Der Kampflärm schwillt unangenehm in meinen Ohren an. Scheppern. Klappern. Für einen kurzen Moment sammle ich mich. Alle Hintergedanken, Geräusche und andere Ablenkungen blende ich aus. Das einzige, was ich höre, ist mein eigener Herzschlag. Und die einzigen beiden Dinge, die in meinem Kopf vorgehen, sind der Kampf und Jonathan. Ich habe ihn so oft aus meinem Kopf verbannt, da er mich abgelenkt hat, doch jetzt hilft mir die Erinnerung an ihn, mich zu konzentrieren. Für ihn zu kämpfen. Ich fokussiere mich auf die feindlichen Soldaten, die beängstigend schnell näher kommen. Ich spanne meinen Bogen und ziele auf einen Fleck am Unterleib einer jungen Frau, da die Rüstung an dieser Stelle nicht ganz so ausgeprägt war, wie am Rest des Körpers. Nur einen Augenblick später fällt sie vom Pferd. Da sich ihr Fuß in dem Steigbügel verhakt hat, wird sie noch mehrere Meter weit über den Boden gezogen und irritiert andere Reiter. Viele Pferde brechen zusammen und ziehen weitere Tode nach sich, da wieder Andere über jene gefallenen Tiere stolpern. Doch auch von unseren Kriegern sterben einige. Die Reihe, die mit den Schilden die Körper unserer Pferde beschützen sollte, weist Lücken auf. Häufig fehlen auch die ursprünglich dahinter platzierten Krieger, also ist es sehr wahrscheinlich, dass jene von ihrem Pferd gestürzt sind und dabei andere mit in den Tod gerissen haben. Gerade will ich Thilia antreiben, als sie stolpert und niederfällt. Ein Pfeil ragt zwischen ihren Augen hervor. Schock durchströmt mich.
„Thilia, nein, bitte nicht, tu mir das nicht an", murmele ich leise. Die Augen meines geliebten Pferdes aber haben schon sämtlichen Glanz verloren. Ich spüre, wie Tränen sich den Weg durch meine Tränenkanäle nach oben bahnen, doch ich blinzele sie entschlossen weg. Das ist nicht der Moment, um emotional zu werden. Ich drehe mich um, ohne noch einmal einen Blick auf Thilia zu werfen.
Ich schieße noch so viele Pfeile wie möglich ab, bevor Anor uns zu nahe ist und ich in den Nahkampf übergehen muss. Mit einer raschen Handbewegung stecke ich den Bogen zurück in den Köcher und ziehe zwei Kurzschwerter. Trotz der Schwertkampfübungen würde mein Arm von einem normalen Schwert nach stundenlangem Kämpfen zu schnell müde werden. Die Kurzschwerter allerdings waren schnell, ließen sich zu zweit benutzen, sodass man effektiver arbeiten konnten und waren im Nahkampf kombiniert mit guten Taktiken nicht weniger tödlich als andere Schwerter.
Und es gibt eine weitere Sache an diesen Waffen, die wahrscheinlich nur ich liebe und alle anderen als leichtsinnig beschreiben würden. Man konnte unglaublich gut mit ihnen angeben. Aufgrund der Wendigkeit waren sie leicht in der Hand so hin und herzuschwingen, dass man dabei professionell aussah und gleichzeitig drei Kriegern die Kehle aufschlitzte. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, dieses eine Mal, wo es kein Training war, sondern ernst, auch angemessen zu kämpfen. Was soll man sagen- an die fünf Sekunden hatte ich mich tatsächlich daran gehalten.
Ein Stoß in den Rücken raubt mir den Atem. Als ich mich umdrehe, erkenne ich Andun. Wahllos stößt er sein Schwert in die Luft, das mit einem scheppernden Klirren die Rüstung seines Gegners streift. Schock durchfließt mich während ich ihm zusehe. Andun streng sich nicht an. Nicht ein kleines bisschen. Die Kinder, die zu Hause in den Bunkern warten, könnten besser kämpfen.
Blut. Der strenge Geruch tritt in meine Nase. Als ich sehe, wie Andun sich den Arm hält, kann ich mich endlich aus meiner Schockstarre lösen. Ich schieße einen Pfeil in Richtung des Menschen ab. Ein weiterer Toter. Andun dreht sich zu mir um. Blut rinnt über seine Hände. Sein Schwert, das er instinktiv hat fallen lassen, glitzert im Gras. Für eine einzige Sekunde sind wir beide abgelenkt. Und wie lernt man das so schön? Schon diese eine einzige Sekunde kann zu viel sein.
Andun und ich sind von Kriegern umringt. Schwerter. Kurzschwerter. Dolche. Ich weiß nicht, wohin ich schauen soll. Ich werfe eines meiner Kurzschwerter und schaffe es, sie so zu werfen, dass zwei Menschen die Kehle aufgeschlitzt wird. Sie sinken Blut hustend auf den Boden. Eine andere geht in die Offensive. Ich pariere. Offensive. Parade. So geht das eine ganze Weile. Doch dann wendet sich das Blatt. Ich schaffe es, ihren Schwertarm zu ergreifen. Ich verdrehe ihn so, dass sich die Schwertspitze auf ihr Herz richtet. Ich steche zu.

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Die Chroniken der Elbentochter
FantastikMiril und Peregrine galoppieren. Egal, wie schnell sie sind, jederzeit sind sie in Gefahr, entdeckt zu werden. König Laos würde alles daran setzen, diese beiden zu finden. Miril, da sie eine Elbin ist, gegen die er im Krieg steht. Peregrine, weil e...