Chapter six

590 24 0
                                    

Das Haus stand im warmen Abendschein der Sonne. Jedoch, so schön es auch war, konnte ich den Geruch, der durch meine Tür kam, nicht ausblenden. Ich stand also auf und öffnete die Tür.
,,Mum? Dad?", rief ich die Treppe hinunter. Der Gestank den ich zuvor wahrgenommen hatte, war Rauch.
,,Mum?", hustete ich als sich der Rauch langsam in meine Lunge bahnte. Ich rannte die Treppe hinunter und ahnte nichts Gutes. Ein Schrei entwich mir als ich in das Wohnzimmer rennen wollte und vor mir das Dach einkrachte. Ich lief einige Schritte rückwärts und hielt mir die Hand vor die Augen und die andere, auf meinen Mund. Die Richtung wechselnd, lief ich Richtung Küche. Hustend lief ich weiter, obwohl man durch den dichten Nebel, dem Rauch kaum etwas sah.
,,Dad?", wimmerte ich, als auch hier niemand war. Der einzige Raum, der groß genug für meine Eltern und meinen großen Bruder gewesen war, war der Keller. Aber wieso sollten sie im Keller sein? Das war nun wohl wirklich nicht der beste Ort bei einem Brand.
,,Cody?", hustete ich.
,,Lavinia! Geh wieder hoch!", hörte ich die Stimme meines Bruders.
,,Verschwinde aus diesem Haus!", schrie er wieder.
,,Und was ist mit euch? Wo sind Mum und Dad? Was ist hier los? Wieso flieht ihr nicht aus dem Haus?"
,,Geh hoch!", erklang die dringende Stimme meines Bruders. Ein Geräusch von schabenden Holz lag in der Luft und kurz darauf ertönten Schreie. Plötzlich bemerkte ich schwach durch den Nebel meinen Bruder, jedoch musste vor ihm jemand stehen. Als dieser den Kopf in meine Richtung drehte, stockte mir der Atem. Durch den Rauch blitzten rot leuchtende Augen auf und sein Mund gab spitze Zähne frei. Ich wimmerte, mein Atem ging schneller und es baute sich Druck in meiner Herzgegend auf. Der angsteinflößende Mann kam näher und ich lief rückwärts, wobei ich jedoch über etwas stolperte und nach hinten fiel. Weiter nach hinten krabbeln konnte ich nicht, da hinter mir ein Balken stand.
,,Hmm, so ein starkes kleines Mädchen", sagte der Mann vor mir. Er hatte dunkelbraunes, gekräuseltes Haar und die roten Augen stachen hervor.
,,So unschuldig..."
Mein Herz beschleunigte sich und meine Augen hatte ich zusammengekniffen.
,,Lauf!", hörte ich noch jemanden schreien, bevor ich meine Augen öffnete und mich mit wackeligen Beinen aufstellte. Ich achtete im Moment nur darauf, hier irgendwie herauszukommen. Jedoch war das einfacher als gesagt, denn mehr als das halbe Haus war schon abgebrannt. Meine Lunge füllte sich mit Staub und Rauch, was mir das Atmen erschwerte. Ich schrie auf. Ein Balken war auf meine Beine gefallen und ich nach vorne auf den Holzboden. Ich rüttelte wie verrückt und ich fand mich nach etwa einer halben Stunde mit dem Gedanken ab, das ich hier wahrscheinlich heute sterben würde. Ich war doch erst 13 Jahre alt. Das war gar nichts.
,,Hilfe! Hilfe! Hört mich denn niemand?"
Die Frage ob mich jemand hörte war wohl eher unsinnig, denn unser Haus stand mitten im Wald, wo sich wohl eher niemand hin verirren würde.

,,Hilfe", flüsterte ich und bemerkte wie meine Augenlieder schwerer wurden. Träge bemerkte ich eine Reibung am Rücken. Mein Kopf schwankte leicht hin und her bevor ich Taubheit fühlte. War ,, fühlte"das richtige Wort für Taubheit? Ich denke nicht. Ich bemerkte Druck auf meinem Brustkorb. Schnappend atmete ich Luft ein und Riss meine Augen auf.
,,Was?"
Mein Hals kratzte und ich spürte wie meine Wangen nass wurden und ich stumm anfing zu weinen. Ein lautes Grollen ertönte und ein Lichtblitz ergrellte den Himmel.
,,Hey. Hey. Hör auf zu schreien", sagte eine Stimme und zog mich in die Arme.
,,Meine Familie. Meine Familie war da drin.", weinte ich stundenlang weiter, bevor ich das Gefühl hatte, dass meine Tränendrüsen ausgetrocknet waren.
,,Wer bist du?", fragte ich den Jungen der vor mir saß.
Er war in meinem Alter, etwa vierzehn oder fünfzehn. Er hatte dunkelblonde kurze Haare und sah etwas verloren aus.
,,Isaac. Ich bin Isaac. Isaac Lahey."

Ich wachte durch einen Schrei auf und saß aufrecht im Bett. Verdammt, das war kein Traum, sondern eine Erinnerung. Isaac fehlte mir, ich hatte ihn seit ich vierzehn war, nicht mehr gesehen. Ich schüttelte meinen Kopf und hielt mir die Stirn und schaute auf, als ich wieder einen Schrei durch die Rohre hörte. Es war Stiles.
,,Hey. Hey. Hey. Hey. Lasst mich raus!", schrie er.
Vermutlich träumte er, jedoch wollte ich ihm helfen. Irgendwie. Ich spürte wie sich ein Druck im meinem Körper breitmachte und ich fühlte mich als hätte mir jemand Adrenalin gespritzt. Ich lief zur Tür und rüttelte mehrmals daran, bis ein Knacken ertönte. Woher hatte ich bloß diese Kraft? Egal. Vorerst. Ich lief die Gänge entlang, bemerkte jedoch das seine Schreie weiter weg waren, als wie vermutet von seinem Zimmer. Es hatte sich angefühlt, als würde er direkt neben mir liegen und ich folgte dem Schreien und blieb vor einer weiteren Metalltür stehen. Das war der Raum, in dem sie die Fälle einsperrten, die die Kontrolle verloren hatte und die sie ruhig stellen musste.
,,Hey. Hey. Hey. Hey. Lasst mich raus! Lasst mich raus. Lasst mich raus!" schrie Stiles erneut.

FIERCE ~Against the worldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt