† twelve

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2018-11-10
11.07 p.m

"Du hättest ihn sterben lassen sollen."
"Verschwinde, Sunji", schoss ich zurück und erledigte meinen Job.
Zufälligerweise hatte sich ein Unfall in einer Zweizimmerwohnung ganz in der Nähe von Jungkooks Wohlblock ergeben und Sunji war gerade fertig gewesen, als ich zu meinem ersten Auftrag an diesem Tag musste.
Seitdem folgte sie mir, weil sie wohl nichts anderes zutun hatte.

"Du weißt, dass das Konsequenzen für dich geben wird. Er war dafür bestimmt bei diesem Unfall zu sterben und er war dafür bestimmt meinen Platz einzunehmen.
Der Tod hat jetzt alle Hände voll zutun wegen dir. Immerhin geht es um meine Entlassung, die hätte stattfinden müssen.
Weißt du, wann der nächste potenzielle Kandidat für meine Stelle stirbt? Sie vermutet in dreißig Jahren! Und es steht nicht einmal fest."

Ich seufzte und geleitete die Seele dorthin, wo sie hingehörte.
Wir waren vor ein paar Minuten noch Zeugen eines grausamen Mordes geworden und alles, was Sunji interessierte war ihre bescheuerte Entlassung, die auf Kosten eines anderen hätte stattfinden müssen.

"Das ganze hier soll aber auch eine Strafe für dich sein, wenn ich mich recht erinnere. Du hast vor fünfzehn Jahren diesen Unfall verursacht, du warst dir der Geschwindigkeitsbegrenzung bewusst und du warst dir auch darüber bewusst, dass in der Nähe eine Schule war.
Fünfzehn Jahre dafür, dass du zwei Schüler überfahren und mit dir in den Tod gerissen hast, sind meiner Meinung nach sowieso nicht genug Strafe für dich.
Du hast ja immer noch nicht daraus gelernt und denkst weiter nur an dich.
Vielleicht war es vom Schicksal vorbestimmt, dass ich ihn rette und du weiter deinen Job machen musst.
Bis du endlich etwas Einsicht zeigst", sagte ich erbost und schloss mein Buch, um wieder zurück zu Jungkooks Wohnung zu gehen.

Sunji eilte mir natürlich sofort hinterher.
"Hah, eine Strafe. Dann wäre ich schon längst in meiner persönlichen Hölle. Wir sind hier, weil wir auserwählt wurden."
"Ja, weil der Tod noch nicht das richtige für uns war. Keiner von uns hat damit abgeschlossen nicht mehr zu leben. Aber hätte sie gesehen, dass du nun in deine Gerechtigkeit übergehen kannst, hätte sie dich gehen lassen, egal, was ich getan habe.
Sie ist das Gesetz und keiner von uns kann es ändern. Selbst, wenn ich etwas durcheinander gebracht habe, hätte sie Ersatz für dich gefunden, bis dein rechtmäßiger Nachfolger gestorben wäre.
Du bist noch nicht bereit für den Tod.
Das ist dein Problem, wenn du es als eines ansehen willst."

Sie blieb stehen und ich hörte, wie sie bitterlich anfing zu weinen, doch ich hielt mich damit zurück, sie nun zu trösten und lief einfach weiter.
Ich wollte mich nicht weiter mit ihr beschäftigen. Außerdem war ich froh, dass sie ihren Job noch etwas behalten musste und sie ihn nicht auf Jungkook abwälzen konnte. Sie wäre zu Unrecht zudem entlassen worden, da war ich mir sicher. Würde ich falsch liegen, hätte ich bestimmt schon etwas dazu zu hören bekommen.

"Ganz falsch lag Sunji aber nicht, mein Kind", hörte ich dann aber plötzlich ihre Stimme und als ich mich zu dem Klang dieser umdrehte, befand ich mich wieder unter ihrem knorrigen, toten Baum, während sie sich, in ein zartes, himmelblaues Kleid gehüllt, an einen Ast anlehnte und mich lächelnd betrachtete.
"Du hast schon wieder das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod gestört und Sunji verwehrt, sich endlich zu verabschieden."

Sie sagte das mit ihrer lieblichen Stimme in einem freundlichen Ton, immer noch lächelnd, als plauderten wir gerade darüber, wie es der jeweils anderen erging.
Sie schien nicht erbost darüber zu sein, dass ich ein zweites mal, und dann auch noch in so kurzer Zeit, nicht auf die geltenden Gesetze geachtet hatte.
"Sie wäre zu früh gegangen", erwiderte ich also bloß und der Tod lachte lebhaft.

Mit einem Nicken trat sie näher.
"Das mag sein, das kann ich nicht bestreiten. Aber der Grund, warum du ihn gerettet hast, ist nicht der, dass du darum besorgt warst, dass Sunjis Arbeit bereits getan war."
"Nein, das ist nicht der Grund", entgegnete ich aufrichtig.
Ihr Lächeln wurde tiefer, verständnisvoller. Sie konnte nachvollziehen, warum ich das getan hatte.
"Wäre ich an deiner Stelle gewesen, um das Leben zu retten, hätte ich das selbe getan, wie du. Ich kann dir also nicht böse sein.
Aber ich kann dir auch noch immer nicht das geben, was du dir ersehnst."

Ihr Gesichtsausdruck wurde trauriger, während sie ihr Lächeln jedoch nicht verlor. Ich nickte seufzend.
"Du musst ihn vergessen und deine Arbeit verrichten. Oder du lässt los und ich beende alle Qualen, die du hast. Ich weiß, du bist dafür bereit.
Du hast ihm deine Geschichte erzählt. Du kannst nun gehen", eröffnete sie mir mit zitternder Stimme feierlich, doch für mich war das ganz und gar nicht feierlich.

Für mich war zu gehen keine Option. Besonders nicht jetzt.
Jungkook wartete darauf, dass ich zurückkam.
"Was ist, wenn ich bleibe, meinen Job erledige und trotzdem mit Jungkook zusammen bin? Wenn du noch eine zweite Person dafür einsetzt, dass-", versuchte ich es verzweifelt, aber sie schnitt mir das Wort ab.
"Du weißt, dass das nicht funktioniert. Ich hätte eine Person, die deine Arbeit übernimmt, aber sie kann nur für mich arbeiten, wenn du gehst. Aber anders herum kannst du dank ihr endlich deine Dienste bei mir beenden.
Du wärst frei."

"Ich bleibe lieber für immer in deinen Diensten, als das aufzugeben, was ich seit Jahrzehnten verzweifelt gesucht habe. Eine Zukunft."
"Aber ein Leben erlangst du dadurch trotzdem nicht. War es nicht eigentlich das, was du nach deinem Tod so unbedingt haben wolltest?"
"Solange Jungkook meine Zukunft ist, kann ich leben, ohne am Leben zu sein."

Sie merkte, dass sie mich nicht von meiner Entscheidung abbringen konnte und gab ein zustimmendes Seufzen von sich.
"Du weißt, was du damit eingehst, oder?"
"Ja, ich bin mir dessen bewusst."
"Und du weißt auch, dass er altert und irgendwann nicht mehr der gutaussehende Junge sein wird?"
"Was ist das für ein Argument? Hätte ich mich aufgrund seines Aussehens in ihn verliebt, wäre das ganz schön idiotisch und diese Entscheidung nicht wert."

Sie lächelte mich belustigt an.
"Da muss ich ihr recht geben. Aber ich finde diese Art der Umsetzung auch so ganz schön idiotisch. Ein Lebender und ein Kind des Todes, beide denken, sie wären zusammen, aber sind doch getrennt voneinander, durch die Gewalt ihrer Eltern. Ist das nicht ein bisschen barbarisch?", fragte eine tiefe, freundliche Stimme und sowohl der Tod, als auch ich drehten sich zu dieser um.

Es war ein Mann, gekleidet in eine schwarze, edel wirkende Hose und ein Leinenhemd, wie es wohl früher im Mittelalter getragen worden war.
Auch, wenn ich diesen Mann noch nie gesehen hatte, wusste ich sofort, dass er das Leben sein musste. Er war genauso atemberaubend schön wie der Tod, aber er besaß eine andere Ausstrahlung, die so unbeschreiblich war, dass mir keine passenden Worte dafür einfielen.

"Leben!", sagte der Tod neben mir und sie ließ von mir ab, um dem Leben entgegenzukommen.
Eine unermessliche Liebe herrschte zwischen den beiden und allein durch ihre Blicke zeigten sie sie sich. Es war beiden anzusehen, wie sehr sie sich vermissten. Und trotzdem mussten sie schon bald wieder getrennt werden.
"Ich sehe, du bist sehr gnädig zu den Geschenken, die ich dir schicke. Ich freue mich sehr darüber. Aber in Maris Fall, muss ich wohl selbst eingreifen.
Das ist nur fair.
Das Schicksal hat sich ein bisschen zu sehr an dir ausgetobt und deine Existenz zu einen einzigen Wirrwarr gemacht."

Ich konnte nicht antworten, zu glücklich und erstaunt war ich über das, was gerade passierte und was es bedeuten konnte. Das Leben war zu mir gekommen.
"Du hast viel durchgemacht und du bist immer gut geblieben. Trotz deines eigenen, schrecklichen Todes, hast du denen, die in Angst gestorben sind, Trost gespendet, denen, die anderen in ihrem Leben schreckliche Dinge angetan haben, sinnesgemäß in ihr Totenreich geleitet. Aber auch in deinem Leben hast du immer dafür gesorgt, dass das Leben bewahrt wurde.
Ich hätte dich von Anfang an für mich arbeiten lassen sollen, aber ich hatte anderes mit dir vor.
Deswegen möchte ich dir dein Leben zurückgeben. Du bist eine derjenigen, die das Leben wirklich wahren, nicht nur für sich selbst."

Das Leben streckte den Arm zu mir aus und ich legte meine Hand in seine.
Seine andere Hand berührte meine Stirn und ich schloss die Augen.
Eine angenehme Wärme erfüllte meinen Körper und die Dunkelheit, die durch meine geschlossenen Augen vor mir lag, wurde hell und strahlend.
"Lebe, wie es dir vorbestimmt war. Du hast dir dein Leben redlich verdient."




[es kommt noch ein kapitel, dann ist die story zuende :)]

Graveyard Whisper || jeon jungkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt