Kapitel 13

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Nachdem ich eine äußerst nervige Woche hinter mich gebracht hatte, befand ich mich Freitag Nachmittag mit Judy auf dem Heimweg. Das fiel es mir plötzlich ein.

"Scheiße! Judy, morgen ist Mandys Geburtstagsfeier.", jammerte ich ihr die Ohren voll als wir an einer Kreuzung standen.

"Jap, ich weiß. Darüber wollte ich noch mit dir reden.", druckste sie rum.

"Okay, raus mit der Sprache. Ich fahre eh gerade Auto, da kann nicht viel passieren.", munterte ich sie auf und versuchte doch zugleich ernst zu bleiben.

"Ähm, hast du schon ein Geschenk? Ich frage, weil ich auch noch keins habe, aber eine Idee hätte.", meinte sie und knetete ihre Finger, die auf ihrem Schoß lagen. Ihr intensiver Blick war auf mich gerichtet.

"Nope. Aber Mandy hatte doch schon sowas letztens angedeutet, dass du wüsstest, was wir ihr schenken sollten.", antwortete ich ihr monoton. Dann wagte ich einen Blick auf meine Autouhr. Es war dreiviertel vier an einem Freitagnachmittag. Also hatten noch genügend Geschäfte offen.

"Was hältst du davon, wenn du mir sagst, was wir ihr schenken könnten und wo es das gibt? Da würde ich uns dahin fahren, während du Mum ´ne SMS schreibst, dass wir shoppen sind. Ich will ja nicht, dass sie sich Sorgen macht.", schlug ich ihr vor.

"Perfekt, Hope. Du bist die Beste. Fahr einfach zum Einkaufszentrum. Da zeige ich dir, was wir ihr schenken können. Dort gibt es auch einen Geldautomaten. Ich schreibe Mum jetzt erstmal." sagte sie und klang total glücklich. Ich nickte und spielte an meinem Radio rum. Der Radio-Modus wurde in den CD-Modus verändert.

"Do you feel like you're never alone? Does a ghost seem to follow you home and do you wash away your regrets and do you punish yourself for the "whys" and "what ifs" all the time when you can't change a thing about it? Your presence is killing me. Is it just another alibi to fill the spaces which were meant to be  for those times that I need you the most? I contemplate and I lay here endlessly.." sang Kenny Hanlon, der Sänger von Darkhaus, aus meinem Autoradio. Zum Takt der Musik tippte ich mit meinen Fingern auf dem Lenkrad rum.

Zum Glück ist Darkhaus drin gewesen. Das stimmt meine Schwester fröhlich, denn sie mag nichts weniger als Subway to Sally. Da muss ich mir keine Triade von ihr anhören, wieso ich jetzt solche Musik anhören. Aber zu meinem Glück schwärmt sie ja für Kenny. Gesanglich sind sie auch echt spitze. Vielleicht sind sie ja bald auf Tournee und ich kann Judy überreden mitzukommen.

Nachdem dritten Lied stimmt meine Schwester mit ein und ich grinste. Die Autofahrt dauerte auch länger als gewöhnlich, vermutlich weil so viele Pendler noch unterwegs waren und dann waren ja noch die ganzen Omis sowie Opis, die ja nicht morgens unterwegs sein konnten, sondern unbedingt Freitagnachmittag Auto fahren mussten. Wie ich es hasste.

Aber mich steckte meine singende Schwester mit ihrer guten Laune an und ich sang, wahrscheinlich total schief, ebenso mit. Für Passanten sah das bestimmt total ulkig aus. Mir war es egal. Denn es war mal wieder seit langer Zeit so schön. Nur meine Schwester und ich, die Spaß hatten. Das tat echt gut. Es half mir sogar, dass ich mich nicht über die Verkehrslage aufregte. Und das geschah normalerweise relativ schnell.

Endlich am Ziel angekommen und nach einer endlosen Suche nach einer Parklücke standen wir vor dem Geldautomaten und hoben jeder 30 Euro ab.

"Ich hoffe, da bleibt noch was übrig!", maulte ich rum.

Eigentlich habe ich gar kein Bock so viel Geld für die Trulla auszugeben. Wenn es nach mir gänge, würde ich maximal fünf Euro für sie ausgeben. Ein paar Blumen, einen Kaktus oder so. Und noch ´ne Kette. Das war´s. Aber Judy hat schon Recht. Ich sollte es mir nicht mit ihr verderben.

"Ja, ja. Keine Sorge. So teuer ist es auch nicht, und außerdem legen wir ja zusammen.", beruhigte mich Judy. Anschließend zog sie mich in eine Schicki-Micki-Boutique. Ich stöhnte.

Nicht einmal für mich würde ich so einen Laden betreten. Selbst wenn es der letzte Laden auf diesem Planeten wäre, niemand würde mich freiwillig darein bekommen. Ich mag es halt einfach pragmatischer. Aber war ja klar, dass Madame sich Luxus wünscht.

"So, Hope. Ich dachte, weil ja auch dieses Jahr der Ball ist, dass wir ihr entweder einen Gutschein für ihre Lieblingsboutique hier schenken oder etwas Schmuck zusammen kaufen und wir es dann in eine Schmucktruhe legen. Was denkst du dazu?" fragte mich Judy, als wir vor einem elenden langen Regal mit Ohrringe, Ketten, Armbänder und anderem Schmuck aller Art standen.

"Mir egal. Ich will nur so schnell wie möglich hier raus." sagte ich, da ich mich echt unwohl in dem Laden fühlte.

"Dann wird es wohl doch nur der Gutschein.", stellte Judy etwas enttäuscht fest.

Sie hatte wohl auf ein fettes Schmuckshoppen gehofft?

Ich seufzte. Ich hasste es, wenn meine Schwester wegen meiner Launen enttäuscht oder traurig war. Also machte ich ihr ein versöhnliches Angebot.

"Okay, wir holen einen Gutschein im Wert von zwanzig Euro. Und dann gehen wir zu Colloseum um ein paar Klamotten für heute Abend zu kaufen. Den Schmuck können wir ja bei Claire´s holen. Zum Schluss lade ich dich auf ein Eis ein. Was hältst du davon?"

"Hope, das klingt echt gut. Ich habe echt noch keinen Plan, was ich heute anziehen sollen."

Sie bezahlte den Gutschein, ich gab ihr zehn Euro dazu und wir machten uns auf den Weg zum Colloseum. Von weitem sah ich eine schwarze Jeans, die im Rockerstyle geschnitten war. Ich entschied mich sie anzuprobieren. Dazu nahm ich mir noch ein weiß-schwarz gestreiftes Bandeau und verschwand in der Ankleide. Judy war neben meiner Kabine. Sie hatte sich ein beiges Sommerkleid und goldene Römersandaletten geschnappt.

Mir passten die Kleidungsstücke perfekt, sodass ich mich entschied diese mitzunehmen. Auch Judy nahm das Kleid und die Schuhe. Nachdem wir an der Kasse alles bezahlt hatten, trug ich unsere Tüten und wir gingen nebenan zu Claire´s rein.

Überall waren Mädels, die den Schmuck anschauten. Ich stöhnte und hoffte, dass dies nicht lange dauern würde. Ich wusste, was ich wollte: Zwei Paar perlende Stecker und eine Kette. Die Stecker waren leicht gefunden, nur dummerweise konnte ich mich diesmal nicht entscheiden.

"Judy, soll ich die Kette mit dem kleinen Herz oder mit der Kugel nehmen?", fragte ich meine Schwester, die bereits auf mich wartete, um Rat.

HeartlessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt