Kapitel drei: Facetten.

2.1K 282 120
                                    

_Wenn man sich nur genug Mühe gab, dann konnte man sehen, wie viele Facetten er hatte. Ich wusste, er hatte es nicht leicht. Wenn man der Captain eines Teams war, egal welcher Sport, dann durfte man keine Schwächen zeigen. Man durfte sich nichts gefallen lassen und wenn jemand aus der Reihe tanzte, dann musste man bereit sein, ein ernstes Wort mit demjenigen zu sprechen. Ich könnte nie, was er konnte und deswegen bewunderte ich ihn im Stillen nur noch mehr. Er schien das genau das richtige Maß zu finden. Er wanderte auf dem schmalen Grad zwischen Kumpel und Captain. Das Team was er hatte war eines der Besten, denn sie hatten einen hervorragenden Captain._

Wow. Ich lag auf meinem Bett und wenn das so weiter ging, dann wurde ich fast ein wenig rot. Wer auch immer das schrieb, schien wirklich etwas für mich über zu haben und nachdem ich die ersten Sätze nochmal gelesen hatte, rollte ich mich auf den Rücken und sah zu Decke. Ich hätte nie gedacht, dass es eine Person geben konnte, die mich derart verstand, ohne mich überhaupt zu kennen.

Auch wenn das ganz offensichtlich stimmte, die meisten sahen es nicht. Die meisten dachtenes sei nur cool der Captain zu sein, aber dass es mit Arbeit verbunden und manchmal unangenehm war, das sah kaum jemand. Es war toll und ich hatte meinen Posten gern inne, aber es gab dann und wann definitiv Momente, wo der Druck einen zu erdrücken drohte,  vor allem, wenn die Meisterschaft wieder Anstand und man wie mir immer ganz oben mitmischte.

Manchmal war Motivation alles, was es brauchte, ein Spiel noch mal zu drehen. Doch die müsste man erst mal wieder aufbringen, wenn man selbst keine mehr hatte.

Wer war sie, dass sie mich auf diese Art und Weise betrachtete?

Ich drehte mich wieder zurück auf den Bauch und erneut musterte ich die ordentliche, geschwungene Schrift. Sie war speziell, man würde sie überall wiedererkennen können. Die leicht geschnörkelten großen Buchstaben und die Art und Weise, wie sie manchmal den Haken an den kleinen Ns und Ms etwas übertrieb.

Zunächst hatte ich gedacht, dass ich was zum Lachen kriegen würde, wenn ich das Buch lesen würde, dem war auch so, denn sie hatte einen speziellen, trockenen Humor, aber es war dennoch mehr als das. Es brachte mich zum Nachdenken. Zum ersten... Was wäre wenn ich schwul wäre? In meiner Vorstellung war das gar nicht so schlimm. Dann wäre ich es eben. Meine Gedanken wanderten zu Jungkook und ich fragte mich insgeheim, ob ich ihn wohl attraktiv finden würde.

Die Antwort war schwerer zu finden als Gedacht, denn je mehr ich darüber grübelte, merkte ich, dass mir persönlich ziemlich egal war, wie er aussah. Ich kannte ihn nicht und irgendwie wurden Menschen erst attraktiver, wenn ich sie kennen und mögen lernte. Das war so auch gewesen bei einer Freundin von mir, in die ich mich schließlich verliebt hatte. Oder Yoongi. Ihn fand ich ziemlich attraktiv einfach. Weil ich ihn auch super gern hatte.

Ich würde das wahrscheinlich auch tun, wenn er ein Mädchen wäre. Also war das an und für sich eine echt schwierige Frage.

Die zweite Frage, sie sich mir auftat war, ob sie wohl eine Stalkerin war? Und ob ich jetzt Angst haben musste? Sie schien mich zu beobachten, doch irgendwie musste ich feststellen, dass ich das nicht creepy fand, sondern irgendwie süß? Normalerweise würde ich das alles einfach nur merkwürdig finden, aber da war die Art und Wiese, wie sie mich beschrieb. Sie legte wert auf Details. Sie versuchte das Original - also mich - so detailgetreu wie es nur geht nachzuempfinden.

Jedoch standen in dem Buch keine Sachen die sie nur wissen konnte, wenn sie mich wirklich stalkte, also  bis nach Hause in die Schublade wo meine Boxershorts lagerten. Es war also noch nicht besorgniserregend.

Viel eher war es so, als sei sie eine Person, die mich mit offenen Augen betrachtete und versuchte zu portraitieren, was mich ausmachte, wenn man mich mal mehr als oberflächlich betrachtete und ich mochte das.

Das schockierendste wahr wohl, wie gut sie meinen Charakter eigentlich traf. Kaum was von dem, was ich gelesen hatte, konnte ich nicht zumindest zum Teil abnicken und bestätigen. Außer einer Sache vielleicht... ich war nicht schwul.

Gefühlt gab sie sich bei der Beschreibung von Jungkook nicht so viel Mühe, aber das konnte auch daran liegen, dass sie sich dazu entschieden hatte, seine Sicht zu schrieben und er war der, der zuerst verknallt war, also war die liebevolle Beschreibung vielleicht auch dem zuzuschieben, aber nichts desto trotz schien sie Augenmerk auf mich gelegt zu haben. Wahrscheinlich wäre sie selbst gern Jungkook. Ich fragte mich, warum sich mich nicht einfach mit sich selbst zusammen gebracht hatte, aber wahrscheinlich war das ein weiteres Autorending, mit denen sich Chaeyoung, warum auch immer, auskannte. Sie als selbsternannte Expertin war begeistert von der Geschichte.

Ich versuchte ihren Rat zu befolgen, doch ich konnte mich noch nicht davon lösen, dass da mein Name stand. Auch wenn sich das allmählich einstellte, je mehr ich las.

Die Gesichte startete ziemlich klischéemäßig, denn ich rannte Jungkook einfach über den Haufen und half ihm Bücher auflesen und gab sie ihm wieder und solchen Scheiß und erst dachte ich, dass das ziemlich lame werden würde, doch dann stellte sich heraus, dass der Prota - also Jungkook - das nur geträumt hatte, als er im Studienzimmer weggenickt war und er schalt sich selbst einen Idioten, packte seine Sachen und während er in einem inneren Monolog führte über die Bescheuertheit von Teeniedramen, rannte er mich "in echt" um. Ich musste lachen irgendwie, denn dieser Jungkook besaß dann die Dreistigkeit, den Buchtae anzuzicken, was dieser aber mit einem charmanten - jetzt kommt es - Kastenlächeln hinnimmt, ihn stabilisiert, weil er ihn abfangen musste und ihm noch nen geschmeidigen (!!) Tag wünscht.

Ein geschmeidiger Tag. Wie akkurat war das denn bitte?

Ich begann das Buch mit jeder Seite mehr zu mögen und ich wurde neugierig. Nicht nur auf Autor-nim. Auch auf Jungkook. Ob es ihm denn ähnlich gehen würde, wenn er das las? Bestimmt, oder? Ich wollte ihm das nicht vorenthalten und ich wollte wissen, wie akkurat er wohl dargestellt war. Also beschloss ich, dass es sich auf jeden Fall lohnen wurde, noch mal mit ihm zu sprechen.  

Picture me. || Taehyung Version ||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt