Es dauerte einige Zeit, dann trat das Shuttle aus dem Hyperraum aus.
Ezra, Jai und Dhara konnten nichts sehen, weil es in dem Bereich des Schiffes, in dem sie sich befanden, keine Fenster gab, aber ein paar Sekunden später fing das Schiff an, so sehr zu ruckeln, dass der blauhaarige Junge sich festhalten musste, um nicht umzufallen.
Er sah fragend zu Dhara und diese antwortete knapp: „Schlechtes Wetter."
Wenn Ezra so darüber nachdachte, war das das Erste, was sie heute überhaupt zu ihm gesagt hatte. Beim Frühstück war sie abwesend gewesen, und den Flug hatten sie drei schweigend verbracht. Ezra hatte so viele Fragen... aber er traute sich nicht, sie auszusprechen, aus Angst, der Inquisitor würde so doch irgendwie herausfinden, was passiert war.
Jai hingegen hatte keine Angst vor dem Inquisitor, nur Respekt.
„Hey Dhara, was ist das eigentlich für ein Ort, zu dem wir fliegen?"
Seine Frage war voller Optimismus. Dhara musste erstmal überlegen, was sie ihm sagen würde.
„Du wirst es gleich wissen. Er kann es besser erklären."
Ezra spürte, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Er konnte es sich nicht erklären, aber... sie schien nicht so recht antworten zu wollen. Als hätte sie Angst davor, dass schon ein einziges falsches Wort sie den Kopf kosten könnte. Und daraufhin wurde ihm etwas klar. Diese Ausbildung würde keinesfalls so wie die andere sein, zumal er Dharas besorgtes Gesicht sah und die Tatsache, dass sie sich an einem Ort befanden, der jeden Piloten an seine Grenzen brachten, gab ihm auch sehr zu denken.
Etwas ging hier vor... Und Ezra war sich nicht sicher, ob es ihm gefiel. Er fühlte sich, als würde sich sein Körper mit... Dunkelheit füllen, je näher sie diesem Ort kamen.
Und dann plötzlich ruckelte das Schiff richtig heftig und kurz danach stand es still.
Der Inquisitor kam durch die Cockpit-Tür und die Drei sahen ihn fragend an.
„Es wird Zeit."
Die Dunkelheit war nun so nah, dass Ezra beinahe glaubte, sie greifen zu können. Er war erfüllt von Angst. Jais Gesicht hingegen verzog sich zu einem Grinsen.
Die Rampe ging nach unten und sofort wurde allen ein kalter Wind ins Gesicht geblasen. Man konnte nach draußen kaum etwas sehen. Der Boden war von Nebel bedeckt, sodass ihr Sichtfeld sehr stark eingeschränkt war. Und ihnen schlug so starker Regen entgegen, dass Ezra einen Moment lang glaubte, sie seien auf Kamino gelandet – auf dem Planeten war er zwar selbst noch nie gewesen, allerdings hatte er an der Akademie viel von ihm und seiner Rolle in den Klonkriegen gehört.
Der Inquisitor schritt ihnen mit hinter dem Rücken verschränkten Armen langsam voraus in den Nebel hinein.
Dhara folgte ihm sofort, aber Ezra und Jai gingen erst ein paar Sekunden später los.
Eine Weile liefen sie über den matschigen Boden durch den Regen, bis schließlich ein riesiges, stählernes Gebäude im Nebel vor ihnen auftauchte.
Die Umrisse waren im ersten Moment kaum zu erkennen, nur den oberen Teil des Gebäudes konnte man gut ausmachen, aber Ezra hätte nicht sagen können, wo sich die Eingangstür befand.
Und dann traten ihnen aus den Nebel zwei Figuren entgegen. Zuerst konnte der blauhaarige Junge nur die Umrisse erkennen. Einer der Beiden schien eine schlanke Frau zu sein. Die zweite Figur war sehr breit gebaut und wirkte einschüchternd, selbst auf diese Entfernung.
„Na, wen haben wir denn da?"
Die kalte, aber irgendwie fast schon krankhaft fasziniert klingende Stimme, die offenbar zu der Frau gehörte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Dann konnte er sie sehen.
Die gelben Augen der Frau durchbohrten den blauhaarigen Jungen förmlich.
Der andere Figur war eindeutig ein Mann, aber dieser schaute ihn nicht einmal an. Sein Blick war durchgehend auf Jai gerichtet – falls man das überhaupt einen Blick nennen konnte.
Seine Augen waren fast vollkommen weiß.
„Der hier hat ja Angst. Wie niedlich", stellte die Frau fest, ohne ihren Blick auch nur eine Sekunde lang von Ezra abzuwenden. Sie ging schnurstracks auf ihn zu und ließ ihre Finger langsam seinen Hals entlang nach oben gleiten.
Er versuchte, sein Gesicht langsam und vorsichtig wegzudrehen, aber ihre Finger folgten ihm.
Jai musste schon fast grinsen, als er das sah.
Die unheimliche Frau lächelte kalt.
„Ich denke den hier behalte ich. Der gefällt mir."
Der blauhaarige Junge wusste gar nicht, was er sagen sollte.
Was bedeutete der Satz »ich denke den hier behalte ich«.
Würde er jetzt mit ihr mitgehen, oder würde sie auf ihn aufpassen?
Er sah fragend zu seinem Freund Jai und dieser machte Bewegungen, die wirkten, als sollten sie aussagen »los, schnapp sie dir«.
Ezra schauderte es bei dem Gedanken.
„Komm schon, Kleiner. Nicht so schüchtern. Ich beiße nicht."
Der blauhaarige Junge sah sich die furchteinflößende Frau an und hätte am liebsten gesagt »da bin ich mir nicht so sicher«.
„Vorsicht, Junge. Ich an deiner Stelle würde jetzt ganz schnell mitkommen. Ich kann auch ganz anders."
Mit jedem Ton schien ihre Stimme kälter zu werden.
Er wich einen Schritt zurück.
Woher wusste sie, was er gedacht hatte? Das alles wurde immer gruseliger. Aber auch seine Angst wurde immer größer und er wusste, dass es keinen Ausweg gab. Deshalb ging er langsam nach vorne aber drehte nochmal seinen Kopf zu Dhara, die in die andere Richtung sah.
Sie konnte die Situation kaum ertragen.
Die junge Frau wich seinem Blick gezielt aus.
»Du hättest nicht bleiben dürfen...«
Daraufhin wollte Ezra ihr etwas zurufen, aber er traute sich nicht.
Er schaute weiterhin hilfesuchend zu Dhara, aber dann wurde er von der fremden Frau mit einer Hand nach vorne geschoben.
„Komm schon. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit."
Im Gehen sah er noch, wie der breiter gebaute Mann sich Jai widmete, während sich der Großinquisitor, noch immer sein kaltes Lächeln aufgesetzt, mit Dhara in Bewegung setzte.
Obwohl die furchteinflößende Frau irgendwie schon netter auf ihn wirkte als der Inquisitor wusste Ezra nicht, ob er riskieren konnte, eine Frage zu stellen.
„Sind bei dir eigentlich Ober- und Unterkiefer an einander festgewachsen oder warum bist du so still?"
„Ich... ähmm... ich...ich..." Nun war es offiziell. Der blauhaarige Junge war eingeschüchtert und hatte nicht die leiseste Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte. „Der Inquisitor, er... er hat uns verboten zu reden."
„Und du hörst immer noch darauf? Wie niedlich. Kluges Kind. Sieht aus, als wüsstest du zumindest, wie man Befehle befolgt. Damit kann ich arbeiten." Sie grinste. Dann blieb sie abrupt vor einer schweren, metallenen Tür stehen, die in das Gebäude hinein führte. Ezra konnte allerdings nirgends einen Öffnungsmechanismus entdecken. „Mal sehen, ob du sie öffnen kannst."
Ezra fing kurz an zu kichern, weil er nicht glaubte, dass sie das ernst meinen könnte, aber als er dann ihren wütenden Blick sah, ging er langsam auf die Tür zu.
Sie nickte nur, als er wieder unsicher zu ihr hinüber sah.
Daraufhin streckte er seine Arme aus und versuchte, die Tür aufzudrücken, und danach wollte er sie in der Mitte auseinander ziehen, da sie sich an der Stelle öffnen würde.
Er strengte sich an, aber es klappte einfach nicht.
Nun war es an ihr, zu lachen.
Selbst ihr Lachen war nicht warm oder beruhigend, aber sie wirkte dennoch ehrlich amüsiert.
„Du denkst zu viel, Junge. Schalte deinen Verstand ab."
„Den nutze ich doch gar nicht, ich drücke", gab er zurück. „Wie soll ich das aufbekommen? Das ist unmöglich."
„Wie gesagt... du denkst zu viel, Kleiner. Das war es, was ich meinte. Also dann... mal sehen ob du dich besser schlägst, wenn du keine andere Wahl hast, als dich auf deine Instinkte zu verlassen."
Sie nahm etwas von ihrem Gürtel. Auf den ersten Blick wirkte es wie ein überdimensional großer Ring, was Ezra etwas irritierte. Erst, als die rote Klinge zischend zum Leben erwachte, wurde ihm klar, dass es sich um eine Art Waffe handeln musste. Er hatte etwas vergleichbares schon mal irgendwo gesehen, da war er sich sicher... aber er konnte sich nicht entsinnen, wo.„Dieses Schwert schneidet durch Metall als wäre es Butter. Was glaubst du also, was passiert, wenn ich dich damit erwische?"
Ihr Grinsen war breiter denn je.
Er ging voller Furcht rückwärts und stieß kurz danach gegen die Metalltür. Die Waffe berührte schon fast seinen Körper.
„Bitte... nicht, ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll. Meine Instinkte sagen mir nur, dass ich Angst habe."
Dabei versuchte er, sich weiter weg von der roten Klinge zu drehen.
„Öffne die Tür, sonst wirst du rausfinden, was die Waffe mit dir macht."
Die Frau senkte die Waffe so weit, dass sie gerade begann, sich durch Ezras Uniform zu brennen.
Der blauhaarige Junge schloss die Augen und rief laut: „Okay... okay ich mach's ja ich mach's ja!"
Sie lächelte.
„Du solltest dich beeilen. Wenn es sich zu deiner Haut durchgebrannt hat, wird das für einen von uns beiden ziemlich schmerzhaft."
„Eher für mich als für Sie, stimmt's?"
Der blauhaarige Junge legte ungewollt seine Hand auf die Metalltür und plötzlich ertönte ein seltsames Geräusch.
„Spürst du das? Nutze deine Instinkte! Nutze die Angst!"
Ezra wusste nicht genau, was gerade geschah, aber er machte einfach weiter, ohne es zu hinterfragen.
Das Tor öffnete sich langsam immer weiter.
„Gut so. Denk daran, was ich mit dir mache, wenn du nicht hinein kommst. Aber das reicht noch nicht. Du hast noch nicht genug Angst." Bevor Ezra widersprechen konnte, dass er die sehr wohl hatte, versenkte sie die Klinge ein Stück weit in seiner Schulter.
Er schrie kurz auf und plötzlich wurde die komplette Tür aus den Angeln gerissen und flog einige Meter in den Raum.
„Sehr gut." Sie sah tatsächlich... zufrieden aus? Er schaute sie ungläubig an, noch immer den Rücken zur Tür gerichtet. Sie fuhr die Klinge ein. Der Junge verstand es nicht, aber er griff instinktiv nach seiner verletzten Schulter. „Du darfst dich jetzt umdrehen, Kleiner."
Er tat, was ihm befohlen wurde, und er konnte nicht glauben, was er da sah.
Die Tür war nicht nur offen. Sie war kaputt und lag einfach so mitten im Raum.
Er schaute ungläubig auf seine Hand und fragte mit zitternden Stimme: „Ich... ich war das?"
„So ist es. Deine Kraft mag noch roh... ungezähmt sein... aber du hast viel davon. Beeindruckend." Sie grinste. „Nun denn... Du hast die Tür geöffnet, also tritt ein. Es wird Zeit, dass du lernst, diese Fähigkeit zu kontrollieren."
Er ging nach vorne, aber konnte den Blick nicht von seinen Händen abwenden.
Den Schmerz in seiner Schulter spürte er kaum noch, die Aufregung war viel zu groß.
»Ich... ich habe gerade wirklich.... Träume ich?«
„Nein, tust du nicht."
Er drehte seinen Kopf zu der furchteinflößenden Dame und sah sie irritiert an. Daraufhin dämmerte es ihm.
„Ich... ich bin so wie... Dhara?"
„Oh, schön, du begreifst es endlich. Ja, du bist wie sie... wie der Großinquisitor... wie ich... Du bist einer von uns. Nur kannst du deine Gabe noch nicht kontrollieren. Aber das werden wir ändern."
Das war ein Schock für den Jugendlichen.
Als der Inquisitor sagte, dass die Ausbildung noch nicht abgeschlossen sei, hatte er niemals erwartet, dass das auf ihn zukommen würde.
„Also habe ich sowas wie Superkräfte?"
„So etwas in der Art, ja." Ihre stechend gelben Augen schienen durch ihn hindurch zu starren, so eindringlich war ihr Blick. „Du hast die Kraft, den Lebewesen um dich herum deinen Willen aufzuzwingen. Sie werden dir bedingungslos gehorchen."
Dann kam ihm die Szene mit Dhara wieder ins Gedächtnis, aber da er wusste, dass sie seine Gedanken lesen konnte, verwarf er den Gedanken.
„Das... das ist unglaublich, aber wie funktioniert das genau? Ich habe nicht das Gefühl, dass ich es steuern kann."
„Mach dir deswegen keine Sorgen. Aus genau diesem Grund bist du schließlich hier."
Wäre Ezra nicht so überwältigt, nicht so aufgeregt gewesen, hätte er vielleicht eine Minute darauf verwendet, darüber nachzudenken, ob das, was die Frau, die offensichtlich ebenfalls eine Inquisitorin sein musste, wie ihm jetzt klar wurde, da beschrieb, etwas war, das er tatsächlich beherrschen wollte. Aber das tat er nicht.
„Aber... vorhin sagten Sie, dass... dass ich meine Instinkte nutzen soll. Funktioniert dieses Ding mit Emotionen?"
„Und zuhören kann er auch. Wie schön. Wir zwei werden gut miteinander auskommen." Die Inquisitorin lächelte kalt. „Ja, du hast recht, genau so ist es. Je stärker deine Emotionen, desto größer deine Kraft. Wir werden nun dein Training beginnen. Um die Kontrolle über deine Emotionen zu erlangen, musst du zunächst lernen, mit einer Menge negativer Emotionen auf einmal umzugehen." Sie zückte erneut ihre Waffe. „Die einfachste Methode dazu ist Schmerz."
Er ging einige Schritte zurück.
„M-m-moment, es gibt doch bestimmt noch eine andere Lösung, oder?"
Der blauhaarige Junge wurde panisch.
„Du solltest nicht so wählerisch sein, Kleiner. Vertrau mir, im Vergleich zu dem, was mein Kollege mit deinem Freund macht, ist das hier nichts weiter als eine sanfte Massage."
„Danke, aber ich verzichte", gab Ezra grinsend zurück und versuchte, an der Inquisitorin vorbei zu kommen. In der nächsten Sekunde hing er an der Wand, und konnte sich keinen Zentimeter mehr rühren. Und egal welche Versuche er unternahm er konnte sich nicht befreien, „Ich... ähm... wollte nur sehen, ob ich diese Kräfte auch so nutzen kann."
„Dann können wir ja jetzt beginnen."
„Warten Sie, das müssen Sie nicht tun."
Ezra wollte sich nicht vorstellen, was die Inquisitorin mit ihm vorhatte, aber sie hielt nicht inne.
Deshalb schloss er seine Augen und wartete darauf, dass es anfangen würde.Jai hingegen hatte keine Angst. Er schrie, aber er wehrte sich ansonsten nicht gegen die Schmerzen, die ihm zugefügt wurden. Der Junge wusste, dass alles seinen Preis hatte. Und wenn es ein paar gebrochene Knochen erforderte, jene Macht zu erlangen, die er beim Großinquisitor gesehen und gespürt hatte, dann nahm er diese nur zu gern in Kauf. Das war es, was er schon immer gewollt hatte.
Macht, mehr als man sich vorstellen konnte, und das war nur der Anfang.
Er hatte später immer einen hohen Posten belegen wollen, und als voll ausgebildeter Inquisitor würde er dieses Ziel erreicht haben.
Nein, mehr noch. Er wollte diese Angst in den Augen der Leute sehen, die der Großinquisitor bei ihnen ausgelöst hatte. Er wollte den Respekt der Imperialen, um jeden Preis.
»Du hast die Kraft, allen Lebewesen deinen Willen aufzuzwingen.«
Der Gedanke daran erfüllte ihn mit Aufregung.
Seitdem er diese Kraft beim Inquisitor gesehen hatte, wollte er diese Macht, und als man ihm sagte, dass er die selben Kräfte besaß, wollte er nur noch lernen, damit umzugehen.
Ganz egal zu welchem Preis.
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Versuch nicht mich zu retten
FanfictionMein Name ist Ezra. Ezra Bridger. Seit ich denken kann bin ich in der Obhut des Imperiums und meine Loyalität wurde oft auf die Probe gestellt. Aber morgen ist es soweit und ich gehöre offiziell zum Imperium. Oder, so hätte es laufen sollen, wäre da...