Ethan Finnegan P.O.V
Durch ein Kitzeln an meiner Nase werde ich aufgeweckt. Es dauert einen Moment bis ich bemerkt habe auf der Couch eingeschlafen zu sein. Ein Faden der Wolldecke kitzelt meine Nase und ich kann mir ein Niesen kaum noch unterdrücken. Klassische Musik dringt aus dem Flachbildschirm, als der Abspann läuft. Da hab ich wohl den ganzen Film verschlafen. Ich setzte mich langsam auf und reibe über die müden Augen. Schon lange her, dass ich tatsächlich einschlafen konnte. Fiona sitzt nicht mehr neben mir. Hat sie mich zugedeckt? Und wo ist sie überhaupt?
Noch schlaftrunken stehe ich auf, falte die Decke zusammen und mache mich auf den Weg nach oben. Vorher schalte ich noch das Licht im Wohnzimmer aus und schütte die Hälfte des Rotweins in den Abfluss. Schade.
Ein unbekanntes Geräusch dringt in meine Ohren. Es klingt wie eine Art Gewimmer und Schluchzen. Ich drücke mein Ohr an die weisse Zimmertür von Fiona und höre wieder dieses leise Schluchzen.
Sie weint.
Ein mulmiges Gefühl breitet sich in mir aus. Ein Kribbeln fährt durch meinen Körper. Es fühlt sich nicht gut aus. Als wäre ich plötzlich selbst traurig und wüsste nicht warum. Ich möchte ihr so gerne helfen, doch sie lässt mich kaum an sich ran. Sie spricht nicht über ihre Vergangenheit, warum sie im Krankenhaus ist oder gar wer dieser Jack ist. Ich mache mir langsam wirklich Sorgen. Dieses zurückziehen und isolieren ist typisch für Menschen die Misshandlungen oder schlimme zwischenmenschliche Grausamkeit erlebt haben. Ein Psychologe könnte ihr sicher helfen, doch ich will sie nicht erschrecken. Ich glaube nicht das sie der Typ ist, auf eine Couch zu liegen und über ihre Probleme zu sprechen. Und was soll das mit diesen anonymen Anrufen und dem Paket? Ich meine warum muss man ein Handy per Post schicken? Warum kommt sie niemanden besuchen und was ist eigentlich mit ihren Eltern? Wenn meine Tochter schwer verletzt im Krankenhaus liegen würde, hätte ich sie schon längst besucht. Ich hätte alles dafür getan sie zu sehen. Und was ist mit Freunden? Sie ist siebzehn Jahre alt, wunderschön und lieb. So ein Mädchen kann doch nur Freunde haben.
Ja, wunderschön ist sie wirklich.
Das Schluchzen wird lauter. Was soll ich denn jetzt tun? Einfach rein gehen? Ich bin schliesslich nicht ihr Vater. Aber einfach weitergehen und tun als hätte ich nichts gehört? Schliesslich bin ich Arzt und es ist meine Pflicht meinen Patienten zu helfen. Ob Physisch oder Psychisch.
Ich klopfe leise an und das Schluchzen verstummt. Bloß das Mondlicht erhellt den Raum und ich sehe das sie den Atem angehalten hat. Sie will mir Vormachen, dass sie schläft. Ich bin Arzt, Kleines. Ich bemerke so etwas.
''Hey.'' Murmle ich leise und setzte mich vorsichtig auf die Bettkante. Ihre verquollenen und geröteten Augen machen sie nicht weniger schön. Kupferfarbene Augen glänzen durch das Mondlicht und die schwarzen dichten Wimpern bilden einen schönen Kranz.
''K-kann bloß n-nicht schlafen.'' Stottert sie leise. ''Hast du schmerzen?'' Frage ich besorgt nach und lege meine Hand an ihre glühende Stirn. ''D-du hast ein wenig Fieber.'' Stelle ich leise fest. Das ist ganz Normal nach solchen Verletzungen. Die letzten Tage waren einfach unglaublich anstrengend ist. ''Fühle mich aber gut.'' Protestiert sie schon fast. ''Ich m-möchte bloß schlafen.'' Murmelt sie. ''Ich mach dir einen Tee und wenn du willst bleibe ich eine Weile hier.'' Sage ich mit einem sanften Lächeln und lege meine Hand nochmals an ihre Stirn. ''Okay?'' Sie nickt knapp und schliesst nochmals die Augen.
Wann habe ich denn das letzte Mal Tee gekocht?
Lindenblütentee mit frischem Honig. Hoffentlich mag sie das. Ich stelle das dampfende Getränk auf der Kommode ab und setzte mich nochmals zu ihr auf die Bettkante. Sie hat die Augen leicht geöffnet und greift nach meinen Fingern. Ihre Hand ist kalt und blas. Ein hell gefärbter Fleck bildet sich auf ihrem Handrücken. Eine Wut steigt in mir auf. Wie konnte man einem solchen Mädchen weh tun? Warum schweigt sie?
''Danke, Ethan.'' Sagt sie heiser und räuspert sich kurz. Sie setzt sich auf und nippt an dem Tee. ''Schmeckt gut.'' Beantwortet sie meine Frage und das Gefühl von Erleichterung breitet sich aus. Immerhin etwas. ''Schlaf noch ein wenig. Morgen kümmern wir uns um deine Schule und sprechen einmal darüber wie es weitergehen soll.'' Sage ich leicht und spüre sofort wie sich ihre Hand um meine verkrampft.
''S-schickt du m-mich weg?!'' Fragt sie schon fast panisch. ''Was? Nein.'' Beruhige ich sie. ''Du kannst so lange bleiben wie du möchtest. Ich schick dich nicht weg.'' Sage ich leise, obwohl ich nicht weiss ob es die Wahrheit ist. Wie soll ich den auf sie aufpassen? Mein Leben besteht aus Arbeit, Whiskey und fast täglichen Sex mit fremden erwachsenen Frauen. Naja, der letzte Teil wird wohl für eine Weile auf Eis gelegt. Kann sie ja schlecht mit nach Hause nehmen und irgendwie habe ich plötzlich dieses Gefühl von Verantwortung. Von etwas das wichtig und bedeutsam ist.
''Und jetzt schlaf noch wein wenig.'' Hauche ich leise und stelle den Tee wieder auf die Kommode. ''Bleibst d-du bis i-ich eingeschlafen b-bin?'' Fragt sie scheu. ''Hab ich die letzten Tage auch gemacht.'' Antworte ich beruhigend und will mich gerade auf den Sessel in der Ecke setzten, als sie meinen Arm umklammert, ihr Gesicht darauf abstützt und ich schon bald nur noch schlichte sanfte Atemzüge höre. Ihr Atem prallt auf meine nackte Haut und eine Gänsehaut überkommt mich.
Das ist nicht gut.
Ich will sie nicht wecken, als muss ich wohl oder übel in dieser Position bleiben. Es klingt als fände ich es schlecht und vermutlich wäre es auch besser so, doch ich fühle mich gebraucht und jeder Atemzug von ihr macht mich glücklich. Ich streiche noch eine Weile über ihr rosa Haar und spüre wie sie meinen Arm immer mehr umklammert. Mein Kopf liegt inzwischen zwischen auf der Matratze und ich spüre ihre Lippen an meinem Hinterkopf.
Meine Güte, dass ist gar nicht gut.
Langsam löse ich mich aus ihrem Griff und bin froh, dass sie nicht aufwacht. Ich putze meine Zähne, spritze kaltes Wasser in mein Gesicht und lege mich in mein Bett.
Mondlicht scheint durch mein Fenster auf mein Gesicht.
Meine Güte, dass ist gar nicht gut.
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Roses in Snow
RomanceFiona Winter, 17, wunderschön und klug. Zwei schöne Eigenschaften, welche dir jedoch schnell zum Verhängnis werden. Ihre Eltern waren in der Mafia und haben versucht da raus zu halten. Jedoch verliebt sie sich schnell in ein Mitglied von Ihnen. Jac...