Es war das erste Mal, dass ich ihre Stimmen hörte und ich hoffte es wäre das letzte Mal. Sie redeten undeutlich und doch verlor ich Wort für Wort meine Hoffnung hier wieder lebend heraus zu kommen.
„Wirst du sie töten, wenn sie nicht mit dir spricht?“
„Sie wird sprechen.“
„Und wenn sie nichts weiß, Alec?“
„Dann tut sie es ihrem verdammten Vater gleich, aber vorher kann ich ja noch ein bisschen Spaß mit ihr haben“ ein dreckiges Lachen folgte.
„Ist das dein Ernst?“
„Ach komm, Harry… schau dir die Kleine doch mal an. Du kannst sie von mir aus auch Mal durchnehmen“
Es herrschte wieder Stille. Ich ging das Gespräch nochmal Satz für Satz in meinem Kopf durch.
„…sie wird sprechen…“
„…dann tut sie es ihrem verdammten Vater gleich… „
„… vorher kann ich ja noch ein bisschen Spaß mit ihr haben…“
„…du kannst sie von mir aus auch Mal durchnehmen…“
Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass das Fahrzeug indem ich mich befand zum Stillstand kam. Erst als wieder Licht in den Kofferraum fiel wurde mir bewusst was sie gesagt hatten. Ich drehte mich um und für einen kurzen Moment blendete mich die Sonne, dann erkannt ich die Umrisse einer männliche Gestalt. Regungslos starrten wir uns an. Er betrachtet mich von oben bis unten, aber er verharrte in seiner Position. Wie in Trance sprang ich plötzlich aus dem Kofferraum und fing an zu laufen. Ich lief und lief, immer schneller, ohne mich auch nur einem umzudrehen. Ich war wie in einem Rausch, ich wusste weder wo ich war noch wohin ich laufen würde. Eine Sache war mir jedoch klar, egal wo ich gerade hin rannte, ich musste einfach so weit weg von hier wie möglich. Langsam tauchten laute Schreie hinter mir auf. Ich bog schnell in eine Seitenstraße. Die Schreie wurden immer lauter und meine Schritte wurden immer schneller, bis sich schlagartig zu Boden fiel. Ein Schuss war gefallen. Alles was ich sah war eine große Menge Blut, die anfing sich unter mir zu verteilte. Nach wenigen Sekunden erkannte ich zwei Gestalten auf mich zukommen. In der Hand von diesem Alec erkannte ich nun eine Waffe, doch bevor ich nur ansatzweise reagieren konnte wurde plötzlich alles schwarz.
- Zeitsprung –
…vorsichtig schlug ich meine müden Augen auf. Noch bevor ich sie ganz geöffnet hatte, fühlte ich eine schrecklichen Schmerz durch mein linkes Bein zucken. Ich war kaum in der Lage mich zu bewegen. Mit letzter Kraft versuchte ich mich aufzusetzen um die Verletzung besser sehen zu können. Dann kam mein Erinnerungsvermögen langsam wieder…das Gespräch von Alec und Harry, die Flucht, der Schuss.
Er war das letzte an das ich mich erinnern konnte.
