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2018-11-01
01:03 a.m.

Ich lehnte meinen Kopf abermals an die Duschkabine hinter mir. Das hatte immer das selbe Ergebnis zur Folge, ein stechender Schmerz und eine böse Beleidigung, die ich diesem miesen Typen an den Kopf warf.

Der junge, erschrockene Mann hatte sich nicht mehr blicken lassen, seit er mich hier eingeschlossen hatte. Egal, wie viel Lärm ich gemacht hatte, er hatte einfach nicht reagiert.
Und ohne mein Buch konnte ich nichts ausrichten, also musste ich abwarten und ... abwarten.

Also streckte ich die Beine aus, lehnte mich trotz der Schmerzen an der Duschkabine an und schloss die Augen. Dann gab ich eben meiner Müdigkeit nach. Immerhin konnte ich das jetzt wieder, nach so langer Zeit.

Zufrieden seufzte ich und war gerade dabei einfach wegzudämmern, als meine Finger begannen zu kribbeln und ein dumpfer Schmerz in meiner Brust mich hochfahren ließ.
Das Buch. Es meldete sich. Und ich spürte es noch. Das bedeutete ...

"Oh mein Gott, warum bewegt sich dieses grässliche Buch!", schrie der Typ angsterfüllt und ich hörte erst polternde Schritte, etwas entfernt von der Tür und dann einen lauten Schlag gegen das Holz. Das Buch versuchte zu mir zu gelangen. Ich hatte einen neuen Job.

"So ein Mist.", fluchte ich und versuchte meinen tauben Arm auf irgeneine Weise wieder zu befreien.
"Du solltest die Tür aufmachen, bevor-", rief ich, doch es war bereits zu spät.

Das Buch hatte seinen eigenen Willen und brach durch die Tür durch, wurde wie ein Magnet von mir angezogen und flog mir gegen die Schulter. Ich hasste dieses aufdringliche Buch.
Mit aufgerissenen Augen stand der junge Mann in der nun offenen Tür, in seiner einen Hand nicht mehr nur ein Messer, sondern auch noch einen Hammer in der anderen.

"Sind wir hier im neuen Teil von Halloween, der, mal ganz ehrlich gesagt, ziemlich schlecht ist? Leg den Hammer weg und mach diese Handschelle los. Ich habe etwas zu erledigen.", drängte ich und wand mich unter dem Buch, welches mir mit einer Kante in die Hüfte piekste und versuchte in mein Gesicht zu klettern.

Der Braunhaarige war im Begriff die Tür wieder zu schließen.
"Wenn du das tust, wird die Begleitung in eines der Todesreiche für dich nicht sehr rosig aussehen."
"Also bist du der Tod?", fragte er, die Tür nur noch einen Spalt geöffnet und das einzige, was hindurchguckte war ein Stück seines Gesichtes und das scharfe Küchenmesser.

Ich verdrehte die Augen. Was man nicht alles tat, um frei zu kommen und seine Drecksarbeit zu erledigen.
"Ja, bin ich und jetzt lass mich frei, weil sonst entsteht großes Chaos.", log ich ein wenig und rüttelte an der Handschelle.

Mit ängstlichem Ausdruck im Gesicht, öffnete er die Tür wieder weiter, legte den Hammer auf seine Waschmaschine und schritt auf mich zu, das Messer in meine Richtung haltend.
"Als würde ich dich umbringen, während ich an dein Waschbecken gefesselt bin, ohne Waffe und attakiert von einem zehn Kilo schweren Buch.", sagte ich wutentbrand.

"Sicherheit geht vor.", entgegnete er und ich funkelte ihn böse an.
Vorsichtig griff er in seine Hosentasche, holte einen kleinen Schlüsselbund mit drei Schlüsselchen hervor und wagte sich weiter langsam zu mir vor.

Mittlerweile war meine Geduld am Ende und das Buch sprang schon beinahe in meine Hände, in der Hoffnung, bald geöffnet zu werden.
"Jetzt mach schon, ich hab nicht die ganze Nacht zeit. Die Schicht nach dem einunddreißigsten Oktober ist immer die anstrengenste."

Zögerlich und unsicher hockte er sich zu mir hinunter. Seine Hände zitterten und die mit dem Schlüssel zog er immer wieder zurück, kurz bevor er das Schloss erreichte.
"Warum bringst du Menschen um?", fragte er und schluckte, als er meinem Blick begegnete.
Ich versuchte, ihn so vernichtend, wie nur möglich anzusehen.

"Wieso entführst du Frauen?"
Seine Augen weiteten sich, als hatte ich ihn bei seiner gängigsten dunklen Tätigkeit erwischt, obwohl ich ganz klar das Opfer hier war.
"Das war nicht so-"

"Wie auch immer, schließ jetzt auf, wenn ich diese Seele nicht begleite, wird sie vermutlich für immer hier herumwandern. Und das wollen wir bei meinem nächsten Klienten bestimmt ganz und gar nicht.", erklärte ich.
Es war mir egal, was er wusste und was nicht. Sollte er mit jemandem darüber reden, wurde er höchstens für verrückt erklärt, also bestand keinerlei Risiko für mich.

Ich sah, wie ihm leicht der Schweiß von der Stirn rann.
Er zögerte ein weiteres mal, bevor er zitternd das Messer neben sich legte, die Handschellen in die nun freie Hand nahm und dabei krampfhaft versuchte mich nicht zu berühren.
Sein Griff war sanft und langsam steckte er einen der Schlüssel in das Schloss, ehe er ihn umdrehte und der Mechanismus ein leises Klicken von sich gab.

Mein Arm war wieder frei und halb blutleer, so dass ich ihn erst einmal durchschüttelte, um das Gefühl in ihm wiederzuerlangen.
Mein Gegenüber griff derweil langsam wieder nach seinem Messer und ich trat weg, bevor er es richtig greifen konnte.

Erschrocken sah er mich an, konnte sich nicht regen und normalerweise hätte es mich belustigt grinsen lassen, doch gerade tat er mir irgendwie leid.
"Denk niemals daran, so etwas zu benutzen. Wenn das geschieht, sehen wir uns vielleicht schon bald wieder."

Ich erhob mich, mit dem beinahe platzenden Buch unter meinem Arm, richtete mein Kleid und schüttelte einmal meine Beine aus.
Der junge Mann war noch immer erschrocken und bekam keinen Ton heraus.
Wie konnte ein erwachsener Mann so unschuldige Augen besitzen?

Schnell lief ich an ihm vorbei, verließ das Bad und schließlich die kleine Wohnung, ehe ich das Buch öffnete und das Bild meines nächsten Klienten betrachtete.
"Okay, du grässliches Buch. Bring mich hin.", sagte ich genervt und wartete, dass ich vor der gesuchten Person auftauchte, doch es passierte nichts.
Ich klopfte auf den Buchdeckel, doch statt der sonstigen Magie, die auf meinen Befehl hin folgte, lösten sich ein paar der hinteren Seiten des Buches und segelten langsam zu Boden, ehe sie sich komplett in Luft auflösten.

"Was zum-", begann ich, doch da hörte ich hinter mir das Zuschlagen einer Tür und der junge Mann tauchte erneut auf.
Ein seltsamer Blickauftausch fand statt, ehe er seinen abwandte und auf den Boden starrte. Fragend betrachtete ich ihn.

"Uhm, gibt es noch etwas?"
Meine Frage ließ ihn wieder aufsehen.
"Wenn du der Tod bist, warum bist du eine Frau und kein bisschen verwest oder gruselig? Müsste der Tod nicht ein einziger Knochenhaufen sein?"

Seine Frage brachte mich ehrlich zum Lachen. Eigentlich wäre ich ja auch ein Knochenhaufen, aber manche Gesetze des Todes liefen nun einmal anders.
"Sagen wir, der Tod ist unvorstellbarer als du denkst. Vielleicht bin ich ja auch nicht das, was ich scheine zu sein.", antwortete ich, einzig und allein mit der Intention ihn zu verwirren.

Als ich mich umdrehte und von ihm entfernte, hörte ich, wie er mir folgte. Bis zur nächsten Straßenecke versuchte ich ihn zu ignorieren, doch er folgte mir einfach weiter durch die dunklen, ruhigen Straßen.
"Könntest du bitte verschwinden. Ich muss einen ernstzunehmenden Job erledigen und ich bin schon fast zu spät dran."

"Ich komme mit.", entgegnete er leichtfertig und ich drehte mich aufgebracht zu ihm um.
Abwehrend hob er seine Hände.
"Lass es mich nur verstehen, dann bin ich wieder weg und lasse dich für immer in Ruhe. Den Tod trifft man immerhin nicht alle Tage."

Mit geöffnetem Mund sah ich ihn an. Meinte er das ernst? Hatte er sich nicht vorhin noch fast in die Hosen gemacht, bei dem Gedanken, ich hätte jemanden getötet?
"Eigentlich ist der Tod nicht das, was die Leute auch alle Tage bei sich haben wollen. Aber gut, komm mit. Und verschwinde dann wieder."

Mahnend sah ich ihn an und der Typ nickte brav wie ein Schuljunge.
Worauf hatte ich mich da bloß eingelassen?

Graveyard Whisper || jeon jungkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt