•Phantom Camonia Valery•

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"Du warst also die Gestalt, die ich gesehen habe damals. Aber wie? Jetzt stehst du hier, deutlich erkennbar als Frau. Bist du sowas wie ein Gestaltenwandler?"

Neugierig beobachte ich sie, darauf bedacht ihre Worte sowie Körpersprache zu analysieren. Ja, ich bin gerade im Sherlock Holmes-Modus.

"Könnte man so sagen, ja. Und 'damals' ist ein bisschen weit hergeholt, nicht?"

"Okay, ich verstehe schon, sorry. Aber du- du stehst hier jetzt in einer dir beliebigen Form oder...?"

"Genau."

"Okay, cool, cool und ähm warum sieht es hier eigentlich so. dunkel aus?"

"Das hier ist der Ort in dem ich mich in dir befinde. In einem dunklen, abgeschotteten Teil deiner recht vielfältigen Seele. Aber keine Sorge, der Teil hier gehört nicht ganz zu dir. Ich habe diesen Raum teils erschaffen um mich von den positiven Stimmungen zu schützen."

"Okaaay. Ja, dass ist- natürlich befindest du dich an einem dunklen Fleck in meiner Seele. Warum auch nicht... Aber zurück zum Thema: Erzähl doch ein wenig mehr über dich. Wir kennen uns schon seit einigen Stunden, du weißt sicherlich mehr über mich als ich über dich. Da ist es doch nur fair mir gegenüber, oder?"

"Du wirst schon noch etwas über mich herausfinden, nur Geduld. Was ich dir jetzt aber sagen kann ist, dass ich nicht von der Erde komme. Das war aber offensichtlich, schätze ich Mal."

"Ja, wo wir schon wieder dabei sind. Wie heißt du noch gleich?"

Ein zweiter Anlauf wird schon nicht schaden. Verlegen fass ich mir an den Hinterkopf und lache nervös auf. Na komm schon, ich brauche Informationen. Kurz scheint sie- es- was auch immer- zu überlegen. Nach einer Schweigepause stößt sie deutlich hörbar die Luft aus und ihre gerade noch etwas lockere Haltung verspannt sich.

"...Camonia."

"...Bitte?"

"Camonia Phantom."

"Aha. Okay. Schöner Name! Hat er eine spezielle Bedeutung?"

"Soweit ich weiß nicht, Nein."

"Und wie steht's mit einem Zweitnamen?"

"Valery, es ist ein Name der in meiner Familie von Generation zu Generation weitergegeben wird. Meine Mutter heißt zum Beispiel Emilia Valery Phantom. So heiße ich Camonia Valery."
****

Mit der Zeit vertieft sich unser Gespräch und ich erfahre mehr über Camonia. Sie öffnet sich mir gegenüber ein bisschen mehr und fängt an von ihrer Vergangenheit zu erzählen.
Sie erzählt mir, dass sie von einem Mond nah des Saturns stammt. Kalith hieß er. Ihr Stamm lebte dort, bis er kam. Er zerstörte ihren Planeten, ermordete unzählige. Wer 'er' jedoch ist oder war erwähnt sie nicht. Zu diesem Zeitpunkt waren Camonia und 100 andere ihres Stammes auf einer Entdeckungsreise. So wie sie es beschreibt, ist es eine Art Prüfung gewesen.
Man absolviert sie um als vollwertiges Mitglied des Jägerklans anerkannt zu werden. Es wurden Mädchen als auch Jungen aufgenommen, die die Prüfung bestehen.
Doch an dem Tag als sie auf ihren Mond zu steuerten war nichts mehr übrig. Nichts außer die Überreste des Gesteins und den Bewohnern des Planeten.

Ihre Geschichte kommt mir wirklich nah. Mit tränenden Augen sehe ich sie an, halte die Emotionen aber soweit es geht zurück. Ich hatte keine Ahnung, was sie alles durch machen musste. All diesen Schmerz und die Trauer. Die Verluste die entstanden sind. Ich kann mir das nicht vorstellen, wie mein ganzer Planet auf einmal weg ist. All meine geliebten Personen. Weg. Wie mit einem Fingerschnips.
****

Ich kann nicht sagen wie lange wir zwei hier schon im dunklen sitzen, aber ich schätze für mehr als zwei Stunden auf jeden Fall. Es ist anfangs eigenartig für mich gewesen mit ihr zu reden. Ich meine, sie scheint nett und alles zu sein, aber es ist doch komisch mit jemanden zu reden der einen eigentlich in den sicheren Tod fallen lassen hat. Wortwörtlich. Davon aber abgesehen ist sie wirklich nett! Was auch überraschend gewesen ist, ist, dass sie überaus weise und viel-wissend ist. Es ist erstaunlich wie viel Camonia über unsere Spezies Mensch weiß. Zwar 'nur' wie unsere heutige Gesellschaft, auf dieser als auch auf der anderen Erde, funktioniert und wie weit unser technischer Fortschritt ist, aber es genug für ein Wesen welches von einem anderen Planeten stammt.
Während unserer Unterhaltung hab ich auch gemerkt, dass sie ihren dezenten Machtkomplex zurück geschraubt hat, jedenfalls ein wenig, was nicht unbedingt schlecht ist. So können wir uns wenigstens normal unterhalten.

"-Ja, es war schon etwas Neues für mich. Ich meine, ich war das erste Mal näher an der Sonne dran, auf gleicher Höhe wie.. wie.. Ihr nennt den Planeten Mark oder so, glaub ich."

"Ach, du meinst wohl Mars! Ja, das muss schon ein Stückchen weiter an der Sonne sein."

"Und auf dem Mars war es dann irgendwie ähnlich wie auf Kalith. Nur halt um einiges wärmer und mit einer größeren Kraterlandschaft. Aber es war der erste Planet den ich ohne meine Brüder und Schwestern besichtigt habe, seit dem Vorfall."

Es ist wirklich schön ihr zuzuhören. Ihre Geschichten miterleben zu dürfen. Wann hat man den schon die Gelegenheit mit einer anderen Lebensform zu reden, die es hier auf der Erde gar nicht gibt? Jetzt von den Asgardianern um mich herum abgesehen.
Langsam und etwas wackelig stehe ich auf. Genüsslich strecke ich mich einmal und lasse meine Knochen einmal kurz knacken. Durch das sitzen habe ich meine Körperteile gar nicht mehr richtig gespürt. Mit einer leichten Müdigkeit in mir schaue ich auf meine Uhr, kann aber nur sehr schwer die Zeit ablesen. Mit einem Schulterzucken lasse ich den Arm sinken und schau Camonia nochmals in ihre Blau leuchtenden Augen.

"Ich schätze mal es ist Zeit für dich zu gehen."

Nun steht auch sie auf und mustert mich ein weiteres Mal aus ihren leuchtenden Augen. Ein flüchtiges, schiefes Lächeln huscht über ihr Gesicht. Ich hoffe wirklich, dass sie nichts allzu Schlimmes von mir will. Könnte schlecht enden.
Ein leichtes Lächeln schleicht sich auch auf mein Gesicht als ich mich umdrehe und auf die Tür zu gehe. Als ich wieder das kalte Metall berühre fährt ein angenehmer Schauer über meinen Rücken. Das grelle Licht blendet als ich die weiße Ebene betrete.
Plötzlich spüre ich wie ich falle. Der Boden wie in Luft aufgelöst, fallend ins endlose Weiß.
****

Mit aufgerissenen Augen und flach atmend wache ich auf. Noch kurz fühlt es sich so an als wenn ich fallen würde, doch kurz drauf spüre ich die weiche Matratze unter mir. Nach zwei Minuten beruhige ich mich, darauf bedacht meine Atmung wieder zu normalisieren, und lass mich ins Kissen sinken. Leichte Kopfschmerzen machen sich breit und bringen mich dazu die Augen zu zukneifen. Wow, das war ja Mal ein komischer Traum... Es fühlte sich so echt an. Vielleicht- Aber es spielte sich nur in meinen Gedanken ab... Als ob ich sowas wie einen Geist in mir trage, das wäre absurd. Oder die Avengers! Als wenn sie hier wären! Das war wohl schon wieder so ein Hirngespinst von mir.

Angestrengt runzle ich die Stirn. Zu viel denken. Als ich meine Augen wieder Aufschlage schaue ich an eine graue Decke. Verwirrt schüttle ich den Kopf. Es ist nicht mein Zimmer. Verwirrt wende ich meinen Blick zu meiner Rechten und erblickte den Monitor, der schon die ganze Zeit vor sich hin piepst. Gegenüber vom Bett steht ein Tisch mit zwei Stühlen und schräg hinten links ein Kleiderschrank, der so breit wie ist ich. Wenn man jetzt alle Fakten zusammen zählt würde ich sagen, dass das hier ein Krankenzimmer ist.

Eine kalte Berührung an meinem linken Arm lässt mich zusammenzucken. Erschrocken versuche ich mit meinen Armen in der Luft rum zu fuchteln, als seien sie meine einzige Verteidigung, doch spüre ich einen stechenden Schmerz bei den Bewegungen. Ein tiefes, leises Kichern ist daraufhin zu hören. Etwas aufgewühlt erblicke ich zu meiner Linken einen Mann. Den Mann. Loki. Es- es war also doch kein Traum? Wie vom Blitz getroffen spielen sich die letzten Tage vor meinen inneren Augen ab. Ich erinnere mich warum ich hier gelandet bin. Ich erinnere mich zurück an das Gespräch mit... wie ist ihr Name noch gleich? Cara? Carol? Cam? Camo- Camonia! Camonia heißt sie, genau! Das Gespräch mit ihr müsste dann also auch kein Traum gewesen sein. Rein theoretisch. Oder?

"Hey, Sophia. Wie geht's dir?"

"Ganz gut eigentlich. Warum fragst du?"

"Nach deinem Sturz gestern warst du wohl nur für kurze Zeit ansprechbar. Ich wollte mich nur über dein Wohlergehen erkundigen."

"Das ist nett von dir, danke. Aber warum bist du eigentlich hier? -Ohne standfesten Grund glaube ich dir nämlich nicht. Lüg nicht, Loki."

"Schön wäre es, aber es gibt keinen 'standfesten Grund', wie du sagtest. Ich wollte mich nur erkunden. Anlügen tue ich dich nicht."

Schmunzelnd lächle ich ihn an. Gedankenverloren schaue ich die Decke über mir an. Wie soll es jetzt nur weiter gehen?
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In another world | An Avengers storyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt