Kapitel 19

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Ich habe mich geweigert den viel zu kurzen Dienstmädchenrock anzuziehen, den Larea für mich rausgesucht hatte. Stattdessen stehe ich nun hier mit einer eleganten schwarzen Hose und einem glänzenden smaragdgrünen Oberteil. Leider darf ich meine Haare jedoch nicht offen lassen, weswegen auf meinem Kopf nun zwei große Haarbälle thronen. Zudem trage ich noch einen Haufen an Muschelschmuck, da dieser hier anscheinend modern ist und ein starkes Parfüm. Letzteres um meinen Wolfsduft zu überdecken. Wobei ich das für unnötig halte, schließlich sind die Meermanier nicht für ihre gute Nase bekannt. Ich seufze als ich das Meer an schimmernden Körpern um mich herum betrachte. Anscheinend stehen die Menschen hier auf glänzende Dinge, selbst ihr Make Up glitzert in sämtlichen Farben. Was mich daran erinnert, dass ich von dieser Pampe auf meinem Gesicht glücklicherweise verschont geblieben bin. Ein Zupfen an meinem meiner Hand lenkt meine Aufmerksamkeit auf meinen Begleiter. Rune tritt nervös von einem Bein aufs Andere und zeigt auf das großer Palasttor, was sich langsam öffnet.
„Oh man, oh man jetzt geht es wirklich los", stammelt er. Und zerquetscht dabei beinahe meine Hand.
Ich verdrehe die Augen, löse meine Hand aus seinem Schraubstockgriff und lege sie stattdessen beruhigend um seine Schulter.
„Warum bist du denn so nervös? Wenn du wirklich so gut kochen kannst, wie Alex sagt, dann brauchst du doch gar keine Angst haben. Wenn hier jemand zittern sollte, dann ich."
Ganz überzeugt scheint er noch nicht zu sein, doch er schenkt mir trotzdem ein dankbares Lächeln, bevor wir uns auf den weg in die Halle machen.

