Emily ist völlig in ihrem Element. Sie ist angespannt und Sorgen scheinen ihr die Luft zum Atem zu nehmen, trotzdem bleibt sie ruhig und streift vorsichtig die zerrissene Kleidung von dem schmalen Körper. Die Blutflecken bekommt sie nie wieder aus diesem Shirt und trotzdem müssen wir sie aufbewahren. Es ist nicht unser Eigentum.
Ein junges Mädchen liegt auf einer Liege, bloß noch in rosa Unterwäsche und einer silbernen Halskette. Emily und Sarah stehen an den Seiten und machen die üblichen Kontroll-Cheks. Pupillen Aktivität, Puls und Reflexe.
''Wie ist sie hier her gekommen?'' Frage ich ernst und fühle nochmals ihren Puls an der Halsschlagader. Ich streife mir vorher meine blauen Latex-Handschuhe über. Blut ist nunmal die grösste Ansteckungsgefahr jeglicher Krankheiten. ''Ein anonymer Anruf. Sie lag vor dem Eingang auf dem Boden. Deshalb ist sie auch so kalt.'' Sagt Emily besorgt und steckt ihr einen Fiebermesser ins Ohr.
''35,4°.'' Sagt sie seufzend und bittet Sarah ein paar Wärmepackungen zu hohlen. ''Anonymer Anruf?'' Frage ich verwirrt. Sowas hatte er noch nie erlebt. Warum sollte man ein Mädchen halb nackt vor einem Krankenhaus auf den Boden legen?
Ich taste vorsichtig ihren Brustkorb und ihre Rippen ab. Sie atmet nur langsam und ist nicht ansprechbar. Kein Wunder bei diesen Verletzungen. Frisches Blut fliesst aus ihrer Nase und ihr Gesicht ist übersät mit Prellungen und offenen Wunden. Bei ihrem Oberkörper sieht es nicht viel besser aus. Ein paar Wunden können noch nicht alt sein und trotzdem klebt bereit getrocknetes Blut am Haaransatz und ein paar Hämatome sind bereits mit einem feinen Film überzogen. Das ist ein gutes Zeichen. Doch leider sehe ich auch ein paar Narben und und verblasste Flecken, die schon Monate zurück liegen könnten.
Was ist diesem Mädchen bloß geschehen?
''War sie für einen Moment ansprechbar?'' Frage ich besorgt, als ich ihre Beine abtaste und danach einen Venflon in den Oberarm stecke. Ich könnte blind jede Vene meiner Patienten finden. Ich nehme drei kleine Röhrchen Blut ab und schicke sie per Luftröhren ins Labor. Dieses System sei zwar veraltet, doch ich finde es umgeheim praktisch.
''Nur kurz. Sie hat bloß Unverständliches von sich gegeben und ist schnell weggetreten.'' Emily legt ein Wärmepack unter ihre nackten Füsse und breite eine sterile Wolldecke darüber aus.
''Okay. Schickt sie ins MRT. Ich glaube zwei Rippen und das Schlüsselbein sind gebrochen. Trotzdem möchte ich sicherstellen das keine Organe oder der Kopf verletzt sind.'' Sage ich ernst und warte auf den Transport.
Zwei Männer in blauen Hosen und blauem Shirt kommen auf mich zu und übernehmen die Patientin ohne Name. Kein Ausweis, kein Telefon oder irgendetwas das auf ihre Identität hinweisen würde. Ich übergebe dem Grösseren mit den stählernen dunkelblauen Augen das Protokoll. ''In welches MRT geht ihr?'' Frage ich schnell und gehe neben ihnen her. ''Drei.'' Sagt er ernst und drückt auf den runden leuchtenden Knopf für den Transportfahrstuhl. ''Gut. Ich werd in fünf Minuten da sein. Fangt schon einmal an und übertreibt es nicht mit dem Kontrast-Mittel. Ich weiss noch nichts über ihren Blutzustand.'' Sage ich streng.
Ich schiebe eine rosa Haarsträhne aus dem Gesicht und fahre mit meiner Fingerspitze über die blutige Lippe. Ich nehme den silbernen Ring hinaus und lege die Halskette ab. Ich bewahre sie in meiner Hosentasche auf. Die Metalle würden das MRT-Bild bloß verfälschen.
Ich streife nochmals eine Haarsträhne zurück und als ich bemerke was ich da tue mache ich mich auf den Weg zu Emily.
''Haben Sie irgendetwas über sie heraus gefunden?'' Frage ich gestresst als Sie gerade den Telefonhörer ablegt.
''Sie ist Privatpatientin. Ihr Name ist Fiona Winter. Siebzehn Jahre alt und mehr ist nicht wirklich bekannt.'' Sagt sie schon entspannter. ''Woher haben Sie den plötzlich diese Informationen?'' Frage ich verwirrt und schon fast sprachlos. ''Wieder ein anonymer Anruf.'' Sagt sie kopfschüttelnd und langsam kommt mir das alles immer merkwürdiger vor. Ein Mädchen wird einfach liegen gelassen und unter allen Umständen soll wohl verschwiegen werden, wer sie wirklich ist.
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Roses in Snow
RomanceFiona Winter, 17, wunderschön und klug. Zwei schöne Eigenschaften, welche dir jedoch schnell zum Verhängnis werden. Ihre Eltern waren in der Mafia und haben versucht da raus zu halten. Jedoch verliebt sie sich schnell in ein Mitglied von Ihnen. Jac...