Die Wunde an meinem Oberschenkel war mit einem dreckigen Stück Stoff verbunden. Der Fetzen wirkte wie ein zerrissenes Unterhemd oder etwas Ähnliches. Er war nicht besonders sorgfältig oder ordentlich befestigt worden. Außerdem war das vermutlich weiße Unterhemd nun blutdurchtränkt. Ich fing an zu wimmern als ich die Stelle leicht berührte und heißen Tränen begannen meine Wangen hinunterzugleiten. Der Schmerz war unerträglich. „Hör auf damit!“, ertönte plötzlich eine tiefe Stimme im Raum, „Du machst die Sache nur noch schlimmer!“. Ich fuhr erschrocken herum und erkannte diesen Lockenkopf mit den grünen Augen im Türrahmen. Ich erinnerte mich daran, dass der alte Alec hieß, dann muss der hier wohl Harry sein. Er sah mich prüfend an und machte sich langsam auf den Weg zu mir. Ich zuckte zusammen, als er an dem schmutzigen Wundverband zog. Harry warf mir einen strengen Blick zu und versuchte weiterhin den Knoten zu lösen. Ich war mit dieser Situation vollkommen überfordert, weshalb ich einfach still saß. Es war ohnehin zwecklos mich gegen ihn zu wehren, außerdem hatte ich seltsamerweise in diesem Moment das Gefühl ihm vertrauen zu können. Nachdem er den Stofffetzen entfernt hatte und dabei war die Verletzung zu untersuchen stöhnte ich unter dem überwältigenden Schmerz auf und kniff meine Augenlider stark zusammen. Ein schwummriges Gefühl überkam meinen Körper, als ich das ganze Blut sah, das aus meinem Bein floss. Harry würdigte mich kurz eines Blickes, wahrscheinlich nur um zu prüfen ob ich noch bei Bewusstsein war. Danach stand er auf. „Ich bin gleich wieder zurück. Bleib liegen und beweg dich nicht!“ ,befahl der seltsame Junge mir mit emotionsloser Stimme. „Was auch sonst…“ antworte ich trotzig und vernahm kurz darauf ein dumpfes Lachen von ihm. Fand er es etwa amüsant, dass ich mit einer Schusswunde auf irgendeinem kaputten Bett irgendwo im nirgendwo liege? Was war nur los mit diesem Typen?
Eine Weile später kam er mit einem wassergetränken Tuch und einer Art Verband zurück in den Raum. Der Lockenkopf beugte sich erneut über mich und säuberte das Einschussloch, bevor er sich um das viele Blut kümmerte. Es war wirklich nicht gerade eine geringe Menge, die ich verloren hatte, dachte ich mir im Stillen. Als er damit fertig war, verband der die Stelle anschließend neu, so gut er es eben konnte und setzte zum Gehen an. Doch nach wenigen Schritten blieb er stehen und nuschelte fast unverständlich „An deiner Stelle würde ich nicht nochmal versuchen abzuhauen, sonst landet die Kugel nächstes Mal nicht mehr in deinem Bein“. Danach verschwand er.
Stundenlag lag ich danach auf diesem kaputten Bett. Es bestand aus einer durchgelegenen Matratze und einem quietschenden Eisengestell. Dieser Harry kam zwischendurch kurz vorbei, um mir eine Schüssel mit Brei zu bringen, wie schon am Vortag. Doch dieses Mal rührte ich sie nicht an. Mir war übel, höchstwahrscheinlich lag es an dem hohen Blutverlust oder auch daran dass es mir hundeelend in diesem Drecksloch ging. Ich sehnte mich so sehr nach meiner Familie und meinen Freunden. Es war einfach schrecklich und ich konnte in diesem Moment Nichts dagegen tun.
Als Harry nach einer Weile kam um das leere Schälchen zu holen warf er mir einen bösen Blick zu, zeigte auf den Brei und rief „Iss oder ich sorge höchstpersönlich dafür, dass du es essen wirst“. Ohne mit der Wimper zu zucken wandte ich meinen Blick ab und ignorierte ihn. Plötzlich spürte ich seine kräftige Hand an meinem Arm und seine smaragdgrünen Augen durchbohrten sofort meine. Ich hatte ihn wohl doch unterschätzt. Harry öffnete seinen Mund und wollte gerade beginnen zu sprechen, doch er verstummte, als er von jemandem mit einem Ruck nach hinten auf den Boden geworfen wurde. Ein lauter Schrei verließ meine Lippe. Alec stand mit einem wütenden Gesichtsausdruck vor mir. Der Kerl, dem ich diese ganze Scheiße zu verdanken habe. Ich hatte keine Ahnung, was dieser Irre dieses Mal mit mir vorhatte oder zu was er überhaupt fähig war. Alec scannte meinen Körper von Oben bis Unten und fing dann an schmutzig zu grinsen.
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-Hunted- (H.S.)
FanfictionWenn dieser eine Moment dein ganzes Leben für immer verändert. Aus Sophia Hames wird Sophie Jackson, als sie nach dem Tod ihrer Eltern ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wird. Sie träumt ständig von der schrecklichen Nacht in der sie zum Waisenk...