Chapter One

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Aufwachen tat ich wie jedes Mal in dem weißen kahlen Raum, der nur spärlich mit Licht versorgt worden war. Nur dieses Mal war der Unterschied, dass ich mich nicht frei bewegen konnte, sondern angekettet auf ,,meinem" Bett lag.
,,Hör auf zu schreien, Lavinia." Der ruhige Ton in der Stimme des Arztes vor mir, ließ mich jedoch nur lauter schreien. Ich wusste was ich gesehen hatte. Ich war nicht verrückt. ,,Holt Gamma-Butyrolactont. Schnell!", schrie der Mann wieder. Kurz darauf bemerkte ich ein piksen an meinem Hals. ,,Nein, lasst mich los! Ich bin nicht verrückt, verdammt!" ,,Nein, natürlich nicht.", die abweisende Kälte in der Stimme der Ärztin ließ mich erschaudern. ,,Bitte." Sagte ich leise. Vor meinen Augen verschwamm die Sicht und das klare Bild wurde unscharf.
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Ich stöhnte auf. Diese Kopfschmerzen waren einerseits nicht schlimm, ließen mich jedoch an das Geschehen von gestern erinnern. 
  ,,Hey? Hallo!", rief ich.
Was konnte ich auch sonst tun? In die Schule gehen? Mit Freunden rausgehen? Natürlich. Es war ja nicht so, dass ich an ein Bett gekettet war, dass in einer Geschlossenen stand. Okay, nicht ganz. Die Geschlossene bezeichnen sie hier als den Ort, an dem die ungelösten und schwierigen Fälle hinkamen. Ich konnte von Glück reden, nicht in dieser Abteilung zu liegen. Meine Handgelenke schmerzten unter den Druck, denen die Fesseln ausübten.
,,Hallo?"
Langsam wurde ich ungeduldig. Wann werden endlich diese dämlichen Türen geöffnet? Kurz darauf hörte ich Schritte vom Gang und die Tür wurde mit einem klacken geöffnet. Na endlich.
,,Hallo, auch einen wunderschönen guten Morgen", sagte ich sarkastisch. Die Frau gab nur ein schnauben von sich. Ich hatte schon fünf Monate lang versucht sie zum Reden zu bringen. Fünf Monate in denen ich hier schon eingesperrt worden war.
,,Ach kommen sie. Bin ich echt so schlimm? Ich beiße schon nicht."
Ich hob eine Augenbraue hoch. Sie stoppte kurz in ihrer Bewegung, bevor sie die Fessel an der linken Seite abmachte.
,,Komm."
,,Wow. Sie können ja reden."
Lächelnd lief ich an ihr vorbei, auf die Tür zu.
Ich wusste wo ich hin musste, wurde jedoch von einem anderen Wärter am Arm gepackt, bevor ich richtig aus der Tür verschwinden konnte.
,,Ich kann auch selber gehen, wissen sie?", sagte ich.
Er lachte. Es war kein fröhliches Lachen. Mehr ein fieses, sakastisches Lachen.
,,Hmm, ich liebe die sarkastischen Leute unter euch verrückten."
,, Ouh, das tat weh.", sagte ich gespielt traurig und hielt mir mit der freien Hand ans Herz, bevor er mich auch schon um die Ecke zog.
,,Rein da."
,,Wieso sind hier alle bloß so freundlich?", murmelte ich leise. Zimmernummer vierunddreißig. Psychologe, pragte in schwarzer Aufschrift auf der weißen Tür. Ich legte meine Finger um die Klinke und drückte sie hinunter.
,,Lavinia!", begrüßte mich die Psychologin freundlich wie immer.
,,Dr.", begrüßte ich sie zurück.
Kurz und knapp. Wie konnte man an so einem Ort bloß so glücklich sein? Aber sie hatte es gut, sie konnte abends und morgens zu ihrem kleinen Sohn Mason und seinem großen Bruder, Cody. Sie sagte mir mal, dass Cody in meinem Alter wäre und sie sogar ab und an hier besuchte. Keine Ahnung wieso man seine Mutter in einer psychiatrischen Anstalt besuchte. Im Gegensatz zu mir hatte sie ihre schwarzen Haare zu einem Zopf gebunden und sie hatte eine weiße Jeans, ein schwarzes Oberteil, sowie einen weißen Kittel, auf dem: Dr. Hilton stand.
,,Setzt dich doch."
,,Hab ich denn eine Wahl?"
Ich setzte mich auf eine weinrot gefärbte Couch. Sie war weich und ein roter Farbtupfer in mitten von weiß, schwarz und grau.
,,Also, wie geht es dir heute?", fragte sie und setzte sich auf einen weißen Stuhl vor mir. Auf ihrem Schoß lag meine Akte und sie hielt einen Stift in ihrer linken Hand.

,,Wieso sind sie Psychologin geworden?", stellte ich ihr eine Gegenfrage. Sie schaute mich neutral an und legte ihre Hand auf die Akte. Sie war es schon gewohnt, dass ich viel lieber Fragen stellte, als sie zu beantworten. Öfters antwortete sie darauf, jedoch war ich mir nicht sicher, ob es klug war sich von seiner Patientin auszutragen zu lassen.
,,Um Menschen zu helfen die sich in ihrer Lage nicht wohlfühlen, um sie aus dieser Situation zu bringen."
,,Und jetzt sagen sie mir, wie soll es einem 16-jähriges Mädchen gehen, die seit fünf Monaten hier eingesperrt ist und keine Ahnung hat, ob sie hier jemals wieder raus kommen wird." Ich sah sie eindringlich an.
,,Sagen sie mir also was ich tun muss, um hier raus zu kommen."
,, Weißt du, wenn es nach mir ginge, wärst du schon längst draußen."
,, Ach und wieso bin ich dann noch hier?"
,,Kommen wir doch wieder zum Thema, ja?" Wenig begeistert schaute ich mich im Raum um. Außer ein paar Bücherregale, einem Schreibtisch, zwei Stühlen, der Couch und die zwei Bilder ihrer Familie gab es hier nichts spektakuläres.
,,Wie fühlst du dich?"
,,Das ist die gleiche Frage wie vorhin , eben nur anders formuliert."
,,Lavinia.", sagte sie nun eindringlich. Ich seufzte kurz auf und atmete tief durch.
,,Mir geht es gut. Wirklich. Außer, dass ich mich verloren fühle. Ich bin erschöpft, habe momentan niemanden zum Reden, keine Freunde, keine Familie, gar nichts. Ich habe alles verloren und jetzt auch meine Freiheit."
Sie notierte sich etwas auf ihrem Zettel, bevor sie mich wieder ansah.
,,Ich werde niemals geistig Gesund sein. Nicht in deren Augen aber wie... „
Ich lehnte mich vor.
,,... Wie soll man auch hier gesund werden?"
Ich stand auf und lief Richtung Tür.
,,Lavi-„
,,Wir sehen uns", unterbrach ich sie und lief aus dem Raum.

Ich sah niemanden auf den Fluren und beschloss zu einem bestimmten Raum dieses Gefängnisses zu gehen. Der Raum befand sich ein paar Stockwerke über dem Eingang des Eichenhauses. Dank Cole, einem alten Freund meines damaligen Bruders wusste ich von einer Bibliothek im oberen Stockwerk. Mein Großvater und mein Bruder waren alles für mich gewesen. Klar, meine Eltern waren auch wichtig für mich, jedoch verhielten sie sich meist komisch gegenüber meinem Großvater und hatten nie Zeit für mich gehabt. Bücher waren in der Zeit meines Großvaters verboten. Jedenfalls für ihn. Meine Eltern sagten er habe Schizophrenie gehabt. Jedoch, aus einem unerklärlichen Grund, wusste ich das er an keiner Erkrankung leidete. Für mich wirkte er immer wie ein alter Mann, der schon viel miterlebt hatte. Er erzählte mir Geschichten und so vieles mehr. Ich konnte ihm nie richtig danken.

Ich schlich so leise wie möglich die Metalltreppen hinauf und hielt vor einer Tür, die sich von allen anderen unterschied. Wieso? Sie war braun und aus Holz. Ich drückte die Klinke hinunter. Dieser Raum war nie verschlossen. Die Bibliothek die sich dahinter verbarg war so gut wie ausgestorben. Hier roch es nach alten Büchern. Das Licht war schummrig und die Regale standen geordnet in Reihen. Langsam strich ich die einzelnen Bücherregale mit meinen Fingerspitzen entlang. Es war lange her, seitdem ich hier war. Ich wusste noch wie mein Großvater ins Eichenhaus kam, nach einer langen Diskussion mit meinen Eltern. Plötzlich hörte ich ein Geräusch hinter mir, was mich zusammenzucken ließ.

*überarbeitet

FIERCE ~Against the worldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt