Benommen schlug ich die Augen auf. Ich versuchte, die Person vor mir zu identifizieren, doch ich konnte meine Augen nicht scharf stellen. Das Licht blendete grell. Die Schemen vor mir bewegten sich. Vielleicht sprach diese Person auch mit mir. Verstehen konnte ich aber nichts.
Ich versuchte, mir meine Augen zu reiben. Sie dazu zu bringen, richtig zu funktionieren. Doch ein stechender Schmerz zog sich durch meinen Arm, der sich dann auf meinen ganzen Körper ausbreitete. Es fühlte sich an wie eine lange Nadel, die in mir steckte.
Der Schmerz machte mich müde. So müde, dass ich einfach einschlief.
,,Celice? Bist du wach?", ertönte eine Stimme irgendwann. Olivia. Sie legte ihre Hand auf meinen Unterarm und rüttelte mich sanft.
Ich öffnete die Augen und war kurz überrascht, dass ich sie klar erkennen konnte. Ein Blick auf meinen Arm verriet mir, dass mir eine Kanüle gelegt wurde. Man hatte mir wahrscheinlich starke Beruhigungsmittel gegeben.
,,Deine Tante wollte mir nicht erzählen, was passiert ist. Würdest du es mir erklären?", fragte sie nun und musterte mich besorgt. Ihr schien die Situation wirklich nahe zu gehen.
Olivia hatte sich in den letzten Wochen als eine wahre Freundin herausgestellt und war an meiner Seite, obwohl sie nicht einmal wusste was mit mir nicht stimmte. Ich atmete tief durch und nickte dann als Antwort.
,,Vor zwei Jahren hatten meine Eltern und ich einen schweren Autounfall. Sie haben es leider nicht überlebt." An dieser Stelle stoppte ich kurz, um meinen Kloß im Hals zu lösen. Das war schließlich das erste Mal, dass ich jemandem von meinem Unfall erzählte.
,,Mein Gehirn erlitt bei meinem Aufprall schwere Schäden, sodass ich ins künstliche Koma versetzt werden musste. Als ich Monate später aufgewacht bin, wusste ich gar nichts mehr. Ich war bis kurz vor meiner Einschulung noch in Therapie, wo man mir wieder Sprechen, Laufen und andere Dinge beigebracht hat. Inzwischen kriege ich vieles ohne Probleme hin, aber ab und zu habe ich ganz wackelige Beine und mir fällt es schwer, mein Gleichgewicht zu halten. Dann stürze ich und es kommt diese Panik in mir hoch, dass ich wieder alles vergesse und ich nochmal von vorne anfangen muss."
Ich umklammerte meinen Oberkörper und schaute auf meine Beine, während ich mit zittriger Stimme weiterredete.
,,Kannst du dir vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man die eigenen Eltern vergessen hat? Seine ganzen Erinnerungen? Oder selbst den eigenen Namen?"
Olivia schüttelte nur den Kopf. In ihren Augen sammelten sich die Tränen, während sie mein Bein streichelte.
,,Man fühlt sich einfach unfassbar leer. Und fremd. Fremd im eigenen Körper."
,,Das tut mir so unglaublich leid, Celice. Ich hatte ja keine Ahnung..", hauchte sie und griff nach einem Taschentuch, um sich die Tränen wegzuwischen.
,,Ich wollte es auch erst nicht erzählen. Ich möchte einfach nicht nur auf meinen Unfall reduziert und deswegen anders behandelt werden. Aber manchmal sind da diese Momente, wo alles wieder hoch kommt. Sei es die Angst vor dem Vergessen oder eine Erinnerung, die plötzlich zurück kommt."
Dann war Stille. Ich atmete noch einmal tief durch und spürte, dass ich irgendwie.. erleichtert war. Es war richtig, Olivia davon zu erzählen, denn jetzt fühlte ich mich noch mehr mit ihr verbunden.
,,Warte mal kurz, kommt Jonah zufälligerweise in diesen Erinnerungen vor? Vielleicht kennt er dich von früher und hat dich deswegen rausgeworfen", meinte sie schließlich nach einer langen Denkpause.
,,Daran habe ich auch schon gedacht, doch ich finde nichts zu ihm in meinen alten Tagebüchern und gemeinsame Fotos gibt es auch nicht. Ich glaube nicht, dass ich ihn gekannt habe. Außerdem kann man so jemanden wie Jonah Marais nicht einfach vergessen", fügte ich noch hinzu um die Stimmung ein wenig aufzulockern.
,,Daniel Seavey genauso wenig", antwortete sie und schenkte mir ein kleines Lächeln.
Sie lächelte wieder.
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D a n i e l
,,Ich glaub's ja nicht. Die lügt wie gedruckt!", rief Jonah verärgert, als ich durch die Tür reinkam. ,,Sie kennt mich also nicht? Meine Fresse, ich war in ihr. Ich kenne sie von innen!"
Woah, Jonah schien wirklich ziemlich verärgert zu sein. Details über sein Liebesleben kamen von ihm normalerweise erst ab 3 Uhr morgens oder mehr als einer Flasche Mountain Dew.
Ich räusperte mich. ,,Was ist hier los?"
,,Das ist los", murmelte Jack und reichte mir sein Handy, um mir ein Video auf Twitter zu zeigen. Es war Celice, die offensichtlich belästigt wurde und abstritt, Jonah zu kennen.
,,Ist das zu fassen, Daniel?", fragte Jonah empört. ,,Sie lügt diesem Mädchen einfach ins Gesicht. Hat sie überhaupt kein Schamgefühl?!"
,,Naja, also..", setzte ich an, wurde dann aber von Jonah durch eine neue Schimpftirade unterbrochen. ..Celice war wahrscheinlich überhaupt nicht vorbereitet darauf, im Supermarkt geschweige denn in der Öffentlichkeit in Bezug auf dich angesprochen zu werden. Sie sieht einfach nur überfordert aus und nicht wie jemand, der lügt. Auch beim Konzert hatte ich nicht das Gefühl, dass sie gelogen hat. Und das Gespräch im Krankenhaus war auch einfach nur merkwürdig, beendete ich meinen Satz innerlich und hörte ihm weiter dabei zu, wie er Celice als "blökendes Lama" bezeichnete.
Irgendetwas stimmte nicht. Und da Jonah einfach zu gekränkt war, um der Sache auf den Grund zu gehen, musste ich die Sache wohl übernehmen. Ich nahm mir für später vor, über Celice zu recherchieren und sie vielleicht auch zu kontaktieren.
Als Jonah sich nach einigen Minuten endlich abreagiert hatte, ergriff ich auch mal das Wort.
,,Corbyn geht es übrigens gut."
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Aloha!
Sorry, dass es ein relativ kurzes Kapitel geworden ist. Ich komme leider immer nur abends zum Schreiben, sodass die Kapitel erst spät kommen. Aber dann habt ihr beim Frühstücken was zu lesen :)
Ich möchte übrigens, wenn ich mit Vergiss mich irgendwann fertig bin, Geschichten über Zach und Daniel schreiben (zu Jack und Corbyn ist mir bis jetzt noch nichts eingefallen :D). Habt ihr schöne Namen parat, die ich für die Mädchen benutzen kann? ❤
Bis ganz bald, eure Anna 🌌
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Vergiss mich. | Jonah Marais
FanfictionDiagnose: Retrograde Amnesie. Nach einem Autounfall kann sich Celice an nichts erinnern, was davor einmal gewesen ist. Mit einer Gedächtnislücke von 15 einhalb Jahren versucht sie ihren Alltag als Teenagerin zu meistern und hat dabei eine Band für s...