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2018-11-01
04:22 a.m

Die Gerüche, die sich hier unten verbreitet hatten, waren nicht gerade die angenehmsten, aber auch nicht das schlimmste, das ich bisher gerochen hatte.
Einige der Mörder, dessen Opfer ich bisher in den Tod geleitet hatte, hatten wirklich üble Arten, die Menschen umzubringen. Gegen manche Dinge, die sie sich während meines Dienstes ausgedacht hatten, war die Kanalisation rein gar nichts.

Mit zusammengebissenen Zähnen durch den Mund atmend (auch, wenn die Gerüche nicht das Schlimmste vom Schlimmsten waren, musste ich sie nicht gleich inhalieren) brachte ich einen Meter nach dem anderen hinter mir, im Rücken den Sohn eines Polizisten, der mein Totenregister herumschleppte und uns mit seiner Handytaschenlampe den Weg leuchtete.
Ich bemerkte seinen sorgenvollen Blick, den er immer wieder auf mich warf, ohne, dass ich ihn sehen musste.

Menschen waren nun mal verletzlich. Eine solche Wunde, wie ich mit mir herumtrug war nicht gerade beruhigend für jemanden, der noch nichts mit dem Tod zutun hatte. Oder besser gesagt, ihn noch nicht am eigenen Leib erfahren musste.
Er hatte Mitleid mit mir, durch die Schmerzen, die ich einfach ignorierte, er sich aber vermutlich nicht im Traum vorstellen konnte.

Es war weniger der körperliche Schmerz, der mir zu schaffen machte, eher war es der psychische. Je mehr Wunden sich öffneten, desto mehr strömte zurück in mein Gedächtnis und ich konnte es nicht verdrängen.
Die Erinnerungen waren immer präsent, aber jetzt merkte ich wieder, wie schwach ich in ihnen gewesen war.
Selbstmitleid durchströmte mich, die Angst, die ich gespürt hatte, die Sorgen.

Das alles waren nicht meine jetzigen Empfindungen, gerade fühlte ich mich ehrgeizig, genervt, ich war wütend. Doch ich konnte den Erinnerungsfluss nicht stoppen. Erst, wenn meine Wunden geschlossen wären. Oder meine Existenz beendet.
"Worüber denkst du so angestrengt nach"

Ich hatte gar nicht bemerkt, wie mein Anhängsel mich eingeholt und die Lampe durch den Tunnel hatte leuchten lassen, so dass er wohl einmal kurz mein Gesicht sehen konnte.
Nun war ich wieder im Hier und Jetzt. Die Angst und das Selbstmitleid waren wie verpufft. Die Sorgen blieben.
"Ich habe überlegt, wo diese Seele sein könnte. Sie scheint sich vor uns zu verstecken. Aber das tun sie nun einmal, wenn sie ängstlich sind.", zischte ich, nicht weil ich genervt war, durch den Schmerz, der meinen Körper für einen Moment erzittern ließ.

Ich schüttelte mich und taumelte zur Seite, fing mich aber im nächsten Moment wieder.
"Kannst du diese Seele so überhaupt einfangen? Du kannst ja nicht einmal mehr richtig gehen."
Sein Ton war von Bedenken durchtränkt und es war nicht schwer zu bemerken, dass er das Buch unter den anderen Arm schob, damit der Arm auf meiner Seite frei war. Er machte sich schon dafür bereit, mich aufzufangen, falls ich fiel, aber das würde nicht passieren. Nur über meine Leiche.

"Es geht nicht darum, sie einzufangen. Ich geleite sie in das Totenreich, in das sie hineingehört. In dem sie ihre Bestimmung findet. Ich bin kein Ghostbuster. Das sollte dir doch mittlerweile klar sein."
Jeder Schritt wurde schwerer, die Dunkelheit wurde in den Augenwinkeln immer dunkler, doch meine Augen trübten mich nicht, als ich die rauchig weiße Seele entdeckte, die wir hier suchten.
"Da ist sie.", flüsterte ich und wir hielten langsam an.

Graveyard Whisper || jeon jungkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt