Kapitel 32 - 19. Skorpion

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Kapitel 32: 19. Skorpion

"Bei allen Schicksals-Göttern. Warum musstest du mich mitschleppen?", fragte Zarrett wenig begeistert. Er war kein Morgenmensch und wenn er zu zeitig geweckt wurde, konnte er ganz schön unwirsch werden. Noch mehr, als er es ohnehin werden konnte. Dennoch war es seine Großmutter, die ihn geweckt hatte und die Vorfreude seine Eltern wiederzusehen, war auch nicht ohne. Es war nicht leicht in die Hölle zu gelangen. Selbst von der Yorukage aus nicht. Und die Leute, die ihm das Tor öffnen konnten, waren meist sehr beschäftigt. Auch wenn Zarrett wusste, dass er eine Familie immer fragen konnte, wollte er sie doch nicht damit nerven. Daher hatte er seinen Vater auch eine sehr lange Zeit nicht mehr gesehen. Die letzten Ferien waren so kurz und stressig gewesen, dass er gar nicht erst nach Hause gegangen war. Etwas, was er im Nachhinein bereute. Vor allem hoffte er auch seinen älteren Bruder begegnen und sich mit ihm austauschen zu können. Es war eine Menge passiert.

"Wir werden nicht lange bleiben, also nutz die Zeit gut", erklärte Sezuna, ohne wirklich auf die Grummellei ihres Enkels einzugehen. Warum auch? Sie wusste, dass er gerne mit ihnen mitkam. Wahrscheinlich hätte er sich wieder beschwert, wenn sie ihn nichts gesagt hätte.

Sezuna machte ein letztes Zeichen auf den Spiegel und dieser begann seltsam schwarz und unheimlich zu schimmern. Ein Zeichen dafür, dass sich das Tor mit der Hölle verbunden hatte.

Es gab mehrere Wege in die Hölle zu gelangen. Man konnte ein Höllentor öffnen, wenn man den richtigen Zauber kannte und genügend Macht hatte. Das ging eigentlich überall, war aber sehr kräftezehrend. Oder man nutzte einen Spiegel, der vorher schon mit der Hölle verankert worden war. Doch von diesen Spiegeln gab es extrem wenige. Immerhin musste man dazu erst einmal in die Hölle gelangen.

Der letzte Weg war der Tod. So gelangte zumindest die Seele in die Unterwelt.

Die kleine Gruppe trat nach und nach aus den Spiegel hinaus in die rote Steinwüste, welche für die Hölle so charakteristisch war. Über ihnen war der blutrote Himmel zu sehen, der die Umgebung immer irgendwie in ein Dämmerlicht tauchte.

Zarrett atmete dem ihn bekannten und geliebten, wenn auch etwas trockenen Duft ein und spürte wie stark durchzogen die Luft mit Sternenstaub war. Es gab an kaum einen anderen Ort mehr Sternenstaub als hier. Und obwohl die Hölle als Ort galt, an dem nichts wuchs, so wusste Zarrett, dass das nicht stimmte. Doch durch die Reinigung der Seelen wurden zu oft zu starke magische Wellen frei, die einfach alles wieder vernichteten. Wer hier lebte musste stark sein, sonst wurde man hier allzuleicht verrückt.

Sezuna atmete ebenfalls tief ein und Aurich konnte erkennen, wie sich von ihrem Hals ausgehend ein schwarzes Muster über ein Stück ihres Gesichts schob. Es waren schwarze Schuppen, wie sie für die Dämonen der Hölle so typisch waren. Außerdem spürte er die Dunkelheit seiner rothaarigen Königin, die langsam ans Licht drang. Aber kontrolliert. Die schwarzen Schuppen überzogen nicht ihren Körper und blieben nur in einem kleinen Teil ihres Gesichtes. Lediglich das Weiß ihrer Augen nahm einen tiefroten Ton an, während sich ihre Pupillen schlitzten. So kam das Gold noch mehr zur Geltung und machte ihren Blick auf eine Weise gefährlich, wie es sonst nicht der Fall war. Während sie auf der Oberwelt versuchte sich möglichst umgänglich zu geben und anzupassen, schrie nun alles an ihr 'Raubtier'.

Aurich spürte, wie sich Belshama'roth in ihm regte und er spürte die Dunkelheit, die langsam stärker wurde.

Die Granate an seinem Schmuck begannen verheißungsvoll zu leuchten und der Lehrer für Politik griff sich an den Kopf. Es war lange her, dass der Dämon ein solches Theater veranstaltete hatte. Er schien so stark auf die Umgebung zu reagieren, dass Aurich nicht einmal verhindern konnte, dass sein violettes Auge begann unheimlich zu leuchten. Normalerweise mied er die Hölle, wenn er die Möglichkeit hatte. "Warum bin ich hier und nicht wo anders?", fragte er mit rauer Stimme an Sezuna gewandt, die ihn jedoch kaum beachtete. Stattdessen erhielt er Zarretts Aufmerksamkeit.

"Was ziehst du denn für eine Lightshow ab? Warst du noch nie in der Hölle?"

"Diese Lightshow verhindert, dass ich dich wunderschön werden lasse und nein, nicht wenn ich es vermeiden kann", gab Aurich wenig begeistert von sich und Zarrett lachte.

"Ich bin schon schön genug", erklärte dieser und fuhr sich galant durch die Haare.

Sezuna schnaubte. "Hör auf mit Aurich zu flirten. Wir haben zutun."

Zarrett starrte seine Großmutter entgeistert an und dann blickte er zu Aurich, ehe er erschauderte."Vergiss die Unterhaltung am besten", grummelte der Schwarzhaarige und steckte seine Hände in die Hosentaschen, um weiter zu laufen. Er kam jedoch nicht weit, als sich ihm ein riesiger Hund in den Weg stellte. Sein Körper war unnatürlich schmal, so dass er aussah wie ein zu dürrer Windhund. Die Pfoten hingegen waren riesig und die roten Augen starrten direkt auf Zarrett. Dann bleckte er seine Zähne, knurrte und sprang den Jungen mit einem einzigen Satz an und riss ihn zu Boden.

Aurich überlegte für einen kurzen Moment seine Waffe zu ziehen, doch in den letzten Jahrhunderten an Sezunas Seite hatte er so viele seltsame Dinge gesehen, dass er gelernt hatte nicht sofort zu schießen, sondern erst einmal abzuwarten. Was sich in dieser Situation auch als richtig herausstellte.

"Blade, hör auf damit", lachte Zarrett, der von dem Hund völlig abgeschleckt wurde und einfach nicht gegen seine Größe und sein Gewicht ankam.

"Morgendusche durch Hundesabber", murmelte Aurich vor sich hin und ließ dadurch Sezuna leise lachen.

"Blade, ich sagte aufhören. Runter. Aus", knurrte Zarrett unwirsch und versuchte den riesigen Höllenhund von sich zu schieben. Er war hier in der Hölle aufgewachsen und in seiner Familie war es üblich, dass die Kinder einen Wachhund an die Seite gestellt bekamen. Immerhin war das Rudel der Höllenhunde dem Höllenfürsten unterstellt. Auch wenn die Hunde auf Grund ihrer Art nicht immer auf ihn hörten. Hu'en, wie die Höllenhunde auch bezeichnet wurden, waren gegen fast jede Magie resistent und die perfekten Wächter für die Hölle.

Zarrett verpasste dem Hund einen Schlag in die Seite, der jeden Schüler der Yorukage wohl ein Stück zur Seite geschleudert hätte. Der Hu'en hingegen gab nur ein Geräusch von sich, das unwillig klang, bevor er sich von Zarrett runter begab und langsam auf Sezuna zutrottete, um auch sie zu begrüßen. Schwanzwedelnd setzte er sich vor sie und bellte einmal kurz. Der Ton war dabei sehr hell und klang nicht unbedingt wie der eines normalen Hundes. Viel mehr wie ein Wesen, das man sich kaum vorstellen konnte.

Sezuna lächelte und tätschelte den Hund den Kopf, bevor ihre Finger ein wenig länger und spitzer wurden. Sie überzogen sich mit schwarzen Schuppen und mit diesen Krallen begann sie schließlich den Hund ein wenig ausgiebiger zu kraulen. Sie ging dazu sogar ein wenig in die Hocke, um besser mit ihm kuscheln zu können.

Aurich hingegen trat an Zarrett heran und reichte ihm eines seiner Seidentaschentücher. "Damit du dir die Hundesabber aus dem Gesicht wischen kannst", erklärte er und der Schwarzhaarige hob eine Augenbraue.

"Danke, aber das wird nicht lange halten. Wir werden nicht nur einem Hu'en auf dem Weg zum Schloss begegnen."

"Dann behalte es und wenn wir hier fertig sind... Verbrenne es", erklärte Aurich und drückte das Taschentuch in seine Hand, bevor er sich zu seiner Königin umdrehte und sich fragte, was er hier suchte. Die Rothaarige wälzte sich mit dem Tier am Boden und schien ihren Spaß daran zu haben, sich ebenfalls vollschlappern zu lassen.

Aurich seufzte. Er hätte sich wirklich mehr Taschentücher mitnehmen sollen. Er hoffte nur, dass er nicht auch Opfer einer solchen Attacke werden würde.

Yorukage ~Die Schule der Magie~(Mitmachgeschichte)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt