Kapitel vier: Partner in Crime.

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Jungkook war ein anderer, wenn er allein war.

Ich hatte es vorher nie gesehen, es war auch nicht so, als hätte ich es groß beachtet, doch wenn er allein war, schein er mit einem Mal in sich gekehrt. Ich fragte mich, wie viele Rollen er am Tag wohl spielte, um den Erwartungen seiner Umwelt gerecht zu werden. Ich erwischte ihn wieder lesend. Dieses Mal hatte ich wirklich eine Freistunde.

Ohne eine Einleitung setzte ich mich zu ihm. Er lehnte an dem Stamm der alten, erhabenen Silberesche, die auf dem Schulgelände wuchs und mit ihrer gewaltigen Krone Schatten spendete, in den man sich verziehen konnte, wenn man die Frühlingsonne nicht zu schätzen wusste. Ich mochte es, wenn ich braun wurde. Ich liebte es mich von der Sonne braten zu lassen, bis ich gut durch war. Persönlich fand ich, dass mir der sonnige Taint auch gut stand.

Jungkook hingegen schien ein blasser Typ zu sein. Er hatte vergleichen mit mir wirklich helle Haut. Kellerkind.

"Hi Kookie", sagte ich und er sah von seinem Buch langsam auf. "Kookie." Ich nickte. "Buch Tae nennt Buch Kookie so. Süß, oder?" Irrte ich mich, oder nahmen seine Wangen einen niedlichen Rosaschimmer an? "Findest du?", fragte er. Ich nickte vage. Er wiederum zuckte mit den Schultern. "Nenn mich Kookie", meinte er nur, als sei es ihm egal und ich lächelte. Das hatte er nicht umsonst gesagt.

"Hast du darüber nachgedacht, was ich gesagt habe?", fragte ich und er gab mir mit einem Blick und einer unbestimmten Geste zu verstehen, dass ich weiter sprechen musste, weil er nicht wusste, was ich meinte. "Du und ich", begann ich und sah ihn bedeutungsvoll an. "Wir?", fragte er, nachdem ich ein paar Sekunden nichts gesagt hatte. "Genau. Wir." Ich wollte ihn ein wenig testen und wartete, ob er vielleicht die Geduld mit mir verlor. Doch er fing nur an zu grinsen und verdrehte die Augen. "Wir?"

"Wir müssen rausfinden, wer uns hier ungeniert verschwult. Miteinander." Er schnaubte ergeben. "Kannst du es nicht auch einfach lassen? Wenn sie wüsste, dass du es liest, würde sie sich vor Scham sterben." Ich stützte die Lippen. "Oder sich freuen", wandte ich ein und er deutete mit der Hand an, dass das vage war. "Naaah. Ich glaube nicht." Er zog die Beine an und legte das Buch auf die Knie.

"Sag mir nicht, dass du nicht neugierig bist", meinte ich und er zuckte nur unsicher mit den Schultern. "Wie willst du das überhaupt rausfinden." Ich grinste breit. "Zeugenaussagen", sagte ich im Brustton der Überzeugung. "Zeugenaussagen", murmelte er nur und schien wenig begeistert.

Ich stand wieder auf. Dann reichte ich ihm beide Hände. "Los. Arsch hoch!", ich winkte ihn ran und er murrte und nahm meine Hände an. So verdammt weiche Hände, wie machte er das? Ob alles an ihm so weich war? Unwillkürlich musterte ich einen Moment seine Lippen. Ich zog ihn auf die Füße und ließ meinen Blick über ihn gleiten. Er räusperte sich und entzog mir seine Hände, die ich noch immer fest hielt. "Was?", fragte er nervös und ich grinste schief. "Du bist viel größer als im Buch." Scheinbar wusste er dazu nichts zu sagen, er bückte sich nur, um seinen Rucksack aufzunehmen und sah mich an. "Und wo sind deine Zeugen?"

"Das wirst du schon sehen", antwortete ich und schleppe ihn mit zum Studienraum. Wer ihn benutzte müsste sich im Sekretariat in eine Liste eintragen denn sonst gab es keinen Schlüssel. Der Raum war abgeschlossen, zumindest sollte er das sein.

Wenn man in den Raum wollte, musste man eh hier vorbei unter den strengen Blicken von Mrs Kim. Nicht irgendeine. Naaaaaain. Meine Mom. Das gab Vorteile. Hier bitte eine dämliche Möchtergern-Evil-Lache denken.

"Ich lenke sie ab und du checkst die Liste", schlug Jungkook vor, noch ehe ich ihm sagen konnte, was genau ich vor hatte. Ich lachte leise, weil er einfach so mein Partner in Crime wurde, ohne sich weiter zu wehren. Initiative! So kamen wir voran. "Copy that", sagte ich nur uns stieß die Glastür zum Sekretariat auf.

"Hey Mom", grüßte ich sie und sie sah mich strafend an. "Du hast keine Freistunde." "Doch hab ich", antworte ich. "L Kurs und C Kurs sind getauscht worden, also hab ich jetzt frei. Komm schon, Mom, wer würde schwänzen und dann absichtlich seiner Mutter in die Arme laufen? Komm, gib mir die Liste." Sie gab mir dir Liste rüber und wedelte spaßeshalber mit dem Zeigefinger. "Das ist ganz genau der Grund warum du das bringe würdest, Kim Taehyung."

Damit wandte sie sich meinem Partner in Crime zu. "Hallo Jungkook", sagte sie freundlich und er lächelte charmant. "Hallo Mrs. Kim. Wie geht es Ihnen und der Familie?"

"Wie es meinem Sohn geht, siehst du ja, der Rest ist auch okay, wie nett, dass du fragst", ging sie auf den Smalltalk ein. "Oh hat Yeontan seine Op gut überstanden?" Warte woher wusste er wie unser Hund hieß? Ich war einen Moment so verwundert, ich vergass beinahe den Auftrag. Wie viel quatschte meine Mutter eigentlich?

Schnell blätterte ich zum Montag und machte mit dem Handy eine Aufnahme von den Leuten, die auf der Liste standen während meine Mutter anfing von Yeontans Kreuzbandriss zu erzählen. Ein Name stach mir dabei besonders ins Auge. Ich trug uns beide in die Liste ein.

"... also alles in allem geht es ihm gut. Das ganze nimmt Tae hier deutlich mehr mit, als ihn", schloss sie schließlich und Jungkook nickte verstehend. "Wann ist wieder Casting?", fragte sie dann und Jungkook antwortete mit einem Award gewinnenden Lächeln und mir würde zwei Sachen klar: die quatschten öfter und meine Mom war ein Jungkook-Fangirl. "Erst in zwei Wochen", antwortete er und sie nickte das ab.

"Kommst du?", fragte ich und er nickte. Wir winkten ihr beide noch mal und gingen dann durch in den Raum. Ich schloss die Tür auf und kaum war ich drin schnappte ich mir den Rothaarigen und stellte ihn gegen die Wand. Seine Augen weiteren sich überrascht und er schluckte leer. Ich hätte meine Hand auf seiner Brust liegen, damit er nicht abhauen könnte.

Alles nur Dramatik. "Soso", sagte ich kühl und rutschte an ihn ran, "Willst du mir was erzählen??" Seine Augen wurden noch größer und er wurde definitiv rot und das war irgendwie super niedlich. Ich war zu nah.

"I-ich hab nichts mit deiner Mutter??", fragte er und schüttelte verwirrt den Kopf. Er erinnerte sich also nicht. Ich machte das Bild auf und zeigte es ihm. "Du bist ein Zeuge." Ich drehte das Handy so, dass ich das Bild wieder betrachten konnte. "Junge, hast du eine Sauklaue."

 

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