ARC 4 - ENTRY 25

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"Guten Morgen.", schnurrte Selene mir am nächsten Morgen zart ins Ohr und weckte mich auf.

Als ich verschlafen die Augen aufschlug, blickte ich direkt in ihr wunderschönes, ebenfalls noch von einem guten Schlaf gekennzeichnetes Gesicht, in das einige ihrer schwarzen Strähnen hingen.

Wir lagen Seite an Seite und genossen die Nähe des jeweils Anderen. Ich spürte ihren Herzschlag durch meine Haut; als würde ihr Herz nach meinem rufen.

"Morgen.", murrte ich amüsiert und brachte ein müdes Lächeln zustande.

"Du siehst ausgeruht aus.", stellte sie warm fest und setzte sich auf.

Ich gähnte. "Das bin ich auch. Die erste Nacht seit Langem ohne Alpträume und ohne dass ich aufgewacht bin."

Selene seufzte. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nichts mehr im Kühlschrank haben. Wollen wir in einem Café frühstücken und dann einkaufen?"

Nun richtete ich mich auch auf und ließ mir den Vorschlag kurz durch den Kopf gehen. Geld war für mich kein Problem mehr und es klang auf jeden Fall verlockend. "Einverstanden."

Wir standen auf und ich hatte über die Nacht vollkommen meine Wunden verdrängt, weshalb ich auch überrascht vor Schmerz knurrte, als ich mich gewohnheitsmäßig streckte. Selene holte mir sogleich einen Verband, den sie mir als weite Schlaufe um den Hals hing, wo ich dann meinen gebrochenen Arm hineinlegte.

"Das soll dich daran erinnern, dass du verletzt bist.", erklärte sie.

Ich lächelte diese Geste zu schätzen wissend und zog die Jalousien in dem Zimmer hoch, wurde aber kurz von grellem Licht geblendet.

"Alles ist voller Schnee!", rief Selene freudig aus und ihr strahlendes Gesicht erinnerte mich an ein kleines, aufgeregtes Kind.

"Es muss wohl die ganze Nacht geschneit haben.", meinte ich, nachdem sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten.

"Das erste Mal in fünf Jahren, dass ich so viel Schnee sehe.", seufzte sie. "In Occidenta hat es nicht oft geschneit."

"Ziehen wir uns um.", schlug ich vor und tappte die verbliebene Müdigkeit wegblinzelnd ins Wohnzimmer zu unseren Sachen.

Selene folgte mir aufgeregt und begutachtete entzückt den Schnee auf dem Balkon, während ich anfing mein Outfit zusammenzustellen. 

Da ich nicht wirklich mehr hatte, als meine Uniform und noch einige andere, wenige Klamotten, zog ich untenrum einfach die Winterhose mit dem grau-weißen Camouflage und die Winterstiefel des Militärs an. Beim Oberteil entschied ich mich für das schlichte, blaue, welches ich auch bei Akitos erstem Besuch hier getragen hatte; Selene half mir, es anzuziehen. Zuletzt schlüpfte ich noch in die ebenfalls militärische Winterjacke, den Schal, den mir meine drei Schützlinge zum Geburtstag geschenkt hatten und meine vertrauten, schwarzen Handschuhe. Da mein linker Arm ja in der Schlaufe hing, konnte ich ihn nicht in den Ärmel stecken, weshalb der linke Ärmel auch leer war und meine Brust ziemlich groß wirkte.

Selene trug nun einen dunkelvioletten Pullover mit einem Pfau darauf und eine schwarze Strumpfhose, über welche sie gerade noch eine dunkelblaue Jeans zog. Neben ihr auf dem Boden lagen noch schwarze Winterstiefel, eine graue, dicke Jacke, ein roter Schal, eine schwarze Mütze und ebenfalls schwarze Handschuhe, die aber etwas dicker waren, als meine.

Nur fünf Minuten später standen wir an der Eingangstür und prüften, ob wir alles Wichtige dabei hatten.

"Von mir aus können wir los.", bedeutete ich ihr dann.

Sie nickte zuversichtlich und wir gingen los. Draußen vergrub ich mein Gesicht direkt bis zur Nase in dem Schal, weil die Luft noch kühler war, als erwartet. Neben Selene fühlte ich mich wie ein aufpassender Vater oder großer Bruder, weil sie freudig quiekend durch den knirschenden Schnee stapfte und ständig Atemwolken in die kalte Luft pustete.

The Story of a White Wolf |✓|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt