Kapitel 11 - 15. Skorpion

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Kapitel 11: 15. Skorpion

Yuna lehnte sich mit den Rücken gegen den Rahmen des Fensters, durch das sie blickte. Sie saß innen auf der Fensterbank und beobachtete die Anwärter, die nach der Vorführung und der Gruppenverteilung über das Schulgelände liefen.

Etwas hinter ihr saßen Nemesis und Eabha auf dem Sofa. Eabha hatte ihren Kopf auf seinem Schoß gebettet und schlief, während Nemesis ihr durch die Haare und über den Rücken strich.

Auf dem Sessel gegenüber saß Sezuna in ein Buch vertieft. Auf ihrer Armlehne Sephiroth, der ebenfalls mitzulesen schien.

Ascardia hatte sich mit Jamilia, der Lehrerin für Kontrolle und Weltenlehre an einen kleinen Schachtisch niedergelassen, wo sie sich leise über einige Änderungen am Schulmantel unterhielten, die Jamilia geplant hatte.

Die junge Frau war von Geburt an zwar eine Königin, doch eine so schwache, dass sie sich nicht dazu entschlossen hatte zu herrschen. Stattdessen hatte sie ein Kleidergeschäft mit magisch verbesserten Kleidern eröffnet und war später nach Nyo in den Stoffturm gezogen, der für seine Vielfalt an Kleidungen bekannt war.

Jamilia war keine reinrassige Itari, denn ihr Vater war ein Werwolf gewesen. Dennoch war sie durch die leicht spitzen Ohren und die blasse Haut eher als solche zu erkennen. Sie besaß generell kaum Merkmale ihrer väterlichen Blutlienie. Anders, als ihr Bruder Karas, der hier als Schmied an der Schule war.

Jamilia fuhr sich durch das schwarze Haar, das sie zu einem Zopf gebunden hatte und mit ihren goldenen Augen, die durch ihre weiße Pupille auf viele abschreckend wirkten, betrachtete sie das Spielfeld.

"Es sind dieses Jahr Königinnen unter den Anwärtern. Wie kommt das?", fragte sie in den Raum hinein und wusste, dass sie irgendwann eine Antwort erhalten würde.

"Sie stammen aus Gegenden, die schon oft unsere Anfragen abgelehnt haben. Normalerweise ist es dort nicht üblich, dass sie ihre Königinnen auf eine solche Schule schicken und auch die wenigsten von ihnen unterhalten Handelsbeziehungen mit anderen Ländern", erklärte Sezuna, ohne etwas Wertendes in der Stimme zu haben. Sie erklärte es so emotionslos, wie sie einen Fakt aus einem Buch vorlesen würde.

"Glaubst du sie werden Probleme machen?", wollte nun auch Ascardia wissen und blickte die Rothaarige an.

"Königinnen aus diesen Gebieten kennen meist nicht einmal die Grundlagen von dem, was sie ausmacht. Mit Sicherheit wird es zu Problemen kommen. Ich hoffe nur, es wird nicht wieder irgendwem der Krieg erklärt", murmelte Sezuna, schien aber selbst beim letzten Satz eher teilnahmslos zu sein. Es waren einfach zu viele Jahre, in denen sie Erfahrung gesammelt hatte, als das sie noch wirklich etwas überraschte. Genau genommen rechnete sie sogar damit, dass sie irgendwann in diesem Schuljahr einen Krieg verhindern mussten, oder andere, komplizierte Dinge in der Politik, bereinigen.

Ein leises Summen ertönte und sofort richteten sich alle Augen auf Eabha, die angefangen hatte im Schlaf leise zu singen. Ihre zarte Stimme hallte durch den Raum und ließ Ascardia leicht erzittern. Doch sie war gegen den Zauber der Korrigane gewapptnet und so wusste sie, womit sie rechnen musste. Ihre Schilde waren stark genug.

Nicht so die von Jamilia.

Diese ließ die Figur fallen, als sie sich erhob. "Ich gehe meinen Mann suchen", verkündete sie mit einem Schnurren in der Stimme, ehe sie förmlich hinaus rannte.

Sezuna wandte sich an ihre weißhaarige Schwester. "Ist Chiaki nicht gerade in Aqua?", wollte sie wissen und meinte damit den Planeten des Meervolkes, der fast nur aus Wasser bestand.

"Ja ist er, warum?", fragte Yuna fast teilnahmslos.

"Jami hasst Wasser", stellte Sezuna nachdenklich fest.

"Das wird sie kaum abhalten. Aber sollten wir ihn nicht vorwarnen?", wollte Sephiroth wissen, der Eabha musterte, die ein wenig leiser wurde. Das Lied neigte sich dem Ende zu und die Magie nahm an Intensität zu.

"Nein, mit einer rolligen Katze kommt er schon klar, er hat sie immerhin geheiratet", entschied Sezuna und blickte zu Nemesis, der Eabha weiterhin streichelte. "Was mich mehr interessiert ist Nemesis", erklärte sie laut und deutlich und wartete auf eine Reaktion.

Sämtliche Blicke im Raum waren auf den jungen Engel gerichtet, der Eabha weiter streichelte und auf sie nieder blickte.

Sezuna hob eine Augenbraue, erhob sich und kniete sich vor Eabha und Nemesis, so dass dieser sie sehen konnte. Verwirrt hob er den Blick.

Sezuna legte fragend den Kopf schief und Nemesis hob die Hände, um sich an die Ohren zu greifen und dort zwei Ohrstöpsel herauszuholen, die mit einem Zauber belegt waren.

"Ja?", fragte er und Sezuna blickte irritiert zu diesen.

"Warum trägst du die?", fragte die Rothaarige neugierig und Nemesis zeigte auf seine Frau, die weiter ruhig schlief, als wäre nichts gewesen.

"Sie singt in der Nacht. Ich möchte nicht über sie herfallen, wenn sie schläft. Mein Vater hat mir beigebracht, dass sich das nicht gehört", erklärte er und blickte zu Sephiroth, der noch immer auf der Armlehne saß und nun nachdenklich die Szene musterte.

Sezuna drehte sich um und schenkte diesem ein zweideutiges Lächeln. "Ach, hat er das?"

"Meine Liebe, du hast mir nur einen einzigen Sohn geschenkt. Ich musste doch an irgendjemanden weitergeben, wie man mit Frauen umgeht", gab Sephiroth in einem fast schon beschwichtigenden Tonfall von sich. Sein Blick aus den violetten Augen sagte aber etwas anderes. Darin brannte ein Feuer, das eigens für diese Frau vorbehalten war.

"Hm", machte diese und trat mich schwingenden Hüften auf ihn zu, um seine Arme auf seine Schulter zu legen. Da er noch immer saß, war sie groß genug.

Sezuna beugte sich ein wenig nach vorn, so dass ihre Lippen sein Ohr berührten und sie mit heißen Atem dagegen hauchen und ihm etwas zuflüstern konnte.

"Ich dachte ihr seid immun gegen Eabhas Stimme", kam von Ascardia, die befürchtete, dass die beiden über einander herfallen würden, so wie sie sich gerade ansahen.

"Als würden die beiden Eabha dafür brauchen", sagte Yuna augenrollend, während sie weiter auf die Anwärter blickte, die trotz Dunkelheit noch immer über den Schulhof liefen.

Die beiden Turteltauben in ihrem Rücken ignorierend, betrachtete sie die beiden Frauen, die gerade gemeinsam vom Kräutergarten aus zu den Stallungen liefen. Dabei wirkten sie sehr vertraut, aber nicht so sicher mit ihrer Umgebung. Sie blieben dort, wo magische, schwebende Lichtkugeln die Wege erhellten. Keiner traute sich zu den dunklen Stellen, die mit unsichtbaren Bewachern ausgestattet waren. Sollte irgendetwas an diesem Abend geschehen, würden die kleinen Schattengeister sofort die Lehrer benachrichtigen. Außerdem würde Humom mit seiner Kristallkugel alles verfolgen können, was hier auf dem Schulgelände abging.

Es war wirklich erstaunlich, wie schnell sich die junge Königin mit jemanden angefreundet hatte. Das hatte Yuna nicht erwartet.

Dieses Schuljahr schien ein paar interessante Dinge bereitzuhalten und es würde sich lohnen, die Augen offen zu halten.

"Wir bekommen Besuch", bemerkte die Weißhaarige und blickte vom Fenster zur Tür.

Sezuna, die gerade Sephiroth in einen Kuss verwickelt hatte, löste sich widerwillig und blickte ebenfalls zur Tür.

Nur kurze Zeit später öffnete sie sich und Aurich blickte in den Raum. Als er bemerkte, dass nichts in die Luft flog, oder irgendein Zauber dabei war schief zu laufen, trat er vorsichtig ein. Er war ein einziges Mal hineingegangen, ohne vorher sicher darüber zu sein, dass es ungefährlich war. Der blonde Mann dachte nicht gern daran zurück. Hasenohren waren kein Körperteil, das er gerne erneut hätte.

"Wir haben einen Lich auf der Schule, der mit einem Brief vor den Toren steht", erklärte er, blieb aber nahe bei der Tür.

"So schnell?", murmelte Sezuna und erhob sich. Ihr Mann seufzte und fuhr sich durch die violetten Haare, bevor auch er sich erhob. Es schien Zeit den jungen Neuankömmling zu begrüßen.

Yorukage ~Die Schule der Magie~(Mitmachgeschichte)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt