In neun Stunden

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Es ist so weit. Der Road Trip kann beginnen und ich kann es kaum erwarten. Vor Aufregung zittern meine Hände. Es ist schon so lange her, dass ich auf Urlaub war und das auch noch mit meinen Freundinnen. 

Meine Mutter steht vor der Tür und winkt mir und Kathy zu, als wir langsam aus der Einfahrt raus fahren. Sie ruft mir noch einmal zu: "Pass auf dich auf!" Und winkt mir.

"Mach ich. Wir sehen uns in einer Woche!", rufe ich zurück. "Grüß Papa von mir."

Und dann geht es los. Erster Stopp: Minas Haus. Mina ist eine sehr gute Freundin von mir, die ich damals in der Schule kennen gelernt hatte. Sie ist ein Jahr jünger als ich, genauso wie Kathy und hat die strahlendsten blauen Augen die ich jemals gesehen habe. 

Als wir vor ihrem Haus stehen bleiben steht sie schon draußen und wartet auf uns. Ihr Strohblondes Haar hat sie zu einem Zopf gebunden und sie trägt einen schwarzen Jumpsuit. Ich kann mir vorstellen, dass sie in dieser Hitze darunter gerade sehr schwitzt.

"Hey!", grüßt sie uns in ihrer tiefen Stimme. "Ich kann den Strand kaum erwarten!"

Ich muss lächeln. Ohja, ich auch nicht. Doch zunächst müssen wir noch eine ganze Weile mit dem Auto fahren. 

Mina ist wie immer der Dj und dreht die Musik auf. Wir hören die schrägsten Schlager, die neuesten Hits und die schönsten Sommerlieder, zu denen wir alle lautstark mitsingen, bis uns der Hals weh tut. 

"Mina, glaubst du Andrew hält es eine Woche ohne dich aus?", frage ich sie neckend. Andrew ist ihr Freund, den sie schon seit Jahren hat. Sie sind immer noch genauso unzertrennlich wie zuvor und wenn man sie sieht denkt man, dass sie erst zusammen gekommen sind. Manchmal wird einem schlecht bei ihrem herumgeturtel, da sollte man lieber weg schauen.

"Ich weiß nicht einmal wie ich es ohne ihn aushalten soll! Ich war schon lange nicht mehr so lange ohne ihn. Ich vermisse ihn jetzt schon", sagt sie und blickt verträumt aus dem Fenster.

Kathy und ich teilen uns DEN Blick. Den Blick der sagt Oh-Gott-geht-das-jetzt-schon-los und müssen dabei lächeln, weil wir im selben Augenblick den Gedanken hatten.

Im Hintergrund spielt leise ein spanisches Lied vor sich hin, während unsere Unterhaltung immer angeregter wird, als uns Mina die ganzen Sehenswürdigkeiten vor ließt. Es gibt so viel zu sehen! Rom, Venedig, Lignano, die Strände, die Leute und vieles mehr. Nach Italien würde Spanien folgen, danach Portugal, wo wir durch Madrid und Lissabon natürlich fahren würden. Und feiern werden wir auch ordentlich. An den Stränden wird es eine Menge Beach-Partys geben.

"Oh nein, das wird noch ewig dauern", ruft Kathy aus und schlägt sich gegen die Stirn. Wir stehen im Stau. Ja, bis wir am Ziel sind wird es wohl noch eine Weile dauern.


Nach einer gefühlten Ewigkeit, die allerdings "nur" fünf Stunden dauerte, kommen wir an unserem Hotel für die nächsten zwei Tage an. Es ist abgeschieden und liegt ungefähr zwanzig Minuten von der nächsten Stadt entfernt. Die Lage ist allerdings traumhaft, denn das Hotel beinhaltet einen eigenen kleinen Strand, den nur die Gäste benützen dürfen. Es ist allerdings nicht gut besucht, da es bereits etwas heruntergekommen ist.

Als ich aus dem Auto steige, weht mir bereits ein warmer Wind entgegen und ich kann die salzige Meeresbriese riechen. Das Hotel ist gigantisch, doch die Farbe blättert an einigen Stellen schon ab, manche Fenster wirken etwas beschädigt und die Einfahrt ist etwas ungepflegt. Die Wände sind in einem warmen Braunton gestrichen worden und ich bin mir sicher, als es erst errichtet worden ist, war es wie ein kleiner Palast. 

"Man, so eine Bruchbude", jammert Mina, als sie das Hotel erblickt. 

"Immerhin ist es nur für die Nacht", entgegnet Kathy. "Es ist wenigstens mal etwas anderes und es war spottbillig."

Reminiscence - Meine ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt