Kapitel 14 - 16. Skorpion

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Kapitel 14 - 16. Skorpion

Adrian wunderte sich nicht darüber, dass man die Schüler am Dienstag den 16. Skorpion schon vor Sonnenaufgang weckte. Heute würden die Prüfungen beginnen und man hatte ihnen gestern geraten zeitig ins Bett zu gehen. Viele hatten diesen Rat nicht befolgt, Adrian schon. Daher war er auch wesentlich wacher als seine Zimmergenossen.

Der kleine Elf war fast gar nicht aus dem Bett zu bekommen und die grüne Fee, die sie alle wecken sollte, hatte mit ihm zu kämpfen.

Ein wenig belustigt beobachtete Adrian für einen kurzen Moment den Jungen, bevor er sich auf den Weg in das Gemeinschaftsbad machte. Es war gut, dass er einer der ersten war, die geweckt wurden. So hatte er genug Zeit sich fertig zu machen und hoffentlich im Bad nicht erdrückt zu werden.

Seine Wolfsohren zuckten ein wenig, als er der Stimme der Fee lauschte und sein Schwanz lag um seine Hüfte, damit er nicht zu sehr im Weg war. Adrian öffnete die Schranktür und nahm sich seine kampftaugliche, dunkel Kleidung hervor. Es war ein einfacher schwarzer Anzug, der mit Lederelementen versehen war, die ihn schützten. Zum Schluss griff er noch zur Waschtasche, die den Kamm und sein Gel enthielten, damit er seine dunkelbraunen Haare in Form bringen konnte.

Ein letzter Blick mit seinen eisblauen Augen auf den jungen Elf, der sich mittlerweile sogar im Bett aufgesetzt hatte und schon verließ er das Zimmer.

Das Bad war fast leer und so konnte sich Adrian ganz mit seiner Morgenroutine beschäftigen, ehe er sich bereit für den Tag, draußen in den Gemeinschaftsraum setzte und die Füße hochlegte. Bald würde es hier von Anwärtern wimmeln, doch noch war kaum jemand da.

Der junge Mann holte aus seiner Bauchtasche eine kleine Kugel hervor, die er sich ans Ohr hielt und der Musik lauschte, die auf seinem Planeten beliebt war. Es beruhigte ihn ein wenig, denn trotz seines Selbstbewusstseins konnte er nicht verhindern, dass er aufgeregt wurde. Alles hier war neu und es gab so viel zu entdecken. Was würden wohl die Prüfungen sein, denen sie sich stellen mussten? Wer würde es schaffen angenommen zu werden und wer würde gehen müssen?

Sein Blick glitt umher und er bemerkte einen Mann mit blauer Haut.

Schnell schloss er die Hand um die magische Kugel und die Musik erlosch. Stattdessen richtete er seine Ohren ein wenig, so dass er besser hören konnte, was dieser besprach.

Adrian erinnerte sich noch an ihn. Sein Name war Nero und er war ein Magier. Leider nicht in seiner Gruppe und er wirkte auch nicht sonderlich aufgeschlossen, wenn es darum ging mit anderen zu sprechen.

Gerade war er dabei einen jungen Mann, der ihn angesprochen hatte, mit einer fast schon abfälligen und besserwisserischen Bemerkung von sich zu stoßen. Aber nur verbal. Er wurde nicht handgreiflich, obwohl Adrian das fast erwartet hatte.

Gelangweilt ließ Adrian die Musik wieder ertönen und wartete darauf, bis sich endlich auch die letzten Anwärter eingefunden hatten und sie mit den Feen zusammen das Gebäude verlassen konnten.

Draußen trafen sie auf die Frauen und folgte ihnen über das Schulgelände.

Man spürte das Kribbeln von Magie, das immer schlimmer wurde, je näher sie an etwas heran kamen.

Adrian hörte einen verwunderten Aufschrei und dann viele Laute, die ihm zeigten, dass dort etwas Wundervolles, aber auch Erschreckendes vor ihnen lag.

Erst konnte der Halbwerwolf nicht genau sagen, was es war, doch dann bemerkte er das leichte Schimmern hoch in der Luft. Eine riesige Kuppel, wenn er das richtig sah. Außerdem war da ein Gebäude, dass gestern definitiv noch nicht dagewesen war und soweit er wusste, auch nicht auf der Karte des Geländes verzeichnet war. Die Gruppe wurde durch ein riesiges Tor geführt, das sie genau in das Innere der Kuppel brachten. Auf einen Platz aus Sand, von dem aus man weitläufige, nach oben führende Ränge mit Publikum sehen konnte.

Adrian rutschte bei diesem Anblick kurz das Herz in die Hose, bevor er sich daran gewöhnen konnte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er die Prüfung in einer Arena mit Zuschauern abhalten würde.

"Willkommen. Willkommen", erklang eine Stimme und Adrian sah sich um. "Wenn ich euch so vor mir sehe, dann sehe ich meine zahlreichen Töchter. Abenteuerlustig, tapfer und ehrgeizig." Er fand die Stimme hoch in der Luft. Dort stand eine Frau auf einem Ding, das aussah wie ein schwebendes Brett. Neben ihr zwei Jungen, die sich umsahen. Sie schwebten hinab und umkreisten die Anwärter und eine der Feen gab ihnen ein leichtes Nicken. Dann kamen sie zu der Frau, die mit Magie verstärkter Stimme gesprochen hatte und nickten ihr zu.

Adrian verengte ein wenig die eisblauen Augen. Waren das Aufpasser und Kommentatoren?

Die Frau nickte ebenfalls und breitete dann in einer einladenden Geste die Arme aus, schien aber nicht nur zu den Anwärtern zu sprechen, sondern auch zu dem Publikum, das aus Schülern der Yorukage zu bestehen schien.

"Ihr seid gekommen, mit dem Wunsch an einer der renommiertesten Schulen der Mittleren Galaxie aufgenommen zu werden. Doch der Weg dahin ist wie ein dunkler Wald. Voller Abzweigungen, dunkler Pfade und nur mit seltenen Lichtblicken versehen.

Es liegt an euch, ob ihr diesen Wald wieder verlassen könnt."

Adrian rann ein leichter Schauer über den Rücken und er konnte sehen, dass gerade die Jüngeren der Anwärter über diese Ansprache nicht sonderlich begeistert waren. Aber das hielt die Frau mit den wallenden, schwarzen Haaren und den silbern leuchtenden Augen nicht davon ab weiter zu sprechen.

"Die Krieger werden sich dem besten Schüler aus dem letzten Jahrgang der Yorukage stellen müssen. Seine Kraft und Wildheit sind bis dato unerreicht. Mit Schwert und Hammer wird er euch zu Leibe rücken. Besitzt ihr die Kraft und Fähigkeiten, seinen Angriffen standzuhalten? Werdet ihr sein schnelles Schwert parieren können? Werdet ihr der gewaltigen Macht des Hammers „Gebirgsmalmer" trotzen können? Oder werdet ihr am Ende im Staub liegen?"

Adrian knirschte ein wenig mit den Zähnen. Ein Duell? Er hatte etwas Ähnliches erwartet, doch wie sollte er gegen den stärksten Schüler des höchsten Jahrganges nur gewinnen? Oder ging es gar nicht darum?

"Die Magier unter euch, werden sich in einem Labyrinth wiederfinden, welches den Geist auf eine Probe stellt. Das Labyrinth ist tückisch und voller Gefahren und Versuchungen. Könnt ihr die Rätsel lösen? Werdet ihr aus dem Gefahrengebiet kommen, mit erfrischtem und klarem Geist? Oder werdet ihr aufgeben und zur Nahrung des Labyrinths und seine Bewohner werden?"

Adrian sah, wie der Mann mit der blauen Haut ein wenig nachdenklich den Mund verzog und Akeri blass wurde. Er war einer der Magier und schien schon jetzt Angst vor dem zu bekommen, was sie erwartete.

"Die Heiler werden in ein Schlachtfeld geworfen. Voller Blut, Chaos und Tod. Die Leben der tapferen Soldaten werden in euren Händen liegen. Seid ihr dem Stress gewachsen und könnt einen klaren Kopf bewahren? Oder wird euer Blick zu einem blutrotem Schleier, genährt von wachsender Verzweiflung? Könnt ihr retten, bewahren und heilen, im Angesicht des Todes selbst? Oder werdet ihr kauern, zittern und hoffen, dass der Feind euch nicht zuerst findet?"

Wenn es nach Adrian ging, klang das fast am schrecklichsten. Es war gut, dass er fast keine Heiler gesehe hatte. Trotzdem war er gespannt, ob es ihm möglich sein würde, den anderen Prüfungen als Zuschauer beizuwohnen.

"Diejenigen von euch, die diese Prüfungen überstanden haben, dürfen sich glücklich schätzen. Doch damit wird es nicht enden. Im Gegenteil. Erst dann beginnt, die wahre Prüfung. Welche zeigen wird, welches Potenzial in euch schlummert und ob ihr willens und fähig seid, dieses auch herauszuholen.

Meine Wenigkeit wird das Geschehen mit Argusaugen überwachen und dem Publikum stets mitteilen, wie es um euch bestellt ist. Wenn ihr schummelt, sehe ich das und ich werde nicht zögern, es jedem mitzuteilen. Die Augen der Mittleren Galaxie werden auf euch gerichtet sein. Und ihr habt nur zwei Möglichkeiten. Stellt euch dem Druck und wachst daran oder versagt und geht nach Hause.

In diesem Sinne, wünsche ich euch allen viel Glück und vor allem, jede Menge Willensstärke."

Damit endete die Rede und die Zuschauer jubelten und wirkten sehr euphorisch. Was Adrian nicht mit ihnen teilen konnte. Bei den Anwärtern hatte diese Rede eher ein betretenes Schweigen und eine eher melancholische Stimmung ausgelöst. Wo war die Selbstsicherheit hin, die so viele von den jungen Leuten bisher ausgestrahlt hatten? Nur noch wenig war davon geblieben, doch Adrian war fest entschlossen diese Aufnahmeprüfung zu gewinnen. Es war ihm klar, dass es hart werden würde. Diese Schule war immerhin für die besten der besten und es hatten auch vor ihm schon genug Schüler geschafft. Es war also nicht unschaffbar!

Yorukage ~Die Schule der Magie~(Mitmachgeschichte)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt