Nach der Rede des Präsidenten fahren wir mitsamt der Pferde ins Trainingscenter. Hier warten unsere Stylisten, Mentoren und Betreuer auf uns, um dann gemeinsam auf's Apartment zu gehen. Ich rümpfe die Nase, als ich Myas finstere Miene sehe, aber selbst sie kann meine Laune jetzt nicht trügen. Ich lächele sie arrogant an, dann kommt unser Wagen zum stehen. Clarisse reißt mich förmlich hinunter. "Was habt ihr euch dabei gedacht?", fragt sie schrill. Samson sieht enttäuscht von Toby zu mir. "Ja, was sollte das?" Ich löse die lockeren Klammern aus meiner Frisur und schüttele mein Haar. "Kommt schon, die Leute fanden es großartig", sage ich strahlend. Meine Wangen glühen. "Wir hatten es anders besprochen", sagt Shane zögerlich, aber ich sehe ihm an, dass ihn unsere Aktion beeindruckt hat. Ich schaue zu Toby, aber er blickt schweigend zu Boden. Ich schlucke. "Wir haben Eindruck hinterlassen", verteidige ich uns. "Ja, aber nicht den, der geplant war", sagt Clarisse kopfschüttelnd. Sie sieht traurig und enttäuscht aus, ihre dunklen Augen sind nach innen gerichtet. Sie fasst meine Hand und blickt mir eindringlich ins Gesicht. "Sky, verstehst du denn nicht, dass der ganze Plan, den wir hatten, jetzt hinüber ist? Wir können das vergessen. Und das nur, weil du es nicht aushalten kannst, zwei Minuten nicht im Mittelpunkt zu stehen, nur weil du nicht klein beigeben kannst." Ich entziehe mich ruckartig ihrem Griff und blitze sie wütend an. "Immer geschmeidig bleiben", sagt Shane, und bevor ich um mich schlagen kann, hält er meine Arme fest. "Wir waren nicht einverstanden mit dem Plan, Clarisse", wüte ich. "Ihr wolltet die Sache so durchziehen, Toby und ich wurden doch gar nicht berücksichtigt! Und warum ist es meine Schuld? Er war ebenso daran beteiligt wie ich!" Das Glücksgefühl von eben ist wie weggewischt und hinterlässt eine kochend heiße Wut. Ich spüre die Blicke anderer Tribute auf mir ruhen. Kein Wunder, wenn wir streiten! "Das stimmt nicht", sagt Toby ruhig. Ich starre ihn fassungslos an. "Toby!" Vor Wut stampfe ich mit dem Fuß auf und Clarisse und Samson zucken zurück. Mya verengt die Augen zu glitzernden Schlitzen und verschränkt die Arme vor der Brust und Shane verhärtet seinen Griff so, dass es schmerzt. Ich sage nichts. "Du hast mich gezwungen, das zu tun", sagt Toby mir direkt ins Gesicht. Seine Stimme ist ruhig und klar, ohne Wut, Spott oder Sarksamus. "Er lügt!", schreie ich. "Nimm dich zusammen!", herrscht Mya mich an. Ich erinnere mich an das gruselige Gespräch heute morgen und verspüre nur noch mehr Wut. Sie will, dass ich sterbe. Eine Mentorin kann nicht so ignorant und fies sein, wenn sie will, dass ihr Tribut überlebt. "Er lügt!", kreische ich wieder. "Stimmt das?", fragt Shanes bärige Stimme hinter mir. "Nein." Toby schüttelt den Kopf. "Sky hat mich gezwungen." Jetzt meidet er es, mich anzusehen. Ich bebe vor Wut. "Du bist so ein Feigling", zische ich ihn an. "Morgen beim Training mache ich dich fertig, du Miststück." "Sky!", ruft Mya streng und packt mich im Nacken. Shane lässt meine Arme so schnell los, als hätte er sich daran verbrannt und Mya zieht mich hinter sich her zum Aufzug. "Was fällt dir ein, so auszuarten?" Energisch drückt sie auf die 1. Ich verschränke trotzig die Arme vor der Brust. Die Türen schließen sich kaum hörbar. "Sky Hunter, rede mit mir!" Ich höre die Warnung in ihrem Ton. Widerwillig hole ich Luft. "Ich habe ihn nicht gezwungen, Mya! Toby ist einfach nur zu feige, Widerstand zu leisten." "Ich weiß", sagt Mya. Ich fahre überrascht umher. Wir sind im ersten Stock angekommen; die Türen gehen auf. Eilig geht Mya den Flur hinauf und ich hechte hinterher. "Was meinst du damit?", frage ich und greife nach ihrem Arm. Sie bleibt so abrupt stehen, dass ich beinahe in sie hineinrenne. "Ich glaube dir", sagt sie ruhig. "Warum bist du dann gegen mich?", frage ich entrüstet. Ist das ein schlechter Traum oder werde ich gerade wirklich versetzt? Ich verstehe die Welt nicht mehr. "Ich glaube, Toby hat Angst", sagt Mya. Zum ersten Mal sieht sie mir ohne jegliche Feindseligkeit ins Gesicht. Meine Muskeln entspannen sich. "Angst?" Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Wieso sollte er Angst haben? Und vor wem? "Vor was fürchtet er sich denn?", will ich wissen. Mya stößt die angehaltene Luft aus. "Vor dir." Ich lache auf. Das ist ja wohl der schlechteste Witz, den... - ihr Gesicht bleibt ernst und mein Lachen erstickt. "Aber was mache ich denn?", sage ich gepresst. "Du bist da", erwidert Mya. "Da?" Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe. Es ist schwer, ihr zu folgen. "Ja, Sky. Du bist so present und du hast solch eine Größe und solch ein... Temperament, dass er neben dir förmlich untergeht", erwidert sie eindringlich. Ich ziehe scharf die Luft ein. "Ich will ihm doch keine Angst machen. Wir sind schließlich Verbündete." Ich sehe Mya lange an. "Und überhaupt", werfe ich ein, "was soll das? Heute morgen hast du noch an mir gezweifelt und jetzt stellst du mich als große Persönlichkeit hin?" Mya schließt die Augen, die perlmuttfarbenen Lider zittern leicht. Ich warte schweigend. "Sky", sagt sie schließlich. "Ich zweifle an allem. Ich zweifle an jedem Sieger, sogar an mir selbst." "Warum?", bricht es aus mir hervor. Ich halte erschrocken eine Hand vor den Mund. Ich sollte nicht so forsch sein. Mya lächelt dünn, dann antwortet sie:"Ich glaube, wir machen einen Fehler. Das Kapitol hält uns klein, um seine Macht zu demonstrieren, und wir trainieren unsere Kinder zu Karrieros, um dabei auch noch zu helfen. Siehst du nicht, wie hirnlos das ist?" Ich denke eine Weile darüber nach. Nein, sage ich dann bei mir. So ist das nicht. Das kann so nicht sein. Wir helfen dem Kapitol nicht, Macht an uns auszuüben, wir helfen unseren Distrikten, stolz zu sein. Wir machen das beste daraus. "Tut mir leid, so bin ich erzogen worden", entgegne ich ihr kühl. Mya presst die Lippen aufeinander. "Deshalb zweifle ich an dir, Sky. Ich glaube nicht, dass du schwach bist, nein. Ich glaube sogar, dass du ziemlich weit kommen wirst, weiter als Toby. Aber ich denke, dass du etwas falsches tust. Du gehst in die falsche Richtung." Ich sehe auf meine perfekten, ovalen Fingernägel mit dem schwarzen Lack meines Vorbereitungsteams, dann wippe ich auf den Zehenspitzen auf und ab. "Danke, dass du.. na ja, dass du normal mit dir geredet hast", murmele ich schließlich. Ich kann meine Richtung jetzt nicht mehr ändern, und ich will es auch nicht, weil sie in meinen Augen die Richtige ist. "Vielleicht finde ich dich jetzt nicht mehr ganz so abscheulich", füge ich hinzu und blecke die Zähne. Mya lacht matt auf. "Bis gleich, Sky."
Beim Essen herrscht eine angespannte Stimmung. Keiner traut sich recht, was zu sagen und ehrlich gesagt, das ist auch gut so. Ich muss viel nachdenken. Als ich eben geduscht habe, war ich immer noch ziemlich wütend auf Toby, aber jetzt, wo alle so niedergeschlagen da sitzen, habe ich beinahe ein schlechtes Gewissen. Ich bereue nicht, dass ich mich den Zuschauern gezeigt habe, aber vielleicht tut es mir leid, dass ich Clarisse' und Samsons Plan zerstört habe. Nicht nur das, ich habe sie auch noch schlecht hingestellt. Ich nage an meiner Unterlippe und starre auf das Brötchen in meinen Händen, das ich gedankenverloren in meine Gulaschsuppe tunke. Na ja, was Toby anbelangt, glaube ich, ihn jetzt ein wenig zu durchschauen. Es macht sogar alles mehr Sinn als vorher, denn nachdem Mya meinte, er hätte Angst und wirke verloren neben mir, habe ich mir ein paar Gedanken gemacht. Was, wenn Toby uns mit den wechselnden Stimmungen gar nicht verwirren will, sondern einfach nicht weiß, wie er sich darstellen soll? Bis jetzt war er angriffslustig - bei der Ernte - charmant und humorvoll - im Zug - verschlossen und unfreundlich - gestern beim essen - jubelnd und triumphierend - bei der Eröffnungsfeier - und sogar gemein und feige. Vielleicht weiß er wirklich nicht, wie er es anstellen soll. Wenn sogar Mya sagt, dass ich beeindruckend stark und groß wirke, dann muss das für jemanden, der so unsicher ist, echt bedrückend sein. Vielleicht hat er mir auch deswegen die Schuld an ellem gegeben: damit ich mies und klein dastehe, damit er der gute ist. Ich verziehe grimmig das Gesicht. Tja, Fehlschlag. Damit kommt er bei mir nicht weit. Aber trotzdem, ich kann mir nicht helfen, ich fühle mich geschmeichelt. Irgendwie noch sicherer als vorher.
Später, als wir auf unser Zimmer gehen, schlurft er direkt neben mir. Ich hebe arrogant den Kopf und verschnellere meine Schritte. Toby eilt mir hinterher, sagt aber nichts. Gerade, als ich die Tür zu meinem Zimmer öffne, fasst er meinen Arm. Ich drehe mich blitzschnell um und er lässt mich wieder los. "Es.." Er kratzt sich am Hinterkopf. "Wegen eben. Das, äh, tut mir leid", stammelt er. Ich drehe mich um und knalle die Tür hinter mir zu. Heiße Wellen der Wut schießen durch meinen Körper. Glaubt er ernsthaft, damit kommt er durch? Ich hätte am liebsten laut aufgelacht, aber ich presse meine Lippen zu einer dünnen Linie und lasse ihn im Flur stehen. Soll er mir doch vom Leib bleiben.
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Kleines Kapitel vor dem ersten Trainingstag. ♥ Was sagt ihr? :)
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mörderisches Vergnügen - Die Tribute von Panem FF
FanficDistrikt eins. Ein Distrikt voller Reichtümer, voller Potential und vor allem voller mordlüsterner Jugendlicher, die alles dafür tun würden, der schnellste Freiwillige zu sein, um die alljährlichen Hungerspiele zu gewinnen. Eine von ihnen ist Sky Hu...