Ich öffnete die Augen und starrte die steinerne Decke über mir an, um meine Gedanken erst wieder zu ordnen und dann die wegzusperren, die meine Vergangenheit wieder zur Realität werden ließen.
Mein Herz pochte, wie nach einem Marathon, dabei hatte ich nur wieder einen Alptraum gehabt. Ich atmete leise, aber schnell.
Langsam ließ der Schock nach, sodass ich mich auf das Hier und Jetzt fokussieren konnte. Die Dunkelheit in meinem Kopf verzog sich wieder dort hin, wo sie hergekommen war, wobei ich wusste, dass sie nur darauf wartete, bis ich wieder ins Bett ging, um mich erneut foltern zu können.
Mit einem Ruck setzte ich mich auf meinem Schlafplatz auf, der eigentlich nichts mehr war, als ein altes, auf drei Felsen liegendes und mit Gras gepolstertes Brett. Die Decke und das Kissen ersetzte mein Wintermantel, den ich momentan nicht wirklich brauchte, da es Sommer war.
Normalerweise hätte ich einen Schlafsack gehabt, aber meiner war mit dem alten Lager von den Feinden verbrannt worden.
Leise seufzend drehte ich mich zur Brettkante und schlüpfte in meine dunklen Stahlkappenstiefel, in welche ich dann noch die Enden meiner khaki-grünen Hose schob.
Kurz vor dem Aufstehen saß ich noch so da mit den Ellenbogen auf die Oberschenkel gestützt und starrte matt auf die kleinen Risse im Lehmboden.
Das Gefühl der Leere drohte mich wieder zu überkommen, doch ich verdrängte es mit einem Kopfschütteln.
Meine linke Hand wanderte in die Nähe meines Ohrs der selben Seite und strich dort über die drei dunklen Perlen, die einen ganz kleinen Zopf bildeten. Das war eines der letzten Überbleibsel meiner Vergangenheit und gab mir jedes Mal Kraft in schweren oder einsamen Situationen, wobei ich selbst nicht genau wusste, weshalb. Vermutlich erinnerte mich dieser Zopf aber daran, dass ich schon schwerere Zeiten hinter mir hatte und ich mich darum nicht von solchen Kleinigkeiten ablenken lassen sollte.
So hievte ich mich widerwillig von meinem Schlafplatz hoch und griff mir beim Hinausgehen aus der Höhle, in der ich momentan unterkam einen Teller mit Löffel und meine Jacke, welche farblich zur Hose passte.
Der Ausgang der Höhle war so gelegen, dass man draußen direkt rechts abbiegen musste, um zum Rest des Lagers über einen kleinen Trampelpfad zu kommen.
Die Höhle selbst lag in einem Felsen, auf dem ein getarnter Scheinwerfer platziert war. Direkt gegenüber von hier befand sich ein zweiter Fels mit der selben Konstruktion. Den Strom bezogen die Scheinwerfer aus den Batterien der drei Jeeps etwas abseits und wurden selbst nur im Notfall nachts eingesetzt; ein feindlicher Angriff im Schutz der Dunkelheit zählte als solch ein Notfall.
Ins Gesamt waren hier an die hundert-fünfzig Leute, also bildeten wir eine Kompanie*.
Meine Kameraden schliefen in mehreren größeren Zelten, die mit Gewächs aus der Umgebung getarnt waren, aber das waren alle anderen Zelte hier auch. Dazu zählten: das Versammlungszelt, in welchem taktische Besprechungen der höher gestellten Befehlshaber stattfanden, die Küche (das erklärt sich von selbst) und das Lazarett - das Sanitätszelt - für die Kranken und Verwundeten.
Das Lager selbst war in einer Senke gelegen und wurde hinter den Zelten, sowie auch am Rand von einem Wäldchen geschützt. Südlich, also bei meinem Unterschlupf, bildete ein kleiner Bach die Grenze.
Das uns umgebene Terrain bestand aus grünem, kurzen Gras und hin und wieder einigen Bäumen. Da das Ganze hier sich nördlich im Land befand, stiegen die Temperaturen nie höher als zwanzig Grad Celsius und der Winter kam früh.
Mit den behandschuhten Händen in den Hosentaschen lief ich durch die Menge ihr Mahl beendender Soldaten zur Küche. Gegessen wurde nämlich immer draußen im Gras vor dem Zelt.
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The Story of a White Wolf |✓|
AventureDie Vergangenheit eines Mörders. ♔️ Die Geschichte eines Soldaten. ♚️ Das Schicksal eines Wolfes. Unteroffizier Inoue (33), ein tot geglaubter Auftragskiller mit dem Spitznamen "Weißer Wolf ", bekommt eines Tages er...