Einen Spalt breit öffnete ich meine schweren Augenlider, doch alles was ich vor mir sah, war eine tiefenlose, verschwommene Fläche, dessen Farbe ich nicht einmal richtig bestimmen konnte. Auch mein Gehörsinn ließ zu wünschen übrig; entweder war es hier, wo auch immer ich war, sehr still, oder ich hörte einfach nichts. Alles, was ich noch feststellen konnte, war, dass ich auf dem Rücken lag.
"Ich...bin tot,...oder?", fragte ich einfach so in den Raum, wobei meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern war, weil mein Mund und Rachen komplett ausgetrocknet zu sein schienen.
Unerwartet beugte sich ein Schatten in mein Blickfeld, den ich nicht identifizieren konnte, bis er sprach.
"Nein, aber diesmal war es mehr als nur knapp.", antwortete Selene erleichtert und sogleich spürte ich die Berührung von Glas an meinen Lippen.
Ich schaffte es meinen Mund einen Spalt breit zu öffnen, woraufhin kühles Wasser in meinen Mund sickerte und zumindest einen Teil meiner Stimme wieder brauchbar machte. Auch meine Sicht begann schärfer zu werden, bis ich Selene und meine Umgebung klar erkennen konnte. Wie beim letzten Mal als ich schwer verwundet gewesen war, lag ich auf dem Sofa in der schäbigen Wohnung.
Selene saß neben mir auf dem Hocker, auf welchem Rina damals gesessen hatte und schaute zu mir herunter, sodass ihre offenen, schwarzen Haare nur wenige Zentimeter über mir hingen. Ihr Gesicht wies einige Pflaster auf und ihren Hals bedeckte ein Verband. Die restlichen Verletzungen lagen unter einem violetten Bademantel verborgen.
"Aber...wie...?", krächzte ich ungläubig.
Selene lächelte. "Deine drei Schützlinge haben uns gefunden, aber ohne ein wenig Glück wäre da nichts zu finden gewesen, außer zwei unerkennbaren Leichen."
Ich ließ meinen fragenden Blick für mich sprechen.
"Zwei Balken von der Decke sind wohl neben uns in einem "X" gelandet, sodass eine Art Bogen über uns entstanden ist, der die schwersten Teile des Schutts abgefangen hat.", erklärte sie und ihre Stimme bekam dann einen traurigen Unterton. "Trotzdem sind einige glühende Holzscheite auf deinen Rücken gekommen und haben leichte Verbrennungen hinterlassen."
"Das...ist in Ordnung,...solange du lebst...", entgegnete ich und hatte das Bedürfnis zu lachen, doch ich brachte nur ein Husten hervor, gefolgt von einem schmerzerfüllten Stöhnen.
Nur Minuten später kam Rina mit den Jungs ins Zimmer und als sie sahen, dass ich wach war, füllten sich ihre Gesichter mit Erleichterung. Sogleich waren alle um mich herum versammelt.
"Machen Sie uns nie wieder solche Angst, Inoue-sensei.", sagte Akito und Sorge mischte sich in seine Züge.
"Und gehen Sie nicht noch einmal so ein Risiko ein.", mahnte Rina streng. "Hätten wir Sie nicht gefunden und mit Hilfe eines Arztes aus Occidenta versorgt, wären Sie jetzt tot."
"Wie kam es überhaupt dazu, dass die Villa angefangen hat zu brennen?", fragte Diego.
"Eisenfaust wollte meine Vergangenheit...gegen mich verwenden...und hat das...Feuer gelegt.", erzählte ich und lächelte entschuldigend.
Es erstaunte mich wie leicht dieses Lächeln von meinen Lippen gegangen war. Eigentlich hatte ich erwartet, dass ich erst wieder lernen müsste wie das ging, doch es stellte sich als ziemlich einfach heraus.
"Sie können also doch lächeln.", merkte Akito freudig an und grinste breit.
"Steht dir viel mehr.", schloss sich Selene an.
Eine plötzliche Pause entstand.
"Kanami...Inoue.", sagte ich dann ohne Vorwarnung in einem ruhigen Tonfall; es war aber nicht meine kalt-ruhige Stimme, sondern eine sich sanfter anhörende.
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The Story of a White Wolf |✓|
AdventureDie Vergangenheit eines Mörders. ♔️ Die Geschichte eines Soldaten. ♚️ Das Schicksal eines Wolfes. Unteroffizier Inoue (33), ein tot geglaubter Auftragskiller mit dem Spitznamen "Weißer Wolf ", bekommt eines Tages er...