Kapitel eins: Shipping is fun.

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Hey. Oh mein Gott.

Meine Augen wurden mit jedem Satz nur größer. Doch Yoongi Hyung war nicht zu stoppen. Er lehnte sich weiter zu mir hin.

_'Er nahm meine Hand und schob seine Finger zwischen meine. Sachte, als hätte er Angst, dass ich zerbrechen könnte, wenn er zu harsch mit mir war. Der Mond warf sein eigentümliches, bläuliches Licht auf das Feld, auf dem wir standen. Wie hatte er mich hier draußen überhaupt gefunden?'_

"Hyung, lass das jetzt...", sagte ich und sah mich um, nicht dass jemand das hörte. Doch Yoongi Hyung wurde nur immer theatralischer, als er vorlas.

_'Taehyung', wisperte ich leicht überfordert und blickte dann wieder auf in seine wunderschönen, dunklen Augen. Er strich mir mit dem Daumen seiner freien Hand über meine Lippe, was mich zum verstummen brachte. 'Shhhh...', sagte er nur leise. 'Jungkook.' Seine Stimme ging unter die Haut. Seine Berührung elektrisierte mich. Mein Atem stockte, als sich unsere Blick noch einmal mehr trafen. Er beugte sich zu mir hinunter und...'_

Ich schnappte Yoongi das Notizbuch weg, aus dem er die ganze Zeit vorlas. "Gib das her", sagte ich und ich konnte nichts dagegen tun, dass ich peinlich berührt war von dem Ganzen. Yoongi kicherte recht unmännlich und ich konnte mich nicht daran erinnern, ihn je so schadenfroh gesehen zu haben. Schnell klappte ich das Buch zu. Wem auch immer das gehörte... hatte eine blühende Fantasie.

Misstrauisch betrachtete ich den Einband des Buches, der schon etwas abgegriffen war. Sicherlich wurde das Buch oft benutzt. Offensichtlich, denn die Geschichte, die mich beinhaltete, war schon mehrere Kapitel lang und immer wieder waren Seiten dazwischen geklebt worden, um die Geschichte zu erweitern.

"Oppa!", beschwerte sich eine helle Stimme neben mir und ich blickte in die Augen meiner kleinen Schwester, "Es wurde gerade spannend." Ich sah sie entgeistert an. "Dein Ernst??" Sie kicherte ebenfalls, führ sich durch die langen, schwarzen Haare und nahm mir das Buch ab, mit dem Yoongi am Anfang der Pause zu uns gekommen war. Er hatte es im Studienraum gefunden und wollte es eigentlich ins Sekretariat bringen, doch einer der Zettel war hinaus gefallen und auf dem standen schon sehr interessante Sachen, wie er meinte. Und nun? Er war damit zu mir gekommen, denn das Notizbuch entpuppte sich als, wie sollte man sagen... Taekook Story.

"Warum Jungkook?", fragte ich irritiert. Chaeyoung kicherte nur wieder, lehnte sich an meine Schulter und sah zu mir auf. "Weil Mädchen sowas tun. Sie shippen gern Stars." "Ich bin kein Star!", widersprach ich und sie zuckte mit den Schultern. "In der Schule schon, Oppa", sagte sie und hing sich an meinen Hals. "Schau, du bist der Anführertyp..." "Captain" "Was auch immer, des Lacrosse Teams. Er ist der Star von jedem Musical seit er auf diese Schule gekommen ist." Sie ließ mich wieder los.

"Ihr habt eine Menge weibliche Fans. Wenn Mädchen jemanden für viel zu weit weg empfinden... und weil es im Moment super trendy ist heterosexuelle Jungs zu shippen, schreiben sie Liebesgeschichten zwischen den Beiden." Ich zog bei der Erklärung nur eine Braue hoch. Was hatte das bitte zu bedeuten? Sie sah mich an mit einem Blick, der mir wohl sagen sollte, dass sie mich gerade für zu blöd hielt, aber sie es mir gleich erklären würde. Beste Schwester, die sie war. 

Sie hielt eine Hand hoch. "Also, Taehyungie Oppa, nimm einen super sexy, talentierten Typen..." Dann nahm sie die zweite Hand hoch, "Nimm einen Zweiten..." Sie klatschte ihre Hände zusammen, "Pack sie zusammen, entscheide dich, wer der Top ist. Läuft." Ich sah sie an und selbst Yoongi war inzwischen sprachlos. "Top?", fragte ich verunsichert. "Der, der bei Gaysex stecken darf", klärte nun Yoongi mich fröhlich auf.

Oh mein Gott.

"Und in der Geschichte ist das wer?", fragte ich vorsichtig. Chaeyoung blätterte durch die Seiten. "Offensichtlich du." "Oh Gott sei Dank", sagte ich ironisch, doch dann stoppte ich. "Warte was, da ist kein...", begann ich. "Oh doch", antwortete meine Schwester amüsiert und ich schnappte nun auch ihr das Buch weg. "Wie kannst du das lesen??", fuhr ich sie an und sie zuckte mit den Schultern.

"Weißt du, das ist ein fiktiver Charakter, der dein Aussehen und Namen hat. Das ist für mich nicht, als würde ich über meinen Bruder lesen. Das ist wie eine süße Boy x Boy Story", erklärte sie und setzte sich neben Yoongi. "Mach die Augen auf und lies ein paar Zeilen. Sie ist wirklich gut. Das was ich bis jetzt gelesen habe, war echt nicht schlecht."

Zu meinem Verdruss nicke Yoongi auch noch. "Mann, es könnte so viel schlimmer sein." "Sehr, sehr viel schlimmer...", stimmte Chae zu. "Daddykink", setzte Yoongi hinzu. "Was?"

Wollte ich das wirklich wissen? Nein, das klang furchtbar. "Es gibt gute Daddykink, aber wenige." "Was treibt ihr beiden in euerer Freizeit?", fragte ich und winkte dann ab. Nein Mann, ich wollte es echt nicht wissen! Ich strich mit den Fingern durch die Seiten des Buches und öffnete ganz zufällig eine. Dann nahm ich die Schrift unter die Lupe.

"Du denkst also, das war ein Mädchen?", fragte ich und Chae nickte vage. "Nicht nur, dass ich mir gut vorstellen kann, dass es an dieser Schule wen geben könnte, der zwei hübsche Jungs shippt, die Schrift ist auch... irgendwie feminin."

"Vielleicht war es ja Jungkook selbst?", warf Yoongi ein und nickte rüber und mein und Chaes Blick wanderten in die Richtung, in die er deutete, wo der Rothaarige saß. Er hatte eine Traube Mädchen um sich und lächelte gerade charmant eine von ihnen an. "Naaah", sagte ich. Ich konnte es mir beim besten Willen nicht vorstellen, denn er saß da, wie ein ganz normaler Typ, nicht wie jemand der sich selbst gern in die Nicht-Top-Rolle eines Gayromans schreiben würde.

Ich beobachtete ihn eine Weile und musste feststellen, dass er wohl gern Mädchen antatschte. Er hatte auf jeden Fall keine Berührungsängste.

Mein Blick wanderte wieder zu dem Text vor mir. Ja, Chaeyoung hatte recht. Die Schrift sah doch ziemlich weiblich aus. Ordentlich, rund, leicht verschnörkelt, vor allem die großen Buchstaben. Sie war hübsch. Sie schien zu den Worten zu passen, die geschrieben standen. Ich klappte das Buch wieder zu und steckte es ein. Es klingelte.


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