ihn an. „Ich hatte noch etwas zu erledigen."
Sie erreichten die Lamb und kletterten hoch, überrascht sah Chopper ihnen entgegen. „Huch, ihr seid ja ganz außer Atem. Was ist denn?"
„Marine", keuchte Lysop. „Wir müssen hier weg."
„Die Marine?!" Ängstlich sah Chopper sich um, als würde er jederzeit mit einem Angriff rechnen.
„Keine Sorge, wir haben sie abgehängt", sagte Lysop. „Ich habe ihnen eine Falle gestellt und..."
„Setzt die Segel, Jungs!", fiel Nami ihnen ins Wort. „Zorro, Anker einholen. Wir verlassen Red Stone."
Sofort befolgten die männlichen Crewmitglieder die Anweisungen ihrer Navigatorin. Robin trat an die Reling. ‚Sehr seltsam. Niemand ist uns gefolgt.'
Die Flying Lamb legte ab. Nami nickte zufrieden.
„BOAR!", grölte auf einmal Ruffy, ließ Lysop vor Schreck einen halben Meter in die Luft springen. Sofort zog der Schütze seine Steinschleuder. „Was ist?"
Ruffy kam aus der Kombüse gestürmt, eine Schüssel voller Plätzchen tragend. Mit der Hand stopfte der Gummimensch sich gleich mehrere in den Mund. „Lecker! Sind die für uns Sanji? Darf ich sie essen?"
Sanji zog die Augenbraue hoch. „Wieso fragst du mich das, nachdem du die Hälfte gefressen hast?"
„Öhm." Ruffy aß eine weitere Hand voll Plätzchen. Sanji drehte sich zu Nami und Robin um. „Für euch habe ich selbstverständlich auch etwas gebacken."
Der Smutje tänzelte in die Küche und kam kurz darauf mit zwei Schalen heraus, auf denen er die Kekse hübsch angerichtet hatte. Dazu überreichte er Nami eine heiße Schokolade, während Robin einen schwarzen Kaffee bekam. „Hier, extra für euch, meine Schönen."
Aber Sanji wäre nicht Sanji gewesen, wenn er nicht auch Zorro und Lysop, wenn auch wesentlich ruhiger, ihren Plätzchenanteil zugesteckt hätte. So kam es, dass die Crew wenig später zufrieden an Deck saß und Plätzchen mümmelte. Die Marine schien beinahe vergessen zu sein.
„Hm, die sind lecker", lobte Lysop, trank einen Schluck heiße Schokolade, die er sich aus der Küche geholt hatte, in der Sanji für alle anderen ein Getränk hingestellt hatte. Grinsend steckte sich Sanji eine Zigarette an und lehnte sich gegen die Reling. „Wie seid ihr eigentlich an die Marine gekommen?"
„Das war Ruffys Schuld", sagte Nami düster, aber Ruffy grinste nur breit. Der Strohhutjunge freute sich viel zu sehr über die Plätzchen.
„Ein Marineschiff hat im Hafen angelegt", fügte Lysop hinzu. „Ruffy ist dem Kapitän genau in die Arme gelaufen."
Seufzend schüttelte der Kanonier den Kopf, ehe er ein weiteres Plätzchen aß.
„Ausgerechnet dem Kapitän?" Chopper seufzte. Wie schaffte Ruffy das nur immer wieder?
Lysop nickte. „Und dann noch einem ganz starken. Er heißt Kapitän Jones und hat eine Peitsche. Er..."
„Sagtest du gerade Kapitän Jones?"
Überrascht blickte der Langnasige zu dem Smutje, der die Frage gestellt hatte. Sanjis Stimme hatte so seltsam geklungen. Erschrocken holte Lysop Luft, als er den Koch ansah. Dieser war leichenblass geworden, die Zigarette zerbröselte unter dem festen Griff Sanjis.
„Was ist denn?", wollte Lysop besorgt wissen.
„Kennst du den Mann vielleicht, Herr Koch?", fragte Robin aufmerksam.
„Oh ja", hauchte Sanji beinahe. „Allerdings."
„Woher?", erkundigte Nami sich interessiert, auch ein wenig besorgt, über die Reaktion des Smutjes.
„Er kommt aus dem North Blue, dort ist er ein Held", sagte Sanji, steckte sich eine neue Zigarette an. Zorro zog die Stirn kraus. Genau konnte er sehen, dass die Hände des Kochs zitterten.
„Ist dieser Jones so gefährlich?", fragte Zorro beunruhigt. Wenn der coole Smutje so reagierte musste Jones wirklich eine Gefahr sein.
Sanji fixierte den Schwertkämpfer. „Jones ist gefährlich, man nennt ihn auch den Hund, weil er, wenn er sich einmal in etwas verbissen hat, nicht mehr loslässt." Sanji stieß sich von der Reling ab, ein leichter Anflug von Panik huschte über das blasse Gesicht. „Niemand entkommt Jones."
„Ich bin ihm entkommen", sagte Ruffy stolz. Heftig schüttelte Sanji den Kopf. „Niemand entkommt Jones, wenn er es nicht will. Wahrscheinlich erwartet er uns bereits."
Ohne auf die verwirrten Gesichter seiner Freunde zu achten, rannte Sanji zum Mast und kletterte ins Krähennest.
„Sanji!", rief Nami unsicher. „Alles in Ordnung?"
Sie erhielt keine Antwort. Besorgt tauschten die Strohhutpiraten einen Blick aus.
„Wir sollten wachsam sein." Zorro trat an die Reling und begann das Meer abzusuchen. Lysop nickte, setzte sich seine Brille auf und rannte auf die andere Seite des Schiffes.
„In Ordnung, passt auf, in wenigen Stunden ist der Lockport aufgeladen", rief Nami. „Bis dahin müssen wir in Inselnähe bleiben, erst dann können wir hier verschwinden."
„Ich passe schon auf euch auf!", rief Ruffy ernst. „Ich lasse nicht zu, dass euch jemand etwas tut."
Er rannte zum Lammkopf. So entging ihm die leichte Röte, die sich über Namis Wangen legte.
„Alles in Ordnung, Nami?", fragte Chopper leise. „Hast du Fieber?"
„Quatsch", fauchte die Navigatorin, drehte hastig ihr Gesicht weg. „Es ist nichts."
Robin lächelte. Sie bewunderte immer wieder Ruffys ehrliche Art. Bevor man es sich versah, vertraute man dem Gummijungen, der oft so viel Blödsinn anstellte und so naiv wie kein anderer war. Man konnte gar nicht anders, als an Ruffys Worte zu glauben.
Hastig schüttelte Robin den Kopf. Solche Gedanken waren nicht gut für sie. Irritiert blickte Chopper zu der Archäologin. ‚Irgendwie verhalten die sich alle komisch...', dachte der kleine Arzt besorgt. ‚Ich sollte sie im Auge behalten.'

„Kapitän Jones, Kapitän Smoker ist am Apparat." Leutnant Apoll trat hinter seinen Vorgesetzten, der an Deck des Marineschiffs stand und sich aufmerksam umsah.
„Danke, ich komme rein." Jones betrat das Innere des Schiffes. „Wo liegt das Gespräch?"
„In Ihrem Zimmer, Kapitän", antwortete Apoll, der Jones ohne zu fragen gefolgt war.
„Gut." Zielstrebig betrat Jones sein kleines Büro an Bord und setzte sich in seinen bequemen Schreibtischstuhl. Auf dem Schreibtisch stand eine blau-grüne Teleschnecke, mit einer blauen Möwe darauf, das Zeichen der Marine. Mit einem Wink deutete Jones dem Leutnant an, dass er allein sein wollte. Apoll verstand.
Kaum hatte der Leutnant die Tür geschlossen, griff der Kapitän nach dem Sprechgerät der Teleschnecke. „Hier spricht Kapitän Jones."
„Ah, Jones", erklang die rauchige Stimme Smokers aus dem Sprechgerät. „Was ist so wichtig, dass du mich aus einer Besprechung holen lässt. Nicht, das es mich gestört hätte..."
Jones schmunzelte, ging aber nicht weiter darauf ein. „In Alabasta bist du doch mit Strohhut Ruffy zusammen getroffen, nicht wahr?"
„Das ist richtig", bestätigte Smoker ruhig. „Warum?"
„Hast du auch seine Crew kennen gelernt?", bohrte Jones weiter nach.
„Ja, ich hatte das Vergnügen." Smoker schwiegt kurz. „Wer interessiert dich?"
Jones musste grinsen. Er wusste, dass Smoker ihn längst durchschaut hatte. Sie beide kannten sich schon lange, hatten gemeinsam die Marineausbildung durchlebt und waren gute Freunde geworden. Zwar hatten die Vorgesetzten und Ausbilder diese Freundschaft nicht gerne gesehen, war Smoker doch ihr ‚Sorgenkind', der am laufenden Band gegen Befehle verstieß, während sie in Jones große Hoffnungen setzte. Auch heute legte sich der Befehlshaber von Logue Town noch liebend gerne mit seinen Vorgesetzten an, die er als ‚Sesselpupser' titulierte.
„Ist in dieser Crew ein blonder junger Mann?", fragte Jones, verstärkte unwillkürlich den Griff um das Sprechgerät. Angespannt wartete er auf Smokers Antwort.
„Ja, allerdings", antwortete der weißhaarige Kapitän schließlich. „Er hat mich in Alabasta aus dem Käfig befreit. Ich weiß, was du denkst. Und ich glaube, du liegst mit deiner Vermutung richtig. Ich habe ihn zwar nicht als Kind kennen gelernt, aber ich denke, er ist es. Er verbarg sein linkes Auge und die Augenbraue ist so seltsam gekringelt."
„Verdammt", fluchte Jones aus voller Seele. „Verdammt."
„Ja", stimmte Smoker zu. „Was wirst du tun?"
„Wieso hast du mir nicht gesagt, dass er Pirat ist?", fauchte Jones ungehalten. Er wusste, dass er ungerecht war, aber er musste seine Wut irgendwo los werden.
„Ich war mir nicht sicher und außerdem hat ihn niemand außer mir erkannt", antwortete Smoker gelassen. Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Außerdem, was hätte ich machen sollen? Ihn gefangen nehmen?"
„Nein, entschuldige bitte." Jones atmete tief ein. „Es war richtig, dass du dies ausgeschwiegen hast."
„Du wirst das nicht so einfach können. Wie ich dich kenne, bist du bereits hinter dem Strohhut her."
Jones konnte sich bildlich vorstellen, wie Smoker an einer seiner Zigarren zog. „Ja, aber so kann ich mich vergewissern."
„Sei vorsichtig."
„Ja, danke für deine Hilfe. Ich werde mich melden." Jones hängte auf. Unruhig trommelte er mit dem Finger auf die Tischplatte. „Ich verstehe das nicht. Was tut er hier? Wieso ist er ein Pirat?"
Es klopfte an der Tür. „Kapitän Jones, wir haben das Piratenschiff gesichtet."
„Ich komme." Mit einem tiefen Seufzen erhob der Kapitän sich.

„Da ist er!" Sanji ließ das Fernglas sinken. „Ich wusste es."
„Da ist ein Schiff!", rief Lysop, der es ebenfalls entdeckt hatte. „Ein Marineschiff!"
„Keine Panik." Nami klatschte in die Hände, verlangte die Aufmerksamkeit der anderen. „Die Flying Lamb ist viel kleiner und wendiger. Wir werden problemlos entkommen."
„Nein!" Ruffy sprang vom Lammkopf. „Ich will kämpfen."
„Was?!", kam es synchron von Nami, Lysop und Chopper.
Ernst blickte Ruffy sie an. „Meine Entscheidung steht fest."
„Argh, Ruffy, wieso denn, um Himmels Willen?", wollte Nami verzweifelt wissen. Ruffys dunkle Augen wanderten zum Krähennest. „Ich lasse nicht zu, dass sich einer von euch ängstigt, was immer euch bedroht, ich werde es besiegen."
Nami schluckte und nickte. „Ich verstehe."
Tatsächlich hatte sie verstanden. Es war offensichtlich, dass sich Sanji vor Jones fürchtete. Ruffy wollte dem Smutje zeigen, dass er ihn beschützen würde, genauso wie er damals Nami gezeigt hatte, dass Arlong nicht unbesiegbar war.
Sie nickte entschlossen. „Kurs beibehalten."
„Aber wieso denn?", jammerte Lysop. Robin und Zorro sagten nichts. Sie hatten verstanden. Wenn Zorro ehrlich war, juckte es ihm sogar in den Fingern diesen Jones auf die Planken zu schicken. Der Schwertkämpfer würde nicht zulassen, dass ein dahergelaufener Marineheini den Koch einschüchterte. Wenn hier jemand den Koch einschüchtern dürfte, dann war es Zorro, obwohl bisher war ihm das irgendwie noch nicht gelungen.
Ein unwilliges Grummeln kam über Zorros Lippen.

„Kapitän Jones, die Piraten halten den Kurs bei", berichtete ein Soldat.
„Ich sehe es." Jones hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt, wippte auf der Stelle auf und ab. „Interessant, wie es aussieht, will mir der Strohhut die Stirn bieten. Warten wir es ab."
„Sollen wir einen Warnschuss abgeben?", fragte Leutnant Apoll.
„Nein, das wird nicht nötig sein."

Unaufhaltsam näherten sich die beiden Schiffe. Sanjis Hände verkrampften sich um den Rand des Krähennestes. ‚Nein, ich will nicht.'
Eilig schwang er sich über den Rand des Krähennestes und rutschte den Mast hinunter. Sein Atem ging schnell, so als wäre er einen Marathon gelaufen. „Ruffy, ich bitte dich, lass uns umkehren, bitte."
Zorro zuckte zusammen. So hatte er Sanji noch nie gesehen. Sanji war nicht der Typ, der vor irgendetwas weglief. Mutig stellte sich der Blonde jeder Herausforderung, egal wie aussichtslos es war. Am liebsten hätte der Schwertkämpfer den Smutje gepackt und angeschrieen, er solle sich gefälligst zusammen reißen, aber er konnte sich nicht rühren.
Auch die anderen waren verunsichert. Besonders Chopper war die Sorge anzusehen. Eilig trippelte der Elch auf den Smutje zu, aber Sanji beachtete den Elch nicht. „Bitte, Ruffy, ich habe dich noch nie um Etwas gebeten. Bitte, kämpfe nicht mit Jones. Lass uns einfach verschwinden, ja?"
„Sanji." In Ruffys Stimme schwang der seltene Ernst, der nur in Ausnahmesituationen auftrat. „Ich weiß nicht, warum du dich vor diesem Jones fürchtest, aber ich werde nicht fliehen. Ich werde ihn besiegen."
„Du kannst Jones nicht besiegen", rief Sanji, breitete verzweifelt die Hände aus. „Bitte Ruffy."
Der Strohhutjunge drehte dem Koch den Rücken zu. „Ich habe mich entschieden, Sanji."
Seine Stimme duldete keinen Widerspruch. Sanjis Hand ballte sich zur Faust. Es war ihm anzusehen, dass er krampfhaft nach einer Lösung suchte.
„Vertrau mir, Sanji." Ruffy drehte sich nicht um, sondern trat an die Reling. „Ich werde nicht zulassen, dass dir irgendjemand zu Nahe kommt, wenn du das nicht willst."
Sanjis Hand ballte sich so stark zu Faust, dass die Knochen sich gut sichtbar abzeichneten. Seine Fingernägel gruben sich in die empfindliche Haut seiner Hand.
„Nicht." Choppers Hufe legten sich auf Sanjis Hand. „Du tust dir weh."
Behutsam versuchte der Elch die Hand des Kochs zu entkrampfen. Lysop trat auf den Smutje zu, legte diesem kameradschaftlich die Hand auf den Arm. „Keine Sorge, was immer auch in der Vergangenheit war, du kannst Ruffy vertrauen. Uns natürlich auch." Der Schütze grinste. „Immerhin bin ich der starke Kapitän Lysop."
Sanji drehte den Kopf weg, seine Haarsträhnen fielen ihm tief ins Gesicht.
„Aber es ist doch gar nicht Jones, den ich so sehr fürchte", murmelte der Smutje so leise, dass die anderen ihn nicht verstanden.
„Da sind sie." Namis Stimme schwankte ein wenig, als sie das riesige Marinekriegsschiff sah. An Bord des Schiffes konnte die Navigatorin etliche Soldaten ausmachen und auch Kapitän Jones entdeckte sie. Jones stand dicht an der Reling. Kaum waren die Schiffe nur noch wenige Meter voneinander entfernt, rief der Marinekapitän: „Strohhut Ruffy, ich will mit dir reden. Lass mich an Bord kommen."
Überrascht tauschten die Piraten einen kurzen Blick aus. Damit hatten sie nicht gerechnet.
„Ist okay", rief Ruffy. „Komm rüber."
Jones grinste, wehrte einen besorgten Leutnant Apoll ab und zog seine Peitsche. Diese schwang er kurz. Mit einem reißenden Geräusch, flog das eine Ende der Peitsche zur Flying Lamb und wickelte sich um einen Balken, der das Hauptsegel hielt. Der Kapitän überprüfte, ob die Peitsche hielt, ehe er sich geschickt auf das kleine Piratenschiff herüber schwang. Elegant landete Jones vor Ruffy. „So sieht man sich wieder, Strohhut Ruffy."
Geschickt zog er an seiner Peitsche, holte sie zurück und hängte sie an seinen Gürtel.
Ruffy nickte, behielt seinen ernsten Gesichtsausdruck bei. „Was willst du?"
„Ich möchte mit dir reden." Jones' Augen wanderten über die anderen Mitglieder der Strohhutbande. „Das heißt, ich möchte mit ihm reden."
Er deutete auf Sanji.
„Nein."
Erstaunt betrachtete Kapitän Jones das kleine Tier, dass sich schützend vor den Blonden stellte.
‚Was ist das? Der Dachs? Nee, das ist ein Hirsch, oder?', dachte Jones verblüfft. ‚Aber es spricht...'
„Du kannst mit uns reden, aber lass Sanji in Ruhe." Lysop stellte sich vor Chopper, die Steinschleuder an seinem Gürtel ziehend. Nami nickte bekräftigend, bewegte sich leicht und holte die drei Teile ihres Klimataktstockes hervor. Noch während die Navigatorin die Waffe geschickt zusammen baute, trat Robin vor die kleine Gruppe, verschränkte die Arme und blickte Kapitän Jones stumm an. Auch wenn die Schwarzhaarige nichts sagte, so wusste Jones die Geste zu deuten. Zu guter Letzt traten Ruffy und Zorro vor ihre Freunde. Zorros Hand legte sich auf den Griff seines Yubashili, während Ruffy seinen Strohhut tiefer ins Gesicht zog.
„Du wolltest mit mir reden", sagte der Gummijunge ernst. Unwillkürlich musste Jones lächeln. ‚Sieh einer an, sie stellen sich geschlossen vor ihn.'
„Ich will eurem Freund nichts tun, nur mit ihm reden", erklärte der Marinekapitän ruhig.
„Nein." Ruffy schüttelte den Kopf.
„Schon gut, Ruffy", erklang Sanjis ruhige Stimme. Fragend drehten sich die Piraten zu ihrem Freund um, der scheinbar gelassen hinter ihnen stand und cool an seiner Zigarette zog. Sanji hatte sich wieder gefangen und die Maske des unantastbaren, coolen Smutjes aufgesetzt.
„Reden wir, Jones, aber nicht hier." Sanji deute mit dem Kopf auf die Kombüse, ehe er, ohne auf die Reaktion der anderen zu warten, darin verschwand. Jones wollte folgen, als er die Klinge eines Schwertes dicht vor seinem Gesicht aufblitzen sah. Langsam blickte er zur Seite und sah sich den drohenden Augen des Schwertkämpfers ausgesetzt.
„Wenn du nur einmal falsch in seine Richtung atmest, wird es dir leid tun", drohte Zorro knurrend.
„Ich habe verstanden", sagte Jones ruhig, wartete darauf, dass Zorro sein Schwert sinken ließ. Noch einmal musterte der Grünhaarige den Marinesoldaten, bevor er zur Seite trat. Jones überkam ein seltsames Gefühl, als er an den Piraten vorbei zur Kombüse ging. So mussten sich die Piraten auf dem Weg zum Schafott fühlen. Er atmete tief ein, trat in die Kombüse und schloss die Tür hinter sich. Die Kombüse war durch das Tageslicht hell erleuchtet. Jones entdeckte den Blonden, der sich an die gegenüberliegende Wand gelehnt hatte und ihn abwartend ansah. „Es ist lange her, Jones."  

Sanji's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt