Es sind nun einige Tage vergangen, seit dem Zen fort ist. Jeder Tag an dem er nicht da ist, bereitet mir mehr Sorgen. Wo ist er? Was macht er? Ist etwas geschehen? Ist etwas schief gelaufen? Sollte er nicht schon längst zurück sein? Ich denke ständig an den Abschied von ihm. Er hat mir versprochen zurück zu kommen. Mir tief in die Augen gesehen und das vor allen anderen.
Und allen voran frage ich mich ständig, wieso ich mir so viele Sorgen um ihn mache? Wieso ich an ihn denke? Wieso ich ihn nicht hasse? Er hat mich doch zu diesem Palast gebracht. Mich ausgeliefert. Und trotzdem. Wenn ich an ihn denke, dann spüre ich keinen Hass. Keine Wut. Ich spüre etwas, was ich nicht spüren sollte. Und das Nervt mich. Und das trage ich im Training aus.
Darin bin ich auch schon besser geworden. Meine Messer treffen nun fast immer die Zielscheibe und mein Körper gewöhnt sich langsam an die tägliche Anstrengung. Der Muskelkater bleibt fast ständig erhalten, doch er ist nicht mehr so schmerzhaft. Ich kann schon länger laufen und habe meine Aufmerksamkeit weiter geschult. Luca lobt mich sehr oft. Sie meint ich sei eine schnelle Lernerin und eine sehr gute Schülerin.
Ich übe mich gerade im Nahkampf, als mich ein Bote ereilt.
"Miss, der Prinz hat mich geschickt um Euch auszurichten, dass die Soldaten zurück sind. Der Prinz erwartet Euch in der Eingangshalle", sagt der Bote während er sich verbeugt.
Zen ist zu...rück? Er ist zurück? Ich blicke kurz zu Luca, die mir zunickt. Ich verbeuge mich kurz und renne zur Eingangshalle an den Bediensteten vorbei und durch Gänge hindurch, die ich mittlerweile schon zu gut kenne. Innerhalb kürzester Zeit ist dieses Schloss mein zu Hause geworden. Ein Schloss, das meine größten Albträume beherbergen sollte.
Ich erreiche die Eingangshalle und bleibe wie angewurzelt stehen. Da ist er, zusammen mit den anderen Soldaten. Er bespricht gerade etwas mit Prinz Iro und haltet sich die Schulter. Sein Gesicht ist voller Blut und getrocknetem Dreck. Seine Kleidung ist teilweise zerrissen und sein Gesicht weist einige Kratzer auf. Er ist verletzt. Seine Augen sind defensiv und hart. Was ist bloß passiert?
Ich stelle mich hinter Prinz Iro und räuspere mich. Sofort liegen zwei Augenpaare auf mir. Die von Zen und die vom Prinzen.
"Ihr habt mich gerufen?", frage ich höflich.
Er nickt und trägt plötzlich ein schelmisches Lächeln auf seinen Lippen als er antwortet: "Bringt Zen und die anderen Soldaten zu zu den Heilern. Sie sollen versorgt werden."
Wieso bitte ich? frage ich mich doch spreche die frage nicht laut aus. "Wäre das dann alles?", frage ich statt dessen.
Der Prinz nickt und lächelt wieder. Was geht in seinem Kopf vor?
Ich blicke zu Zen. Sein Blick ist plötzlich weicher, als er mich ansieht und ich bekomme eine Gänsehaut.
"Folgt mir", fordere ich die Soldaten auf und gehe zu den Heilern. Dabei spüre ich Zens blicke ständig in meinem Rücken. Wie er mich beobachtet. Jeden Schritt. Ich verkrampfe mich innerlich und denke in Dauerschleife: bloß nicht stolpern, bloß nicht stolpern, bloß nicht stolpern!
Bei den Heilern bekommt jeder ein extra Zimmer und wird versorgt. Ich stehe unschlüssig im Vorraum. Unschlüssig, ob ich zu Zen gehen soll, oder eher nicht. Da höre ich seine Stimme, die ich so lange nicht gehört habe.
"Kommst du bitte mit rein?", fragt er mich und sieht mich dabei mit seinen schwarzen Augen eindringlich an. Wie könnte ich da nein sagen?
Im Zimmer sind wir alleine, während ein Bad für ihn Vorbereitet wird um das gesamte Blut abzuwaschen. Er trägt kein Shirt und ich sehe die unzähligen Wunden auf ihm. Über seinem Brustkorb, seinem Rücken. Da ist so viel getrocknetes Blut. Dunkelrot bis schwarz.
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Reminiscence - Meine Erinnerungen
FantasíaIch weiß nicht, ob ich ertrunken bin. Ich weiß nicht, ob ich gestorben bin. Was echt ist und was nicht. Doch ich weiß eines. Da wo ich gelandet bin muss ich schnell lernen und mich anpassen. Denn wenn ich es nicht tue, nun, ich möchte nicht wissen w...