Kapitel 19: - Die Zeichnung -

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Wie Olec es schon prophezeit hatte, würde es für Alex nicht gerade einfach werden an die Bänder zu kommen. Zumal sie auch nicht wollte, das Miss F davon Wind bekam. Alex war für Miss F so etwas wie eine Tochter und genau da lag das Problem. Alex könnte nicht mit Sicherheit sagen, dass Miss F es gut heissen würde. Wenn sie erst ein Mal nach dem Mann im Anzug nachfragt, würde das nur dazu führen, das Miss F misstrauisch werden würde, warum Alex die Bänder haben wollte. Alles schien auf ein Mal komplizierter zu sein und die junge Frau wurde das Gefühl nicht los, das sie noch immer unter Beobachtung stand. Kein Wunder also, bewahrte sie ihre Zeichnungen in einem Geheimen Versteck im Badezimmer auf. Aber auch das war sehr Riskant. Nach jedem Einsatz hatte Alex penibel nach Anzeichen gesucht, ob jemand an dem Versteck gewesen war. Sie traute der Organisation zu, das sie jemanden zu sich schicken würde um sie zu kontrollieren und ihre Wohnung nach verdächtigen Sachen zu durchsuchen. Doch bis jetzt schien nie jemand das Versteck gefunden zu haben. Wenigstens etwas, dass Alex erspart blieb. Sie wusste nur zu gut, dass sie dann wieder einen Termin bei Dr. Mansar erhalten würde und danach war ihr, als wenn all die Erinnerungen, die nur schemenhaft auftauchten, wieder in die tiefen ihres Unterbewusstseins verschwinden würden. Und das wollte sie dieses Mal verhindern. Sie hatte gerade erst wieder ein Puzzelstück gefunden, das scheinbar zu ihrer Vergangenheit gehörte, das wollte sie nicht wieder verlieren. Zwar vertraute sie Miss F, aber eine kleine Stimme in ihrem Kopf sagte Alex, dass sie lieber nicht allzu viel erzählen sollte. Und so schlich sie in ihr Badezimmer, stellte die Dusche an und suchte ihr Versteck auf. Alles war noch genau so, wie sie es hinterlassen hatte und da Alex im Laufe der Jahre immer mal wieder zur Paranoia neigte, hatte sie eine dünne Schicht Farbe auf die Kachel aufgetragen, um zu kontrollieren ob sich jemand daran zu schaffen gemacht hatte. Die Farbe würde nur im Schwarzlicht zu sehen sein und der Dieb würde unweigerlich Spuren hinterlassen. Alex holte ihre kleine Taschenlampe hervor, die sie unter das Waschbecken in einer Nische geklebt hatte und leuchtete auf die Kachel. Keine Abdrücke zu sehen.

Beruhigt stiess sie erleichtert die Luft aus und öffnete das Versteck vorsichtig, sie würde zwar nachher putzen müssen und die Farbe neu auftragen müssen, aber das war es ihr wert. Der kleine Stick landete in einer Holzkiste, in der sie ihre Zeichnungen legte und als sie gerade alles wieder zurückstellen und wirklich unter die Dusche wollte, viel ihr Blick auf die grobe Skizze, die sie vor gefühlten Wochen gemalt hatte. Sie nahm vorsichtig das Blatt Papier heraus und betrachtete die Zeichnung grüblerisch. Dann kam es ihr wieder in den Sinn. Ihr letzter Anfall war erst vor wenigen Tagen gewesen und sie hatte gar nicht mehr daran gedacht, da ihre Einheit einen neuen Auftrag erhalten hatte und von diesem kam sie ja gerade. Sie zog ein Bein an ihr Kinn und hielt die Zeichnung vor sich. Ja, das war der Mann gewesen, der ihr in der Bank begegnet war. Sie konnte sich schemenhaft erinnern und dafür, dass sie ihn eigentlich nicht ein Mal 60 Sekunden gesehen hatte, war die Skizze recht präzise und ein Bild aus ihrer Vergangenheit wollte sich ihr aufdrängen, doch bekam sie es nicht ganz zu fassen. Bevor sie jedoch nun einen weiteren Anfall riskierte, legte sie die Zeichnung weg und versigelte ihr Versteck neu. Mit der kleinen Schwarzlichlampe kontrollierte sie, das sie nun nicht diejenige war, die Spuren hinterlassen hatte und entledigte sich ihrer Sachen um unter die Dusche zu gehen. Das heisse Wasser entspannte ihre Muskeln sofort und sie schaltete ab. Obwohl ihr Kopf weiter an dem Rätsel arbeiten wollte, befahl sie sich nicht erneut einen Anfall in der Dusche zu provozieren. Ausserdem wollte das Team heute Abend den Sieg in der 55 Bar feiern und sie hatte zugesagt. Also sollte sie sich beeilen.

Da Alex noch nie etwas davon hielt sich grossartig zu schminken, war sie schnell fertig. Ein lässiges schwarzes Top und eine schwarze Hose, fertig war sie. Sie schnappte sich noch ihre Lederjacke und ging dann aus dem Haus. Da sie vorhatte etwa zu trinken, liess sie Auto und Motorrad stehen und rief sich ein Taxi, das sie nach einer Stunde Fahrt durch New York und den Berufsverkehr, an der Bar absetzte. Sie war zum Glück weder die Erste noch die Letzte. „Hey, Summers!" rief Forrester und winkte ihr zu. Die anderen Teamkollegen grölten und Alex schmunzelte. Ihre Kollegen hatten also schon ordentlich vorgeglüht. Sie begab sich zu ihnen und erhielt sofort von Forrester ein Glas in die Hand gedrückt: „Los, lass uns anstossen auf einen erfolgreichen Tag." grinste er breit und Alex stiess mit ihm und den anderen an. Sie nahm einen Schluck von ihrem Bier und schaute in die Runde wer schon alles da war und wer noch fehlte. Forrester schien ihren Blick richtig gedeutet zu haben und schubste sie sanft gegen die Schulter: „Die Anderen kommen etwas später. Anscheinend müssen sie noch Papierkram erledigen um die Übergabe der Gefangenen auch ordentlich über die Bühne zu bringen." meinte er und sie nickte geistesgegenwärtig, denn ihr Blick wurde von Olec abgelenkt, der sie hecktisch und energisch zu sich winkte. „Entschuldige mich, ich geh mal eben allen 'Hallo' sagen." meinte sie und befreite sich aus seinem Griff, den er ihr aufgezwungen hatte. Schon seit längerem war ihr aufgefallen, das sich Forrester immer häufiger bei ihrer Einheit eingetragen hatte. Seine Avancen waren ihr nicht entgangen. Doch sie hatte eine klare Regel: Niemals mit Arbeitskollegen ausgehen.

„Hey, Olec. Was gibt es?" fragte sie und setzte sich zu dem Russen hin. Dieser sah sich erst heimlichtuerisch um ehe er ihr unter den Tisch einen kleinen braunen Umschlag reichte: „Hier, aber das hast Du nicht von mir." murmelte er und sah sich immer wieder zu allen Seiten um. Alex machte für einen Moment grosse Augen, besann sich dann und reagierte vollkommen professionell. Sie nahm den Umschlag entgegen und verstaute ihn sofort in ihrer Jacke. „Danke, ich schulde Dir was." meinte sie, doch der Technik Freak winkte ab: „Sieh es als kleine Wiedergutmachung für damals an." meinte er nur und im ersten Moment wusste Alex nicht was er meinte, bis ihr die Schuppen von den Augen fielen. Olec war damals vor 3 Jahren in ihr Team gekommen und hatte sich gleich am ersten Tag fast eine Kugel eingefangen. Alex hatte ihm sozusagen den Arsch gerettet, denn die Organisation duldete kein Fehlverhalten oder Versagen. Alex hatte also ihren Kopf für Olec hingehalten, obwohl sie den Russen damals nicht ein Mal 5 Minuten gekannt hatte. Sie schmunzelte und drückte ihm dann einen Kuss auf die Wange: „Damit sind wir Quitt mein Lieber." Sagte sie und tätschelte ihm den Arm. Mit Genugtuung sah sie wie Forrester das anzügliche Grinsen aus dem Gesicht gewischt wurde, als er sie beide beobachtete. Sie winkte ihm euphorisch zu und schmiegte sich noch ein Mal extra an den Russen und machte ihm schöne Augen: „Du bist wahrlich der Beste." Flüsterte sie ihm ins Ohr, wohlwissend das Forrester sie immer noch beobachtete und streichelte dabei Olec's Oberarm. Für Aussenstehende musste dies aussehen als wenn sie miteinander flirteten und genau das war Alexandra's Absicht.

Olec lachte nervös und sah sich um: „Schon gut meine Kleine. Aber wenn jemand fragt..." fing er beunruhigend an und Alex tätschelte ihm wieder die Hand: „Keine Sorge, ich weiss von nichts mein Grosser." antwortete sie ihm und gab ihm einen weiteren Kuss, was nun Forrester endgültig den Wind aus den Segeln nahm und er sich mit trauriger Mine abwandte und in die Menge verschwand. Alex rollte mit den Augen und liess sich erleichternd aufseufzend zurückfallen. Olec hob eine Augenbraue an und betrachtete sie fragend, doch Alex winkte ab: „Erklär ich Dir ein anderes Mal, geniess den Abend und Danke noch mal." sagte sie zu ihm und griff sich ihr Bier um einen weiteren schluck zu nehmen. Dann machte sie sich wirklich auf um einige der Kollegen zu begrüssen und zu beglückwünschen. Der Abend wurde lang und spät. Doch Alex blieb bei nur 3 Bierchen und danach gab es nur noch Eistee oder Cola. Eigentlich juckte es sie in den Fingern sofort nach Hause zu fahren und sich anzusehen was in dem Umschlag war. Soviel sie schon ertasten konnte, handelte es sich um einen Speicherstick. Himmel, sie würde am liebsten wirklich alles stehen und liegen lassen, nur um sich den Stick an zu sehen. Denn eines war klar: Auf dem Stick war der Mann im Anzug drauf. Soviel stand schon jetzt für sie fest. Also hielt sie durch. Olec war einfach ein Schatz. Sie hoffte nur, dass er seine Spuren gut verwischt hatte und niemand es jemals herausfinden wird... denn dann würde sie Olec nie wieder sehen... geschweige denn, das sie jemals wieder die Sonne sehen würde...

 geschweige denn, das sie jemals wieder die Sonne sehen würde

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Person of Interest - Into the Light [Updates ungewiss]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt