Kapitel 7 - Mehr als nur ein Blick

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Lisanne Pov.

Wir sind jetzt schon seit einer Woche in Hamburg im Jahr 1995 und es gefällt mir immer besser, was man von Hailee nicht gerade sagen kann. Sie gibt sich zwar alle Mühe mit dem Eingewöhnen, es fällt ihr aber sehr schwer und das obwohl sie der Liebling aller in der Pension Schleier ist. Im Moment befinden wir uns in dem Zimmer von Lena, der ältesten Studentin in Haus. Natalie, Penny und Lena haben Hailee dazu überredet, sich von ihnen die Haare machen zu lassen. Jetzt sitzt sie schon gefühlte drei Stunden auf einem Stuhl und lässt die Prozedur über sich ergehen, während ich entspannt auf der Fensterbank sitze und in Vom Winde verweht lese. Ich Klappe das Buch zu und strecke mich genüsslich. Inzwischen sind die Mädchen mit Hailees Frisur fertig geworden und treten zurück, um ihr Werk zu betrachten. Ihre Haare sind jetzt eingeflochten und hochgesteckt. ,,Sieht hübsch aus.", bemerke ich. ,,Nur hübsch?!" Alle vier sehen mich scharf an. ,,Leute ich bin auch weiblich, deswegen kann ich schlecht beurteilen, ob auch ein Junge darauf stehen könnte." ,,Das ist ein Argument!" Ich stehe seufzend auf. ,,Also ich suche mir jetzt irgendwo ein Café und gönne mir einen Latte Macchiato. Kommt jemand mit?" ,,Sorry, wir drei müssen noch für das Examen lernen. Ein anderes mal gerne." Ich werfe Hailee einen fragenden Blick zu. ,,Ich möchte lieber einen Spaziergang machen, wenns recht ist?! Ich bin total steif vom langen sitzen." ,,In Ordnung, dann gehe ich halt alleine." Hailee und ich gehen noch zusammen zur Tür, dann trennen sich unsere Wege.

Ich laufe ein wenig herum, bis ich ein kleines, abgelegenes Café finde. Dort setze ich mich hin und bestelle einen Latte und ein Stück Schokotorte. Während ich auf meine Bestellung warte, überlege ich wie ich Hailee davon überzeugen kann, mit mir doch zum Loreley Felsen zu fahren. Die Kellnerin bringt meine Torte und den Latte und ich beginne zu essen. Plötzlich wird die Tür des Cafés so heftig aufgestoßen, dass alle Anwesenden zusammen zucken. Jemand stürzt wie ein Derwisch herein und lässt sich unvermittelt neben mir auf einen Stuhl fallen und schnappt sich so eine Speisekarte, dass sie sein Gesicht verdeckt. Während ich den Fremden noch perplex anstarre, rennt draußen ein Pulk Mädchen vorbei. Sie sind so laut, dass ich sie durch die Glastür verstehen kann. ,,Wo ist er?" ,,Er muss da lang sein." Sie entfernen in in rasantem Tempo. Mein Gegenüber seufzt erleichtert und lässt die Karte sinken. Mir klappt die Kinnlade runter.

Hailee Pov.

Nach einigem Suchen habe ich einen kleinen Park gefunden. Ich entspanne mich und schlendere durch die Grünanlage. Alle sind zwar nett zu mir, aber ich vermisse meine Zeit trotzdem. Lisanne scheint sich schon total eingelebt zu haben, während ich eher vorsichtig bin. In diesem Moment kommen Schritte näher, ziemlich schnelle Schritte. Gerade als ich den Kopf heben will, stößt der Läufer mit mir zusammen. Ich erhasche einen Blick auf goldene Haare, dann purzeln wir zu Boden. Fluchend rappelt sich der Läufer wieder auf. ,,Verdammt hast du keine Augen im Kopf?!" Es ist ein Junge in meinem Alter mit sehr langen, goldblonden Haaren und blauen Augen. Irgendwoher kommt er mir sofort bekannt vor, aber von wo?! ,,Ich könnte dich genau das selbe fragen! Wenn man sieht, dass derjenige der einem entgegen kommt unaufmerksam ist, dann weicht man doch aus!" Ich funkele ihn an. ,,Ich bin in Eile und du hast doch mindestens meine Schritte gehört, Madame Unaufmerksam." ,,Toll, willst du mich jetzt weiter beschimpfen oder was?! Ich dachte, du bist in Eile." Er starrt mich sprachlos an. ,,Was?!" ,,Du erkennst micht nicht oder?" ,,Sollte ich das?!" Er runzelt die Stirn. ,,Wenn du Bravo kennst, Fernsehen guckst und Radio hörst schon." Verdammt, ich kenne ihn wirklich, doch ich stehe im Moment total auf dem Schlauch.

Lisanne Pov.

Ich kann es nicht glauben. Diese dunkelblonden, hüftlangen Haare und die dunkelblauen, fast schwarzen, Augen, dieses Gesicht, einfach unverwechselbar. ,,Vom Regen in die Traufe, na ganz toll.", bemerkt er sehr trocken. ,,Paddy.", murmel ich heiser, meine Stimme ist total weg. ,,Ja Paddy. Also spucks aus. Ein Autogramm?! Ich finde eure Liebe zu uns ja total schön, aber manchmal seid ihr echt aufdringlich. Also, was ist?!" ,,Ich brauche kein Autogramm." Ich überwinde mich das zu sagen. Paddy und die gesamte Kelly Family haben schon Stress genug. Und jetzt sitze ich hier und unterhalte mich mit ihm. Er blinzelt überrascht. ,,Kein Autogramm?! Aber ich dachte...du bist kein Fan?!" Das letzte klingt so gekränkt, dass mir ein Lächeln über das Gesicht fliegt. ,,Natürlich bin ich ein Fan, vielleicht sogar euer größter, aber Autogramme sollte man von Herzen geben." ,,Interessante Theorie...also, stellen wir uns mal richtig vor. Ich bin Paddy, der zurzeit begehrteste Junge und Mädchenschwarm." ,,Ich heiße Lisanne." ,,Gut Lisanne. Du hast mich indirekt vor diesen wilden Groupies gerettet. Danke dafür." Er schüttelt mir die Hand und seine Berührung schickt Stromstöße durch meinen gesamten Körper. Ich versuche mich zu konzentrieren und grabe in meinen gesammelten Infos über die Kellys. ,,Aber...müsstest du nicht eigentlich unter Personenschutz stehen?" Ein fröhliches Grinsen erhellt sein Gesicht. ,,Theoretisch schon, aber Angelo und...oh Mist, Angelo!" Er springt auf und sprintet aus dem Café. Ohne nachzudenken lege ich Geld auf den Tisch und laufe ihm hinterher.

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