Staunend wandert mein Blick durch den riesigen Saal. Der Boden unter meinen Füßen scheint vollständig aus Perlmutt zu bestehen. In den vier Ecken des Raumes befinden sich gigantische, zart rosafarbene Korallen. Diese reichen bis ganz oben und stützen mit ihren Verzweigungen die Decke. In der Mitte der Kuppel treffen sich die Spitzen der Korallen und an genau dieser Stelle wurde ein riesiger Kronleuchter angebracht, welcher ebenfalls aus Perlen, Perlmutt und Korallen besteht. Wo man auch hin sieht glitzert und glänzt es. Leider kann ich diese Pracht nicht länger bestaunen, da plötzlich eine laute Stimme durch den Saal hallt, welche um Ruhe bittet. Und mit einem Mal verstummt alles Gemurmel um mich herum und alle Blicke richten sich nach vorne. Auf einem kleinen Podest steht eine würdevoll gekleidete Frau, welche ihren Blick abschätzend über die Massen wandern lässt. Schließlich erhebt sie ihre machtvolle Stimme: „Willkommen, in diesen ehrfürchtigen Mauern. Ihr seid heute alle aus dem selben Grund hier. Ihr hofft auf die Chance dem königlichem Hause dienen zu können. Und ich schätze jeden mit diesem ehrwürdigen Traum. Doch leider können wir nicht jeden von euch eine Stelle anbieten. Deswegen werden wir erst eure Fähigkeiten testen. Zu diesem Zwecke werdet ihr nun in verschiedene Gruppen eingeteilt. Diese Gruppe besteht aus den anderen Bewerbern für diesen Job. Strengt euch an und viel Glück."
Nach diesem Worten nickt sie einem Mann neben sich zu, woraufhin dieser die Köche zu sich ruft. Schnell schießt Rune mich nochmal in eine kurze Umarmung und wünscht mir Glück. Und schon wenige Momente später ist er mit seiner Gruppe verschwunden. Ab jetzt bin ich wohl auf mich allein gestellt. Es folgen weitere Ansagen und der Saal leert sich Stück für Stück. Als ein schnöselig aussehender Typ endlich meinen Beruf aufruft, bin ich kurz davor vor Freude in die Luft zu springen. Zum Glück kann ich mich noch zurückhalten und lasse stattdessen nur einen erleichterten Seufzer hören. Mit Genugtuung nehme ich wahr, dass es anscheinend nicht so viele andere Bewerber gibt, so habe ich eine reelle Chance genommen zu werden. Stallmeister scheint hier ein wohl eher unbeliebterer Beruf zu sein. Ein kleines Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht und bleibt auch dort, bis wir an den Ställen angekommen sind. Leider sind besagte Ställe nicht das, was ich vermutet habe. Larea hat wohl vergessen mir zusagen, dass es sich nicht um Pferdeställe handelt. Mit ein wenig Panik blicke ich auf die riesigen, in einen abgezäunten Bereich schwimmenden Seepferdchen. Langsam kommen mir Zweifel auf. Ich habe doch keine Ahnung von diesen Tieren. Außerdem bin ich ein Werwolf. Mich am Wasser arbeiten zulassen ist eine ganz miese Idee. Nervös starre ich auf das nahe gelegene Schloss, in der Hoffnung Rune wurde aus ihm rausstürmen und mich aus dieser Hölle retten. Plötzlich erhebt der schleimige Mann von vorhin das Wort.
„Wir befinden uns im Wasserteil des Stalles. Alle die sich auf Seepferdchen spezialisiert haben, melden sich bitte bei Roderick."
Er zeigt auf einen etwas älteren nett aussehenden Mann. Ich entspanne mich wieder ein wenig, als ich begreife, dass ich wohl doch nicht hier arbeiten muss. Durch meine Erleichterung bin ich so abgelenkt, dass ich erst gar nicht merke, dass ich plötzlich ganz alleine vor dem spießigen Mann stehe. Überrascht blicke ich mich um und sehe, dass alle anderen zu Roderick gegangen sind. Auch die Augen des Typen fixieren mich nun und scannen mich einmal von oben nach unten ab. Missmutig rümpft er einmal seine Nase.
„Siehst nicht gerade so aus, als könntest du ordentlich zupacken. Aber was soll's probieren kann man es ja", meint er mit einem hochnäsigen Tonfall und dreht mir den Rücken zu.
Ich schnaube. Dem werde ich schon zeigen, was ich alles so kann. Trotzig stapfe ich ihm hinterher und versuche gleichzeitig mein Temperament zu zügeln. Schließlich darf ich das hier auf keinen Fall versauen sonst bringt Larea mich um. Okay du schaffst das! Einatmen und ausatmen. Ganz ruhig. Du wirst dieser ekeligen Haargelschnecke jetzt nicht den Hals umdrehen. Verdammt das bringt nichts. Ich will ihn immer noch leiden sehen. Nur mit größter Selbstdisziplin gelingt es mir mich den restlichen Weg zurückzuhalten, sodass wir beide wohlbehalten am Pferdestall ankommen. Dort stellt er sich, mit auf dem Rücken verschränkten Händen, vor das Stalltor und dreht sich wieder zu mir um. Abermals trifft mich sein kritischer Blick und ich bin kurz davor zu explodieren. Denn wenn ich eines hasse, dann sind es herablassende Menschen. Zum Glück komme ich nicht dazu ihm meine Meinung zu geigen, da er vor mir zu sprechen beginnt.
„Wir befinden uns nun vor den königlichen Ställen, welche nur die prachtvollsten Tiere beherbergen. Es handelt sich um nicht weniger, als um die Lieblinge der Königin. Diese sollen natürlich auch nur die beste Pflege bekommen, weswegen nur ausgewählte Leute mit der Betreuung beauftragt werden. Ich selbst bin einer der Wenigen, der diese Ehre erlangt hat. Obwohl es natürlich auch hier unterschiedlich wichtige Aufgaben gibt. Ich selber kümmere mich darum, dass die Tiere genug Bewegung bekommen und ich alte ihr Fell in Stand. Deine Aufgaben würden sich erstmal auf das Füttern der Tiere und das Reinigen der Boxen beschränken. Jedoch könntest du dich mit der Zeit hocharbeiten. Aber nun gut, wollen wir erst einmal sehen, wie du mit den Goldstücken zurecht kommst."
Und abermals bekomme ich seinen Rücken zusehen. Der hält sich auch für so enorm wichtig, dass er es für nötig hält im Pferdestall einen Anzug zu tragen. Also ich finde das ja eher peinlich, aber er scheint da wohl anderer Ansicht zu sein. Einzig allein der Anblick der Pferde besänftigt mich wieder, sodass ich ihn nicht verdresche. Irgendwie hatte ich schon immer eine schwäche für die majestätischen Tiere. Schon als kleines Kind habe ich sie bewundert, ja fast vergöttert. Verträumt schweift mein Blick über die Pferde. Es stehen genau sechs der Tiere in sechs riesigen Boxen. Ich schätze sie haben hier schon ein gutes Leben. Kurz vergesse ich wo ich mich befinde und warum ich hier bin. Lächelnd laufe ich auf eine weiße Stute zu, die links von mir in der Box steht. Als ich bei ihr ankomme beugt sie ihren kopf so weit zu mir runter, dass ich sie bequem streicheln kann. Meine Hand gleitet durch ihr weiches Fell und ich spreche leise auf sie ein: „Na wer bist du denn? Scheint so, als wärst du eine ganz Brave."
Ich zucke zusammen als sich plötzlich eine Stimme neben mir erhebt.
„Das ist sie allerdings. Das ist Bella und das Kleine hinter ihr ist Opal", sagt er in einem sanften Ton, den ich bei ihm nicht erwartet habe. Überrascht bemerke ich das liebevolle Funkeln in seinem Blick, als er die Stute betrachtet. Er schein die Tiere wirklich zu lieben. Seine Worte kommen mir wieder in den Sinn. Er hat zwei Pferde erwähnt. Neugierig betrachte ich die Box nochmal gründlich und entdecke einen kleinen grauen Kopf hinter Bella hervorlugen. Meine Augen weiten sich bei dem niedlichen Anblick, der sich mir bietet. Scheu kommt das kleine Fohlen hinter der Mutter hervor und nähert sich uns vorsichtig. Ganz langsam strecke ich ihm meine Hand entgegen und lasse es an mir schnuppern. Ganz zart streiche ich auch ihm über die Nase, woraufhin es leise zufrieden schnaubt. Am liebsten hätte ich es jetzt umarmt und nie wieder losgelassen, doch das geht leider nicht.
„Du hast Glück. Opal lässt sich nicht von vielen Menschen streicheln. Womöglich habe ich mich doch in dir getäuscht."
Er räuspert sich einmal und fügt noch hinzu: „Aber wir sollten nun wirklich anfangen."

Ja, ich habe es auch mal wieder geschafft. Es tut mir leid, dass ihr solange warten musstet.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 11, 2018 ⏰

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