Kapitel 8: Zerstritten und Zerstreut

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"Micha! Maurice!" Er war heute extra früh aus dem Bett geklettert um seine Freunde auf dem Schulweg noch abzufangen. Er wusste genau das sie immer ziemlich zeitig und somit eher losliefen als er selbst. Er hatte sie von weitem schon gesehen und hat angefangen zu rennen.

Auch heute war das Wetter wieder kühl, allerdings nicht regnerisch. Die sonne schien schwach und wenn man eben in einem Sonnigen Bereich stand, waren die Temperaturen doch ganz angenehm. Es waren auch nur noch diese und knapp eine weitere Woche und dann hätten sie endlich die langersehnten Herbstferien. Zwar gingen sie im Moment erst seit sechseinhalb Wochen wieder zur Schule und dennoch war es anstrengend und nervenaufreibend.

"Ah Manu..." Begeistert klang der Blondschopf ja nicht gerade als er bei den beiden ankam. Nahmen sie ihm das wirklich so übel? So nachtragend waren sie doch sonst auch nicht. Hatte er noch mehr falsch gemacht?

"Jungs, es tut mir wirklich leid das ich euch versetzt habe." Betonte er noch einmal. Mehr als sich entschuldigen konnte er ja auch nicht. Sie liefen gerade alle nebeneinander den Weg entlang. Die Schule war schon in Sicht, so weit war der Weg eben auch nicht. Zehn Minuten vielleicht, wenn sie Bummelten.

"Manu das ist es ja nicht. Vielmehr das du uns wegen Patrick versetzt hast! Ich habe dir doch gesagt du sollst dich fern halten." Murrte Maurice. Der dritte im Bunde hielt sich aus der Unterhaltung raus und schaute lieber zwischen den beiden Streithähnen hin und her. Dabei war Manu doch gekommen um sich zu entschuldigen.

"Ja das hast du! Und Sebastian auch. Mehrmals. Aber keiner sagt mir den verdammten Grund dafür! Und warum sollte ich mich daran halten, wenn ich nicht weiß wieso?!" Dem Brünetten reichte es jetzt auch. Immer wollten ihm die Leute was vorschreiben. Warum konnten sie ihm dann nicht wenigstens erklären, warum genau er dies und das tun sollte? Manu verschnellerte seine Schritte und lief schon die paar Treppen zum Haupteingang hoch.

"Manu!" Michaels Stimme, die noch nach ihm rief, klang erschrocken, ja fast besorgt. Dieser reagierte da jetzt aber nicht weiter drauf. Er öffnete die große verglaste Tür und betrat das Schulhaus welches schon von einigen Schülern gefüllt war. Zum ersten Mal, so weit er sich erinnern konnte, da war er froh nicht in der gleichen Klasse wie die beiden zu sein.

Er ließ auch das Mittagessen ausfallen und verbrachte die Hofpause bei den Leuten aus seiner Klasse. Er hatte nur zwischendurch den fragenden Blick seines Banknachbarns bemerkt, dieser war eigentlich auch ganz gut mit Manu befreundet und wusste das er sonst immer bei den anderen beiden stand. Zu Manus Verwunderung hatte auch Patrick erstaunt geschaut, als dieser mit ein paar Freunden an der Gruppe, in der Manu stand, vorbeigelaufen war. Aber selbst diesen konnte Manu problemlos ignorieren. Ihm war in diesem Moment einfach wirklich alles egal.

So auch der Folgende Unterricht. Es war ein Glück das er schon immer den Fensterplatz hatte. Denn den brauchte er jetzt. Den ganzen Geographie Unterricht einfach nur aus dem Fenster schauen. Nichts anderes tat er. An nichts denken und nichts tun. Manchmal musste das einfach sein. Einfach Mal den Kopf abschalten und nur noch da sein. Aber auch das gehörte dazu. Man konnte nicht ständig gut gelaunt herum schwirren und den Tag genießen. Auch schlechte Seiten gehörten dazu. Vielleicht zeigte Manus Leben jetzt Mal eine der Schlechten Seiten. Denn so gesehen hatte er nur gute gehabt. Und die, die dorte nicht mit hinein zählten diese Erinnerungen und Erlebnisse waren nicht besonders schlecht, sie hatten vielleicht einfach nicht so viel bedeutung.

"Manuel, hören sie überhaupt zu?" Erschrocken riss der Brünette den Kopf herum, als er seinen Namen hörte. Die Lehrerin stand abwartend an der Tafel, den Blick gespannt auf ihn gerichtet.

"Entschuldigung..." Sagte er und starrte auf seine Hände welche auf dem Tisch lagen. Ein seufzen der Lehrerin und ein paar Lacher der Schüler waren zu hören. Wirklich entspannend war das hier auch nicht. Wenn er ehrlich war, dann wollte er gerade eben einfach nur unter seine warme Decke, unter welcher er sich verstecken könnte und das Bett nie wieder verlassen müsste. So einfach war das dann leider auch nicht. Wäre ja gelacht gewesen, könnte er jetzt einfach so gehen. Ihm standen noch vier weitere Schulstunden bevor.

Er könnte sich krank melden und sich abholen lassen. Kopfschmerzen hatte er immerhin wirklich. Diese kamen dann aber eher von dem ganzen Nachdenken. Allerdings schrieben sie in der letzten Stunde eine Mathearbeit. Welcher Idiot hatte Mathematik überhaupt in die Achte stunde Gelegt? Wen wollte dieser Typ denn umbringen? Und auch den anderen Fächern müsste er sich wieder die ganzen Notizen holen. Das wäre alles viel zu umständlich. Also, das hieß er müsse weiter dem langweiligen Geschwafel seiner Geolehrerin zuhören. Sie redete aber auch wirklich viel. Manchmal bestanden die Stunden nur daraus, daß die Schüler da saßen und die Lehrerin erzählte.

"Hey was ist den heute mit dir los?" Claus, sein Banknachbar stubste ihn in die Seite und schaute ihn erwartungsvoll an.

Sein Gegenüber konnte nur mit den Schultern zucken und den Blick wieder abwenden. Auch zum reden hatte er gerade keine Lust. Er hatte auf nichts Lust wenn man das mal so auslegte.

"Ach komm schon, du hast doch was." Claus wollte aber auch nicht aufgeben. Gott konnten ihn denn nicht einmal alle in Ruhe lassen? Er mochte seinen Banknachbarn ja, aber sieht er denn nicht das Manu im Moment nicht reden will oder so? Er meinte es ja nur gut, und trotzdem reizte das die Nerven extrem.

"Na komm, du sagst mir doch sonst-" flüsterte er wieder. Doch Manu konnte sich das nicht mehr anhören. Das war ja schrecklich. Er wollte doch nur seine Ruhe. Die Lehrerin konnte man gut ausblenden, einfach nicht darauf hören was sie sagte. Wenn von nebenan allerdings noch eine nervige Person kommt die immer wieder Fragen stellt und einem in die Seite piekte, war das echt schlimm.

"Lass mich doch endlich!" Zischte der Brünette giftig zurück. Er hatte das nicht gerade leise gesagt also lagen nun alle Augen auf den beiden.

"Kann man ihnen irgendwie behilflich sein?" Die Lehrerin kam mit einem bedrohlich, grimmigen Gesichtsausdruck auf die Bank der beiden zu. Generell schien heute eine sehr angespannte Situation. Alle Leute schienen schnell gereizt oder einfach nur schlecht gelaunt. Eventuell stand der Mond ja wieder an einer Blöden Stelle. Er hatte irgendwann beim Fernsehen Mal was davon gehört, das die Stellung des Mondes die Gemüter der Menschen und auch ihre Stimmung beeinflussen könne. Von daher könnte das gut möglich sein. Er kannte sich damit aber nicht wirklich aus.

"Nein anscheinend nicht." Ihm war wirklich alles egal. Er motzte soeben eine seiner Lehrerinnen an. Hätte er nicht so schlechte Laune, da hätte er sich das niemals getraut. Weil das war immerhin noch ein Erwachsener, welcher hier das sagen hatte.

"Ich glaube sie sollten für einen Moment an die frische Luft!" Sie hob den Zeigefinger Richtung Tür und sah abwartend zu dem Jungen. Augenrollend erhob er sich und lief zur besagten Tür. Aus dieser raus knallte er sie schön hinter sich zu. Das wirkte ein klein wenig befriedigend. Man kannte es doch, wenn man wütend ist und dann die Tür knallt. Es half immer ein kleines bisschen. Warum auch immer.

Er lief den Gang entlang zu den Treppen welche er schnell herunter hüpfte. Im Erdgeschoss waren es auch nur noch wenige Meter um an die Frische Luft zu kommen.

Der Kühle Wind blies ihm entgegen. Er hatte seine Jacke nicht dabei weshalb es schon leicht kühl war, allerdings war es auszuhalten und die Kälte ließ ihn wieder zu Besinnung kommen.

"Und was tust du hier draußen?" Erschrocken fuhr er herum und an der Wand neben der Glastür, da stand Palle. Er hatte seine Zigarette zwischen den Fingern und blies eben den Rauch aus seinem Mund. Er schmiss sie auf den gepflasterten Boden und trat darauf. Er grinste den Jüngeren einfach nur an und steckte seine Hände wieder in die Hosentaschen.

Zufallsglück // KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt