Der Geist

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  Die Archäologin hielt die Lampe höher. „Ah, hier bist du, Herr Schwertkämpfer."
„Was machst du hier?", wollte Zorro wissen, ließ sein Schwert sinken. „Bist du der Geist?"
Robin lachte amüsiert. „Nein. Ich wollte dir nur eine Lampe bringen. Der Nebel wird immer dichter."
„Hmpf." Der Grünhaarige steckte sein Schwert zurück. „Danke."
„Und, schon einen Geist gefunden?"
„Nein." Zorro fuhr sich durch die Haare. „Wogegen bist du eben eigentlich gestoßen?"
„Gestoßen?" Die Archäologin schüttelte den Kopf. „Ich bin nirgendwo dagegen gestoßen."
„Aber das Rumpeln..." Zorro verstummte. Ganz deutlich konnte er ein leichtes Knarren hören. Auch Robin hatte es gehört. Aufmerksam blickte sich die Archäologin um.
„Das war die Planke unter dem Mast", raunte Zorro. „Die knarrt schon seit Wochen. Hey, was machst du?"
Robin war noch während Zorros Worten losgegangen, Richtung Mast. Zorro knurrte kurz, diese Frau war wirklich taff. Natürlich folgte der Schwertkämpfer ihr, beschleunigte seine Schritte ein wenig, um vor Robin am Mast zu sein. Wachsam sah er sich um, konnte aber nichts entdecken. Robin hob ein wenig die Lampe an, aber das Lampenlicht durchdrang den Nebel kaum.
Plötzlich jedoch erklangen die Schritte wieder. Mit einer fließenden Bewegung zog Zorro sein Schwert. Der Nebel, der über das Deck zu tanzen schien, lichtete sich ein wenig.
Der Schwertkämpfer bemerkte, wie sich Robin neben ihm anspannte, in Kampfposition ging.
Schemenhaft zeichnete sich der Umriss einer Gestalt vor den beiden Piraten ab. Langsam kam die Gestalt näher. Robin hob die Lampe, beleuchtete etwas Weißes und holte erschrocken Luft. Zorros Augen weiteten sich. „Was zum Teufel...? Sanji?"

Zorro starrte die Person vor sich an, die aus dem Nebel getreten war. Vor ihm stand Sanji, eine weiße Decke um die Schultern geschlungen, die normalerweise unten in der Jungenkajüte lag. In den Händen hielt der Koch ein Seil, indem schon etliche Knoten waren, den Blick hatte er starr geradeaus gerichtet.
Fassungslos ließ Zorro das Schwert sinken.
„Koch, sag mal, spinnst du?", fuhr der Schwertkämpfer auf. Sanji reagierte gar nicht, sondern setzte seinen Weg ungerührt fort. Wütend wollte Zorro den Blonden am Arm fassen, aber Robin hielt ihn zurück. „Nicht, Herr Schwertkämpfer. Sieh dir mal sein Gesicht an."
„Was, sein Gesicht?" Zorro musste einige Schritte tun, um vor Sanji zum stehen zu kommen. Der Koch lief gegen den Schwertkämpfer und wollte ihn umrunden. Aber Zorro hielt ihn fest, nicht so grob, wie er es ursprünglich gewollt hatte, aber er hielt ihn fest. Sanji schien zu erstarren und rührte sich nicht mehr. Er stand einfach nur da, den Blick starr geradeaus gerichtet. Zorro blickte in Augen, bemerkte, dass er diese halb geschlossen hatte und seine Umgebung überhaupt nicht wahrzunehmen schien.
„Was...was ist mit ihm?", fragte der Schwertkämpfer, blickte unentwegt in Augen, suchte nach einer Reaktion.
„Man nennt es Schlafwandeln und es gehört zu den Parasomnien", flüsterte Robin. „Er bekommt nicht mit, was er tut."
„Du meinst, er schläft?", vergewisserte Zorro sich, hielt den Koch weiterhin fest.
„Genau." Robin nickte. „Pass auf, wir dürfen ihn nicht wecken. Wenn Herr Koch jetzt wach wird, kann das gefährlich für ihn werden."
„Na klasse. Und jetzt?", fragte Zorro, bemerkte, wie der Smutje sich anschickte weiter zu laufen.
„Am besten wecken wir den Herrn Doktor, er weiß, was zu tun ist. Pass du auf unseren Koch auf." Leise schlich Robin davon, ließ einen verzweifelten Zorro zurück.
‚Na ja, aber das erklärt wenigstens, wieso ich nicht wach geworden bin', dachte Zorro bei sich. ‚Der Koch ist mir nicht fremd.'
Sanji bewegte sich leicht unter Zorros Griff, versuchte sich zu befreien. Behutsam lockerte der Schwertkämpfer seine Hände, ließ Sanji aber nicht komplett los. Kaum hatte Sanji wieder ein wenig mehr Bewegungsfreiheit, wollte er weiter laufen.
‚Argh, was mache ich hier eigentlich?' Zorro ließ den Smutje los, der schnurstracks geradeaus lief, genau zur Reling.
‚Der wird doch wohl nicht...', bevor der Grünhaarige den Gedanken zu Ende gedacht hatte, war er auch schon losgelaufen, ergriff den Smutje beim Arm und schaffte es, ihn von der Reling wegzulotsen, ohne das der Smutje wach wurde.
‚Ah, ich verstehe, er läuft immer geradeaus.' Zorro dirigierte Sanji in eine andere Richtung.
„Zorro?", erklang die geflüsterte Stimme Choppers.
„Hier", raunte der Schwertkämpfer. „Bei der Reling."
Chopper tauchte mit der Lampe wieder auf, blieb erstaunt stehen, als er Sanji sah, der von Zorro geführt wurde. „Tatsächlich, er schlafwandelt."
Chopper wedelte mit der Lampe. Zorro staunte nicht schlecht, als sich Sanji schnurstracks auf das Licht zu bewegte.
„Schlafwandler reagieren auf Lichtquellen", erklärte Chopper flüsternd. Sanji blieb vor der Lampe stehen.
„Wir müssen ihn ins Bett zurück lotsen", erklärte der Arzt leise. „Am besten, ohne das er wach wird. Robin kümmert sich um Ruffy und Lysop, damit sie keinen Lärm machen. Nami weiß auch Bescheid."
Zorro nickte. Zu irgendwas musste der Verbindungstunnel zwischen Jungen- und Mädchenzimmer ja gut sein.
„Und wie?"
„Er bewegt sich immer gerade aus...hm, wenn es Ruffy wäre, würde ich ihm was zu Essen geben, das wirkt ziemlich gut bei Schlafwandlern, weil sie einen Heißhunger entwickeln."
„Gib ihm eine Zigarette", schlug Zorro vor.
„Bist du verrückt?", fragte der Elch, erwartete aber keine Antwort. Er hob die Lampe und lief, auf gerader Strecke, Richtung Falltür. Wie hypnotisiert folgte der Koch. Zorro blieb hinter ihm, für den Fall, dass Sanji sich doch noch abwenden sollte.
Chopper blieb neben der Falltür stehen und klopfte leicht dagegen. Augenblicklich öffnete sie sich. Robin nahm die Lampe entgegen. Sanji ging auf die Falltüre zu.
Chopper beobachtete alles aufmerksam. Jetzt wurde es gefährlich. Er wusste nicht, ob Sanji registrierte, dass hier eine Falltür war. Vielleicht würde er einfach weiter laufen und hinab stürzen. Aber sie hatten Glück. Sanji ging in die Hocke und kletterte den Mast hinunter. Der Elch folgte ihm hastig, beobachtete, wie Robin, die bei dem Falle eines Sturzes den Koch mit ihren Teufelskräften abgefangen hätte, Sanji zu seiner Hängematte führte. Einen Moment lang sah es so aus, als wolle der Smutje stehen bleiben, aber dann stieg er in die Hängematte, legte sich hin und schlief weiter, als ob er nie aufgestanden wäre. Die weiße Decke hatte er achtlos zu Boden fallen lassen.
Unwillkürlich atmete Zorro auf. Also, er hatte ja schon viel mit dem Koch mitgemacht, aber das hier war die Krönung. Es vergingen einige Minuten, in denen sämtliche Piraten sich ruhig verhielten. Selbst Ruffy und Lysop waren wie erstarrt. Nami, die durch den Verbindungstunnel dazu gekommen war, rührte sich als Erste. Mit dem Finger deutete sie nach oben, zeigte somit an, dass sie hochklettern sollten.

Lautlos kletterten alle nach oben, behutsam schloss Chopper die Tür und seufzte erleichtert. „Puh, das war knapp."
„Heißt das, dass Sanji der Geist ist?", fragte Lysop.
„Ja", antwortete Chopper. „Ich gehe davon aus."
Der kleine Elch blickte zum Himmel, noch immer war das Schiff von Nebel umgeben. „Letzte Nacht war Vollmond, die Lichtquelle muss ihn an Deck gelockt haben."
„Was ist schlafwandeln?", fragte Ruffy, schien erleichtert zu sein, endlich wieder sprechen zu dürfen.
„Schlafwandeln umfasst Tätigkeiten im Schlaf, abnormale Tätigkeiten, vom plötzlich Aufsetzen bis hin zur Hausarbeit oder eben dem Verknoten von Tauen", versuchte Chopper dem Kapitän zu erklären.
„Aber warum hat Sanji uns nichts davon gesagt?", fragte Nami verwundert.
„Es war ihm wahrscheinlich peinlich", vermutete Lysop.
„Nein." Chopper schüttelte den Kopf. „Sanji hat sich schlichtweg nicht daran erinnert. Schlafwandler erinnern sich nicht an ihre Ausflüge."
„Und was ist die Ursache?", fragte Zorro. „Wieso schlafwandelt der Koch auf einmal?"
„Tja." Ein wenig hilflos zuckte der Elch mit den Schultern. „Das kann unterschiedliche Ursachen haben, seelische meistens, aber auch neurologische Störungen. Aber ich glaube bei Sanji ist es richtiges Schlafwandeln."
„Kannst du ihn gesund machen?", fragte Ruffy neugierig.
„Wir müssen aufpassen, dass er uns nicht über Bord geht, außerdem dürfen wir ihn nicht wecken." Der kleine Arzt seufzte. „Ich muss ihn erst eine Weile beobachten, ehe ich ihn behandeln kann."
„Oh man." Zorro fuhr sich über die Augen. „Ich gehe wieder ins Krähennest. Passt auf, wo ihr hintretet, wahrscheinlich hat der Koch wieder überall Taue gespannt."
„Warum hat Sanji das gemacht, Chopper?", fragte Nami. Chopper schüttelte den Kopf. „Weiß ich auch nicht. Ich glaube, er hat nicht einmal bemerkt, dass er Etwas tut. Hört zu, überlasst es mir, Sanji über die Schlafwandlerei aufzuklären, ja?"
„Geht klar." Lysop streckte sich. „Lasst uns schlafen gehen."
Nami nickte. „Bis morgen."
Gemeinsam mit Robin ging die Navigatorin auf normalen Weg zurück in ihre Kajüte.
„Und ihr, schön leise sein", wies Chopper seine Freunde an, ehe er die Falltüre öffnete. Alle kletterten unter Deck, bloß Zorro verzog sich wieder ins Krähennest. Immerhin hatte er trotz allem Nachtwache.

Lysop und Chopper waren schnell wieder eingeschlafen, aber Ruffy war unruhig. Seine Hängematte hing über der von Sanji. Kurzerhand drehte sich Ruffy um und blickte auf den schlafenden Koch, der ganz ruhig in seiner Hängematte lag.
Traurig ließ der Kapitän der Strohhutbande seinen Blick über seinen Koch schweifen. ‚Sanji, du Idiot, wieso hast du mir nicht gesagt, dass es dir schlecht geht?' Ruffy zog eine Schnute. ‚Menno, ich will nicht, dass du traurig bist.'

Gewohnt früh wachte Sanji auf. Müde fuhr er sich über das Gesicht. ‚Himmel, ich fühle mich, als wäre ich die ganze Nacht über rumgerannt.'
Gähnend blickte Sanji nach oben und bemerkte zu seinem Erstaunen, das Ruffy schon wach war. Der Gummijunge lag auf dem Bauch und blickte auf Sanji herunter.
„Morgen", nuschelte der Koch, noch immer ein wenig verschlafen.
„Morgen", erwiderte Ruffy ruhig. Verwundert setzte der Smutje sich auf. „Warum bist du schon wach?"
„Konnte nicht schlafen", erklärte Ruffy, ließ Sanji immer noch nicht aus den Augen. „Kann ich dich was fragen, Sanji?"
„Klar." Der Koch schwang sich aus seiner Hängematte und ging auf den Schrank zu, um sich ein neues Hemd heraus zu holen.
„Fühlst du dich bei uns wohl?", fragte Ruffy.
Überrascht drehte der Smutje sich zu dem Gummijungen um, war schon im Begriff zu fragen, ob dies eine Scherzfrage sein sollte, als er jedoch die ersten Augen seines Kapitäns sah, hielt Sanji inne.
„Ja, ich fühle mich hier sogar sehr wohl." Sanji runzelte kurz die Stirn. „Auch wenn ihr mir manchmal ganz schön auf den Wecker geht."
Er blickte zu Ruffy, der urplötzlich breit grinste. „Super!"
Von Ruffys Schrei schreckten Lysop und Chopper hoch.
„Ist was passiert?", fragte der Elch sofort.
„Nein, alles bestens", krähte der Gummijunge. „Ich habe bloß..."
„Hunger!", beendeten Sanji, Lysop und Chopper den Satz synchron.
Ruffy legte den Kopf schief. „Woher wusstet ihr das?"
Während Chopper und Lysop im wahrsten Sinne des Wortes aus ihren Hängematten krachten, kletterte Sanji an Deck. Wie jeden Morgen rauchte er erst, ging duschen und machte dann das Frühstück.
„Guten Morgen, Sanji" Nami betrat lächelnd die Kombüse.
„Namilein, einen wunderbaren guten Morgen. Hast du gut geschlafen?"
„Ja, ähm, habe ich." Nami lächelte. Die Navigatorin war froh, dass die anderen schnell kamen. Sie fühlte sich ein wenig unsicher. Trotz der vergangenen Nacht ging das Frühstück turbulent zu.
„Sag mal, Schwertkämpfer, hast du eigentlich den Geist erwischt?", fragte Sanji auf einmal.
„Ja", antwortete Zorro ruhig. „Allerdings war es nicht die Art Geist, die ich erwartet hatte."
Ehrliche Überraschung zeichnete sich auf Gesicht ab. Zorro, der es hasste, um den heißen Brei herum zu reden, tauschte einen kurzen Blick mit Chopper. Als der Arzt nickte, beugte Zorro sich ein klein wenig vor. „Du warst der Geist."
„Was?" Sanji starrte den Schwertkämpfer an. „Aber wie?"
„Du hast geschlafwandelt", erklärte Chopper, beobachtete aufmerksam Reaktion. Dieser schüttelte ungläubig den Kopf. „Geschlafwandelt? Ich dachte, das wäre vorbei..."
„Du bist schon mal...?", fragte Chopper sofort.
Obwohl der Tisch noch nicht abgeräumt war, zündete Sanji sich eine Zigarette an. „Ja, ich war zehn, als es zum ersten Mal bemerkt wurde. Jeff und ich hatten gerade das Baratié eröffnet." Er blies den Rauch aus. „Mitten in der Nacht ist der Alte plötzlich wach geworden, weil er an der Tür Geräusche hörte. Hat wohl gedacht, es sind Einbrecher und ist sofort runter. Tja, und da hat er mich an der Tür vorgefunden. Scheinbar wollte ich raus. Hab es dann auch geschafft und wäre beinahe über Bord gegangen. Aber irgendwie wollte Jeff mich dann doch nicht absaufen lassen und hat mich eingefangen. Das war aber erst der Anfang, immer gegen Vollmond hin wurde ich unruhig und begann im Restaurant herum zu laufen."
Sanji schmunzelte leicht. Wegen ihm hatte sich Jeff viele Nächte um die Ohren geschlagen. Gleich am nächsten Tag hatte Jeff dafür gesorgt, dass man alle Türen und Fenster mehrmals verschließen konnte, als er begriff was mit seinem kleinen Schützling vorging. Der ehemalige Pirat war damals sehr in Sorge gewesen, auch wenn er es nicht gezeigt hatte. Die Diagnose des Arztes war gewesen, dass Sanji noch nicht die jüngsten Ereignisse verarbeitet hatte.
„Jeff hat mir sogar ein Glöckchen um den Hals gehängt", erinnerte Sanji sich. „Hat aber nichts genutzt. Ich habe das Ding immer abgenommen, ehe ich losmarschiert bin."
„Und wann hat es aufgehört?", erkundigte sich Chopper interessiert.
Sanji runzelte kurz die Stirn. „Ein Jahr später."
„Und dann hast du nie mehr geschlafwandelt, Herr Koch?" Robin lächelte den Blonden freundlich an.
„Doch, aber nicht mehr so oft. Meistens in Stresssituationen." Der Smutje zog an seiner Zigarette. „Aber in den letzten Jahren kam es nicht mehr vor."
„Das heißt, du stehst im Moment unter Stress." Zorro beugte sich noch etwas weiter vor, fixierte den Koch regelrecht. „Du verheimlichst uns etwas, etwas das mit der Marine und diesem Jones zusammen hängt."
„Zorro." Nami knuffte ihm böse in die Seite. „Musst du immer so verdammt direkt sein?"
„Stimmt, es gibt etwas, was ihr nicht über mich wisst", sagte Sanji erstaunlich ruhig, hielt dem Blick des Schwertkämpfers stand. „Und ich möchte auch nicht, dass ihr es wisst. Jedenfalls noch nicht."
„Das ist okay." Ruffy sprang grinsend auf. „Solange du es für richtig hältst, werden wir dich nicht nerven."
Auch wenn der Kapitän grinste, hörten seine Freunde, dass Ruffy gerade einen Befehl ausgesprochen hatte.
„Nami, erreichen wir heute noch die neue Insel", wechselte der Strohhutjunge das Thema.
„Ja." Nami war ein wenig überrumpelt von dem raschen Abbruch des eben geführten Gesprächs. „Ich nehme an, gegen Mittag werden wir Colour Island erreichen."
„Das ist toll." Der Gummijunge sprang auf. „Ich gehe nach der Insel Ausschau halten."
Mit diesen Worten rannte Ruffy an Deck. Lysop folgte, murmelte Etwas von einem Experiment vor sich hin.
„So, ich werde jetzt erst noch mal den Kurs überprüfen", kündigte Nami an. „Ich bin schon richtig gespannt auf die Insel."
„Ja, sie soll ziemlich ungewöhnlich sein", bestätigte Robin, während sie aufstand. „Aber genaueres weiß ich auch nicht."
„Klingt toll." Sich miteinander unterhaltend gingen auch Navigatorin und Archäologin. Fragend blickte Sanji zu Zorro. Würde der Schwertkämpfer Ruffys Anweisung Folge leisten?
„Ich gehe trainieren."
Sanji drückte seine Zigarette aus und blickte Chopper an. Der kleine Elch lächelte schüchtern. „Wenn irgendetwas ist, kannst du zu mir kommen, okay?"
Sanji nickte. „Danke."
Ein lautes Knallen ließ die beiden zusammen zucken. Sofort stürzten sie nach draußen. Unter dem Mast saß ein ziemlich angekokelter Lysop. Er hielt noch zwei Reagensgläser in der Hand, wobei aus einem Rauch kam.
„Wah, Lysop!", rief Chopper besorgt und eilte sofort auf den Schützen zu, um diesen zu verarzten. Lächelnd schüttelte Sanji den Kopf. Er hatte schon tolle Freunde.

Nachdem Sanji die Kombüse wieder auf Hochglanz gebracht hatte, ging er an Deck, sah nur nebenbei, dass Lysop weiter experimentierte. Chopper hatte dem Schützen einige Pflaster verpasst und beobachtete ihn nun neugierig bei seinem Tun. Ruffy war beim Lammkopf und turnte darauf herum, ließ sich nicht von Nami stören, die versuchte, dem Gummijungen zu erklären, dass er vorsichtig sein sollte. Ohne sich an dem Trubel stören zu lassen, saß Robin in der Nähe des Mastes und las, während Zorro an der Reling stand und das Meer beobachtete. Einen Augenblick überlegte Sanji, ob er sich zu seinen Freunden gesellen sollte, aber die Müdigkeit, die ihm die Augen schwer machte, ließ den Smutje um die Kombüse herum gehen. Erschöpft rutschte er an der Wand herab und blickte in die Blätter der Orangenbäume, jedoch nicht für lange. Kurz darauf war der Koch eingeschlafen.

Sanji schlief und dennoch bemerkte er auf einmal, dass ihn jemand ansah. Langsam drang dies in sein Bewusstsein vor, ließ ihn wach werden. Müde öffnete der Blonde seine Augen und sah sich direkt dem Gesicht von Zorro ausgesetzt, das nur wenige Zentimeter von Gesicht entfernt war. Erschrocken zuckte Sanji zurück und schlug sich den Kopf an der Wand an. „Autsch!"
Zorro zog die Stirn kraus. „Komische Art wach zu werden."
„Das ist ja wohl deine Schuld", schnaubte Sanji, rieb sich den Kopf. „Was willst du?"
Zorro sah den Koch durchdringend an, ehe er sich, in einigem Abstand neben ihn setzte. Fragend sah Sanji den Schwertkämpfer an. „Was wird das?"
„Ich bin müde", antwortete Zorro und schloss die Augen.
„Häh?" Der Koch starrte den Grünhaarigen an, der schon eingeschlafen war. Schulterzuckend fand sich Sanji damit ab, dass er Zorros Verhalten nie wirklich verstehen würde. Die Augen des Kochs fielen zu und er schlief wieder ein, kippte dabei ein wenig zur Seite und fand an Zorros Schulter Halt.

Als Chopper kurze Zeit später auf das hintere Deck kam, kicherte er. Der Anblick, der sich ihm bot war einfach zu unglaublich. Sanji und Zorro, die beiden Streithähne vom Dienst, schliefen Schulter an Schulter friedlich nebeneinander. Kurz überlegte Chopper. Wahrscheinlich wollte Zorro verhindern, dass Sanji während des Schlafens wieder schlafwandelte und über Bord ging, hatte sich daher dich zu dem Koch gesetzt, um sofort zu spüren, sollte dieser sich bewegen. Grinsend setzte sich der kleine Elch neben den Smutje. Diese Müdigkeit war ansteckend.

Zwei Stunden später ertönte Ruffys begeisterter Ruf: „Insel voraus!"
Lysop, der seine Zeit damit verbracht hatte, mal wieder die Taue zu entknoten, sprang auf, gesellte sich zu Ruffy.
Sanji schlug die Augen auf und blinzelte verwirrt. Quer über seinem Schoß lag Chopper, der gerade langsam wieder zu sich kam und an der Schulter des Smutjes schnarchte immer noch Zorro friedlich vor sich hin. Sanji knuffte dem Schwertkämpfer in die Seite, der grummelnd die Augen öffnete. „Was willst du, Koch?"
„Insel voraus", sagte Sanji nur, wartete, dass Chopper aufstand, ehe er sich selbst erhob. Sich streckend ging Sanji zum Lammkopf, um sich die Insel anzusehen. Neugierig kamen auch die anderen zur Reling. Was sie sahen, ließ sie nicht schlecht staunen. Schon von hier aus konnten sie erkennen, woher die Insel ihren Namen hatte. Bunte Farben leuchteten ihnen entgegen. Kurz darauf waren sie nah genug an der Insel, um die Einzelheiten besser erkennen zu können. Langsam segelte die Flying Lamb in eine kleine Bucht, in der sie vor Anker gingen. Verblüfft blickten sich die Piraten um.
„Hier sieht es aber seltsam aus", sagte Lysop schließlich.
„Ja", stimmte Sanji zu. „Sind die echt?"
Frage bezog sich auf die Bäume, die sie auch schon vom Schiff aus sehen konnten. Mehrere Bäume standen nebeneinander, jeder in einer anderen Farbe. Ein roter Baum, dessen Blätter und Stamm durchgehend rot war, stand neben einem komplett blauen Baum. Auch die anderen Bäume waren von den verschiedenen Farben des Regenbogens.
„Die sehen unnatürlich aus." Choppers Nase zuckte. „Ob sie angemalt sind?"
„Ist doch egal", warf Zorro ein. Was interessierte es denn, ob die Bäume hier echt waren oder nicht. „Lasst uns an Land gehen."
„Aber nicht alle." Nami ergriff Ruffy am Kragen, bevor er davon stürzen konnte. „Mindestens einer von uns sollte zur Wache zurück bleiben."
„Ich bleibe", meldete sich Lysop sofort freiwillig. „Ich muss sowieso noch ein paar Reparaturen an der Lamb vornehmen."
Nachdem dies geklärt war, gingen die anderen an Land. Lysop sah seinen Freunden hinterher, ließ seinen Blick noch einmal musternd über die bunte Landschaft schweifen, ehe er sich seinen Hammer und ein paar Bretter schnappte.

Staunend begutachteten Ruffy und seine Freunde die ungewöhnliche Insel. Inzwischen war ihnen aufgefallen, dass nicht nur die Bäume eingefärbt waren, auch die Steine, Blumen, Sträucher und sogar das Gras hatte alle möglichen Farben, nur die nicht, die sie normalerweise hatten. Prüfend trat Chopper an einen Baum heran und berührte ihn.
„Der scheint echt zu sein", staunte der kleine Elch.
„Ja." Robin hatte ein blaues Blatt aufgehoben, drehte es spielerisch hin und her. „Hier scheint alles echt zu sein, trotz der ungewöhnlichen Farben."
„Ich bin auf die Stadt gespannt", sagte Sanji, zündete sich nebenbei eine Zigarette an. „Die Lebensmittel müssen hier sehr interessant sein."
„Na hoffentlich nicht", sagte Nami und verzog bei den Gedanken an blaue Äpfel leicht das Gesicht. „Kommt, gehen wir. Die Stadt ist nicht weit. Sie heißt Rainbow."
„Wie passend", scherzte Sanji, blies den Rauch aus. „Wo ist eigentlich Ruffy?"
„Der ist..." Nami blickte sich um und seufzte. „...auf und davon. Mist."
„Herr Kapitän wird schon auf sich aufpassen", sagte Robin lächelnd.
„Daran habe ich keinen Zweifel", seufzte Nami. „Kommt, gehen wir auch."

„Professor Garder, die Piraten sind angekommen. Sie haben an der Nordbucht angelegt", teilte ein Marinesoldat dem Chef der Forschungsabteilung der Marine mit. Der Brillenträger grinste. „Endlich, die haben sich ja ganz schön Zeit gelassen." Zufrieden rieb er die Hände aneinander. „Seht zu, dass ihr sie schnell und lautlos einfangt, aber verletzt sie nicht, jedenfalls nicht tödlich. Verstanden?"
„Aye, aye." Der Soldat salutierte und eilte davon, um die Befehle an seinen Vorgesetzten weiter zu geben.

Wenig später sahen die Strohhutpiraten die ersten Häuser. Wie zu erwarten, waren auch die Häuser in allen möglichen Farben gestrichen. Allerdings immer nur in einer Farbe. Das Straßenpflaster schimmerte dagegen in allen Farben, jeder Stein war anders angemalt, als sein Nachbar.
„Uh", stöhnte Chopper. „Man sollte nicht zu lange auf einen Punkt starren."
Hastig blickte der Elch weg.
„Ich sehe mal zu, ob ich irgendwo ein paar Lebensmittel auftreiben kann", verkündete Sanji.
„Gut, ich würde sagen, wir treffen uns in einer Stunde wieder hier", sagte Nami. „Wer Ruffy findet, ihr wisst ja, einfangen und festbinden."
So trennten sich ihre Wege. Das heißt, Sanji ging allein einkaufen, während Chopper sich Nami anschloss. Zorro wusste nicht so recht, was er hier unternehmen sollte, daher begleitete er Robin, die ihm erklärte, dass sie nach einem Buchladen suchte. Nebeneinander schlenderten Schwertkämpfer und Archäologin durch die Stadt. Seltsamerweise trafen sie auf keinen der Bewohner. Niemand war auf der Straße. Aufmerksam blickte Zorro sich um, entdeckte in den Häusern immer wieder die Schemen von Gestalten.
„Wir sollten vorsichtig sein", ließ sich auf einmal Robin vernehmen. Der Grünhaarige nickte. Irgendetwas an dieser Stadt war komisch. Am besten war es, wenn sie Ruffy schnell fanden und hier wieder verschwanden.
„Herr Schwertkämpfer, sieh mal." Robin war vor einer großen Tafel stehen geblieben, auf der lauter Steckbriefe und andere Anschläge der Marine hingen. Ganz oben prangte der Steckbrief von Ruffy und Zorro. Seufzend fuhr sich der Schwertkämpfer durch die Haare. „Klasse, wir sollten zusehen, dass wir Ruffy schnell finden, wenn wir ihn nicht aus den Klauen der Marine befreien wollen. Das letzte Mal hat mir gereicht."
Die Archäologin nickte, ihre Augen huschten aufmerksam über die verschiedenen Anschläge an der Tafel. Sie trat näher heran, betrachtete einen davon genauer und runzelte die Stirn.
„Was ist?", fragte Zorro ungeduldig. „Können wir gehen?"
„Ja." Robin blickte noch einmal kurz auf die Tafel, ehe sie sich zu Zorro umdrehte. „Gehen wir."
Schweigend liefen sie durch die Straßen. „Machst du dir Sorgen, Herr Schwertkämpfer?", fragte Robin plötzlich.
„Um was?", wollte Zorro gelangweilt wissen.
Robin lächelte. „Um den Herrn Koch."
Zorro blieb stehen. „Wie kommst du darauf?"
„Du hast den ganzen Tag schon schlechte Laune." Die Archäologin blieb ebenfalls stehen. „Und ich verstehe dich, aber du darfst ihn nicht drängen."
„So?" Angriffslustig funkelten Zorros Augen auf. „Du scheinst den Koch ja sehr gut zu verstehen."
Lächelnd drehte sich Robin zu dem Grünhaarigen um. „Ja, das tue ich. Manchmal ist es besser, wenn die Vergangenheit Vergangenheit bleibt."
„Wieso?", wollte Zorro wissen. „Es würde überhaupt nichts ändern, egal was Sanji in der Vergangenheit gemacht hat. Ich kenne ihn und weiß, dass ich ihm vertrauen kann."
Verblüfft weiteten sich Robins Augen, während Zorro gerade bewusst wurde, was er gesagt hatte. Missmutig drehte er den Kopf zur Seite, konnte nicht verhindern, das er errötete.
„Ach, vergiss es", knurrte der Schwertkämpfer, setzte sich wütend in Bewegung und stapfte davon. Robin benötigte noch einen Augenblick, ehe sie sich gefangen hatte und Zorro folgte.

Gemütlich vor sich hinrauchend, schlenderte Sanji durch die Straßen. Er war froh, dass seine Freunde nicht darauf bestanden hatte, dass er ihnen alles erzählte. Hätten sie darauf bestanden, Sanji schüttelte den Kopf, nein er konnte es ihnen nicht sagen, jedenfalls noch nicht.
Suchend blickte der Koch sich um. Natürlich war auch ihm aufgefallen, dass niemand auf der Straße war.
‚Seltsam', dachte er bei sich, blickte sich suchend um, konnte aber keinen Lebensmittelladen ausmachen.
„Hey, Sie da!", erklang eine leise Stimme. Überrascht drehte Sanji sich um, konnte aber niemanden entdecken.
„Hierher", hörte der Smutje die Stimme erneut, konnte sie dieses Mal orten. Sie kam aus einer kleinen Gasse. Scheinbar locker schlenderte Sanji dorthin. Innerlich bereitete er sich auf einen Angriff vor.
In der Gasse standen etliche Kisten und hinter den Kisten saß ein Mann, in grünen Kleidern. Die Kleider waren dreckig und zerrissen, das Gesicht des Mannes alt und eingefallen.
„Kann ich Ihnen helfen?", erkundigte Sanji sich ruhig.
Der alte Mann lachte. „Nein, Junge. Ich will dir helfen." Klare Augen richteten sich auf den Koch, musterten eingehend den schwarzen Anzug „Du bist nicht von hier, Junge, nicht wahr?"
„Nein", gab der Koch zu. „Ich bin nur auf der Durchreise. Eigentlich wollte ich nur ein paar Lebensmittel."
„Verstehe", nickte der alte Mann. „Du hast dir leider einen schlechten Ort für einen Einkaufsbummel ausgesucht, Junge."
„So?" Sanji zog an seiner Zigarette. „Warum?"
„Setz dich." Der alte Mann klopfte neben sich auf das bunte Pflaster. „Ich werde es dir erklären, besser, man sieht dich nicht. Mit deiner Kleidung fällst du nämlich sehr auf."
Aufmerksam blickte sich der Smutje um, ehe er der Aufforderung des Alten nachkam. Der Mann nickte zufrieden. „Hör mir gut zu, Junge."

Missmutig legte Ruffy den Kopf schief. Er war einmal komplett durch die Stadt gerannt, hatte hier und da nachgesehen, aber nirgendwo ein Restaurant gefunden. Auch war ihm keiner der Bewohner begegnet. „Komisch. Hallo! Ist hier wer?"
Niemand antwortete ihm. Nachdenklich kratzte sich Ruffy am Kopf. „Komische Stadt."
Plötzlich hörte der Gummijunge laute Schritte, die auf dem Straßenpflaster wiederhallten. Neugierig drehte er sich um und entdeckte an die zwanzig Marinesoldaten, die in Reih und Glied die Straße hoch marschierten, genau auf Ruffy zu. Jeder andere hätte wahrscheinlich die Flucht ergriffen, besonders, wenn er ein für 100. 000. 000 Berry steckbrieflich gesuchter Pirat war, aber Monkey D. Ruffy musterte die Soldaten nur interessiert.
Diese übersahen den Strohhutjungen natürlich nicht. Überrascht blieben sie stehen.
„Hey, was machst du hier?", fragte einer der Soldaten, der Ruffy als erster erreichte.
„Ich gehe spazieren", erklärte Ruffy grinsend.
„Verschwinde und zwar plötzlich, jetzt ist Sperrstunde", schnauzte der Soldat den Gummimenschen an.
„Häh?!"
Der Soldat trat auf ihn zu. „Hau schon ab."
„Was ist hier los?", fragte eine laute Stimme. Durch die Menge schob sich ein hochgewachsener, bärtiger Mann. Er trug einen Mantel um die Schultern, die ihn als Marinekapitän kennzeichnete.
„Ach, nur ein Junge, der sich hierher verirrt hat, Kapitän Mori", erklärte der Soldat, nahm Haltung an.
„Hey, ich hab mich nicht verirrt", protestierte Ruffy lautstark.
Kapitän Mori blickte Ruffy an, seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Sieh einer an, wenn das nicht Monkey D. Ruffy ist."
„Ja." Freudig lachend legte Ruffy eine Hand an seinen Strohhut. „Hallo!"
„Hallo", erwiderte der Kapitän, während die Soldaten zu tuscheln begannen und nach ihren Gewehren griffen.
„Wie nett, du nimmst mir meine Arbeit ab. Was bringt dich hier her, Strohhut Ruffy?" Kapitän Mori bewegte leicht die Hand, deutete seinen Leuten an, nicht anzugreifen.
„Ich gehe spazieren." Ruffy verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Aber irgendwie ist hier nichts los."
Mori gestattete sich ein Grinsen. „Das liegt an der heutigen Sperrstunde. Von 14 Uhr- 17 Uhr ist es den Bewohner verboten aus ihren Häusern zu kommen."
„Warum das denn?"
„Weil da unsere Testversuche stattfinden", erklärte der Kapitän bereitwillig.
„Testversuche?", wiederholte der Strohhutjunge.
„Ja, aber du hast Glück. Für heute sind wir fertig." Mori trat näher an den Gummimenschen heran. „Denn gerade hat sich eine neue Aufgabe für uns ergeben. Nehmt ihn gefangen, Männer!"
„JA!" Mit einem Kampfschrei griffen die Marinesoldaten den Strohhutjungen an.
„Kommt nur her!", lachte Ruffy, erfreut über die Abwechslung. „Gum-Gum-Bazooka!"
„WAH!", schrieen die Soldaten, die von Ruffys Fäusten getroffen zu Boden fielen.
‚Tatsächlich Teufelskräfte.' Geschickt wich Kapitän Mori einem Faustschlag aus. ‚Na ja, das ist kein Problem für mich.'
Triumphierend lachend zog er eine Pistole aus seinem Gürtel. „Du bist erledigt, Strohhut Ruffy!"  

Sanji's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt