Kapitel 21

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Nachdem dann endlich alle bei mir im Haus wach waren und der wöchentliche Alltag mit den kleinen Dingen begann, die mich tausendfach nervten, war es mir so, als ob mein Bauchgefühl mir ein unbehagliches Gefühl vermittlen wollte, so als ob ich an dem Tag nicht zur Schule hätte gehen sollen.

Ich ignorierte ganz gekonnt das Gefühl und murmelte mich in meine Bettdecke. Ich hasste es morgens aufzustehen, auch wenn ich schon stundenlang wach war. Mein Bett und ich - wir liebten uns einfach, nur konnte das keiner akzeptieren!

Irgendwann musste ich jedoch einsehen, dass ich aufstehen musste, denn Judy warte unten auf mich, wir wollten zusammen zur Schule fahren. Ich seufzte.

Also quälte ich mich aus meinem Bett und warf mich in schultaugliche Klamotten. Ich war mal wieder spät dran, denn Judy wartete bereits auf mich. Ich schnappte mir nur noch eine Wasserflasche und war ohne ein Wort zu sagen aus dem Haus. Unsere Mutter hatte sich an mein Verhalten gewöhnt, obwohl es ihr anfangs arg zu schaffen gemacht hat. Aber immerhin trägt sie eine gewisse Mitschuld, dass es jetzt so ist wie es ist...

Nach einer Weile des Schweigens in meinem Auto rückte meine Schwester mit der Sprache raus, weshalb sie mir anfangs besorgte Blicke zu geworfen hatte.

"Hope, ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst ziemlich scheiße aus, wenn ich das mal so sagen darf?!"

Ich nickte nur, denn es steckte ein Kloß in meinen Hals und ich traute meiner Stimme nicht.

Welch Wahnsinnskompliment von meiner Schwester. So schlimm sah ich doch heute morgen gar nicht im Spiegel aus...

Ohne weitere Worte kamen wir schließlich schweigend an unserer Schule an. Dieses Schweigen zwischen uns war angenehm, es war vertraulich.

Nachdem Judy nach einer Weile schließlich ausstieg, folgte ich ihr in einen gewissem Abstand und warf meinen Rucksack über die Schultern, zog meine Kapuze über den Kopf und stöpselte mein Headset in meine Ohren.

Ich hoffte, dass ich Chris heute nicht begegnete, aber ich hatte so viel Glück wie noch nie und lief geradewegs in ihn herein.

Ist das Ironie des Schicksals oder ein Sechser im Lotto oder habe ich einfach nur verdammtes Pech, was an mir klebt? Die Schule besteht aus zig, gefühlten Millionen, Menschen und ausgerechnet in ihn muss ich herein laufen. Ein Paradoxon des murphischen Gesetzes.

Ich stöhnte, denn ich fiel ihm auc,h wie in einem Film, direkt in die Arme, da ich nicht durch den Zusammenprall von ihm weg fiel, sondern fast auf ihn drauf.

Jetzt bist du wohl auch noch so fett unf schwer geworden, dass die Erdanziehungskraft dich auf ihn fallen lässt. zum glück konnte er seinen Fall abfangen, sonst lägen wir jetzt vor dem Schuleingang aufeinander. Und ich oben. Oh Gott.

Erst schaute er pikiert, dann lachte er und hielt mich mit einem festen Griff fest.


"Du hast mich wohl vermisst? Möchtest du mir einen Begrüßungskuss geben?", seine tiefe, dunkle Stimme drang in mein Ohr. Erst dadurch bemerkte ich wie nach er mir war und das seine Lippen fast meine Ohren berührten.

Ich war kurz davor eine Panikattacke zu bekommen, wenn es jemand anders gewesen wäre, der mir jetzt so nahe ist und mir diese Worte ins Ohr flüstert. Bei ihm war ich mittlerweile einiges gewohnt, er ist ja auch schon in mein persönlichen Abstandbereich eingetreten und hat ihn überwunden. Kurzum: Seine Berührung war für mich nix Neues, eher was Beruhigendes geworden.

Zum einen schauderte es mich, dass ich zu liess, dass jemand, insbesondere er, mir so nahe kommt. Zum anderen kribbelte es wie verrückt in meinem Bauch. Dieses kleine verwirrende Kribbeln bedeutete nix Gutes. Das ahnte ich.

Ich versuchte mich von ihm zu lösen um das Gefühl des Kribbelns los zu werden und um ihn los zu werden.

Am liebsten würde ich ihn nie wieder sehen wollen.. Er löst in mir verbotene Gefühle aus, die ich mir eigentlich nicht mehr zu lassen wollte. Und schon gar nicht von einem wie ihm, denn er ist überhaupt nicht mein Typ mit seinem Machogehabe. Außerdem merke ich auch, dass Judy ein Auge auf ihn geworfen hat. Also ist der größtmögliche Abstand die beste Variante.

Nachdem mich endgültig das Gefühl eingeholt hat, dass wir zum Montag morgen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit aller Schüler standen, war es mir egal, wie stark er mich festhielt.

Ich riss mich mit einem schmerzhaften Ruck los, hörte es seit langen mal wieder in meiner Schulter knacken. Das ignorierte ich für den Moment um verfolgte nur ein Ziel, raus aus dem Pulk, rein in die Schule.

Nach der ersten Unterrichtseinheit waren dann die Schmerzen in meinem Arm und in meiner Schulter genauso groß wie das Getuschel jener, die mich gerade sahen und ich nicht kannte, aber sie umso mehr mich. Denn sie können ja über mich urteilen, obwohl sie ja keiner Ahnung über mich hatten...

Genau, in dem ihr über mich lästert, macht ihr mich zum Mittelpunkt. Na toll. Spitze. Und wem habe ich das mal wieder zu verdanken? Dem gleichen Idioten, dem ich zu verdanken habe, dass mein Arm jetzt so weh tut. Der Sack. Jetzt muss ich allen Ernstes zum Schularzt, denn ich hatte mich für Freitag beim Badminton angemeldet und endlich mal gehofft, wenigstens darin Routine und Anschluss zu meinem altem Leben zu finden...

Ich hatte aber wohl keine andere Wahl als zu dem Schularzt zu gehen.

Hoffentlich ist der nicht genauso pädo, wie der alte damals. Der hat sich bestimmt nacht jeder Untersuchung erstmal einen auf dem Klo runtergeholt. Voll eklig...

Ich holte tief Luft, als ich an der Tür angekommen war und klopfte.

HeartlessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt