POV Smudo

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„Bist du dir sicher, dass wir uns drehen sollen? Wir haben nur noch einen Platz im Team. Wir sollten daher klug vorgehen." meinte ich zu Michi, doch allen Anschein nach, stieß ich bei ihm damit auf taube Ohren.
„Ich will ihn unbedingt in unserem Team haben. Seine Stimme ist so einzigartig. Sei kein Spielverderber Smu. Tu mir einen Gefallen und hör ein einziges Mal auf mich."
Seufzend gab ich mich also geschlagen und deutete Michi an, dass es ok war, wenn er unbedingt buzzern wollte.

Die Stimme war wohl zu einzigartig für die restlichen Coaches, denn außer uns, hatte sich überhaupt niemand umgedreht.

Prima! Applaus, Applaus!

Einerseits hatte es auch etwas gutes. Immerhin mussten wir dem Talent keinen Honig ums Maul schmieren, da er somit sowieso sicher in unserem Team war. Unter tosendem Applaus, hießen wir ihn in unserem Team willkommen und brachten ihn noch nach hinten zu seiner Familie.
Es war immer wieder herrlich mit anzusehen, wie sie im Hintergrund Tränen vergossen oder in lautem Jubelgeschrei ausbrachen, wenn ihr geliebter Sohn, Bruder, Vater, Freund oder weiß der Geier was noch, eine Runde weiter kam.
Charmant wie immer begrüßten wir kurz seine Freundin und deren gemeinsame Tochter und begaben uns nach einem kurzen Smalltalk, zurück auf unsere Coachingsessel.

„Hut ab, Männer. Wenn ich gewusst hätte, wie hübsch er ist, hätte ich mich auch umgedreht." kam es fast schon neidisch von Yvonne.
„Tja. Schöne Coaches brauchen auch schöne Talents." sagte Michi selbstgefällig und ich nickte ihm zustimmend zu.
„Schönheit vergeht, Talent bleibt!" kam es nun auch von Mark und erntete sofort böse Blicke meinerseits.
„Willst du damit sagen, dass wir kein Talent haben? Komm du erstmal dahin, wo wir sind, Bubi."
„Lass dich nicht Ärgern Smudo. Wir wissen doch alle, dass ihr die Besten in eurem Business seid." versuchte mich Paddy zu beschwichtigen und die Zuschauer waren sichtlich amüsiert, über unseren Schlagabtausch.
„Was meinst du, warum Mark bei The Voice Kids angefangen hat? Kinderlieder sind mehr sein Niveau." sagte Michi lachend und wir klatschten begeistert ein.
Mark hingegen äffte uns nur nach und wieder wurden unsere roten Stühle zu den Zuschauern gedreht, dass die Bühne für die nächsten Talents freigegeben werden konnte.

Allem Anschein nach, hatte Michi wirklich recht gehabt. Auch wenn die folgenden Sängerinnen und Sänger wirklich stark waren, war niemand dabei gewesen, den ich um jeden Preis, in unserem Team hätte haben müssen.
„Hab ich dir doch gesagt, dass wir mit ihm alles richtig gemacht haben!" flüsterte Michi mir zu, bevor das vorletzte Talent die Bühne betrat.

Das Licht wurde gedämmt und im Studio kehrte wieder Stille ein.
Tiefen entspannt, lehnte ich mich zurück und begann mir darüber Gedanken zu machen, was ich nachher gleich noch Essen wollte, wenn wir Feierabend hatten.
Gerade als ich mir die wichtige Frage Pommes oder Wedges stellte, vernahm ich ein zartes, aber ausdrucksvolles Stimmchen, welches sofort meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog.
Auch wenn ich das Lied nicht gekannt hätte, wäre mir spätestens jetzt klar gewesen, dass es von Paddy stammen musste, da er begeistert und voller stolz über alle vier Backen strahlte.
Sein Lied Shake away mochte ich persönlich ja ganz gerne, aber wenn ich ganz ehrlich war, gefiel mir diese Version um Längen besser.

Genau jetzt war dieser Moment, den ich befürchtet hatte gekommen. Ich biss mir in dieser Sekunde unglaublich in den Hintern und bereute es, Michi nicht genug Paroli geboten zu haben.

Sie sang schon über eine Minute, doch bisher hatte sich noch keiner der Coaches umgedreht.
„Ist das euer Ernst? Dreht euch gefälligst um!" forderte ich Paddy und Mark auf, die die Einzigen waren, die jeweils noch einen Platz im Team frei hatten. Paddy war der Erste, der meiner Aufforderung nach kam und auch Mark bequemte sich langsam dazu, es ihm gleich zu tun.
„Du hast es verbockt Beck!" flüsterte ich Michi zu, der kommentarlos, mit schuldbewusstem Blick zu nicken begann. Wenigstens zeigte er etwas Reue, doch damit konnten wir unseren Fauxpas nicht mehr ausbügeln. Natürlich war Björn nicht schlecht, aber ich wusste genau, dass es diese Lady noch sehr, sehr weit bringen konnte.
Als die letzten Töne erklangen, freute ich mich endlich die Frau zu der Stimme zu sehen. Ungeduldig stieg ich auf den roten Sessel, da es mir nicht schnell genug ging und musterte sie sogleich. Immerhin wollte ich schon sehen, wen wir uns da durch die Lappen haben gehen lassen.

Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt