Kapitel 10 - Weg

113 8 4
                                    

Lisanne Pov

Als ich am nächsten Morgen aufwache, habe ich schon ein ungutes Gefühl, das ich nicht deuten kann. Seltsam. Ich setze mich auf und strecke mich ausgiebig. Doch das ungute Gefühl verschwindet nicht. Ich horche in mich hinein, um den Urheber des Gefühls zu finden, aber es passiert nichts. Ich schlucke trocken, dann stehe ich auf. Ich gehe ins Bad und betrachte mich im Spiegel. Nichts zu sehen. Komisch, richtig komisch. Ich mache mich fertig und gehe in mein Zimmer zurück. Gerade, als ich nach Vom Winde verweht, greifen will, fällt mein Blick auf mein Handy, das auf meinem Nachtschrank liegt. Vielleicht...Ich nehme das Handy und entsperre es. Ich hatte Recht,  mein Handy zeigt eine neue Nachricht an. Mein Herz beginnt wild zu klopfen, als ich sehe, dass sie von Paddy ist. Vielleicht wollen wir uns ja nochmal treffen?! Das wäre total schön. Ich öffne die Sms und beginne zu lesen:

Liebe Lisanne,
du weißt gar nicht, wie leid mir das tut, dir das auf diesem Weg sagen zu müssen, aber es muss sein. Ich danke dir für diese beiden wunderbaren Tage, in denen wir uns etwas bekannt machen konnten. Aber Angelo und ich verlassen heute Hamburg, zusammen mit unserer Familie. Ich bezweifele, dass wir uns wiedersehen, vielleicht auf einem Konzert in der Menge, aber sonst höchstwahrscheinlich nicht. Das Leben ist so, man trifft sich, man lernt sich kennen, dann trennen sich die Wege wieder. Ich wünsche dir alles Gute.
Dein Paddy

Das Handy fällt aus meiner schlaff gewordenen Hand. Das kann doch nicht wahr sein. Ein leises Wimmern entfährt mir. Paddy kann nicht einfach weg sein, das ist unmöglich. Ich taumele und dann bricht ein Schrei aus meiner Kehle hervor: ,,Neeeeeeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiinnnnn!“

Hailee Pov

Ich sitze kerzengerade im Bett. Ich weiß nicht, ob ich von dem Surren meines Handys, das unter meinem Kopfkissen liegt, wachgeworden bin oder von dem markerschütternden, verzweifelten Schrei. Sofort erkenne ich die Stimme, Lisanne. Okay, keep cool! Ich gucke zuerst auf mein Handy. Angelo hat mir geschrieben. Aus dem Inhalt der Sms entnehme ich, warum Lisanne so verzweifelt ist:

Hey Hailee,
Ich hätte mich noch gerne weiter mit dir gestritten, aber wir müssen weiter. Ich fand es super, dass ich dich kennenlernen durfte.
See you, Angelo

Ich spüre einen schmerzhaften Stich in der Brust. Angelo ist weg, mit wem soll ich denn jetzt zicken? Ich muss ruhig bleiben. Ich laufe in Lisannes Zimmer. Sie sitzt auf dem Boden und schluchzt rau. ,,Lisanne!“ Ihre gesamte Schminke ist bereits zerlaufen. ,,Er ist weg, Hailee. Paddy ist gegangen.“ Ich versuche, die zu trösten. ,,Lisanne, ich glaube, dass die Jungs in uns nur Kurzbekanntschaften gesehen haben.“ ,,Glaubst du, das tröstet mich?! Ich liebe Paddy trotzdem.“
Ich nehme sie in die Arme. ,,Ich weiß, aber du bist nicht die Einzige, die verliebt ist.“ Sie sieht mich mit tränenverschmiertem Gesicht an.
,,Du auch?!“ Oh Mist, in diese Richtung wollte ich das Thema eigentlich nicht lenken. Glücklicherweise stürzt in diesem Moment Magda ins Zimmer, gefolgt von Lena, Penny und Natalie. ,,Was ist hier los? Ist alles in Ordnung mit euch?! Wer hat geschrien?“ ,,Lisanne, ihr geht es nicht gut.“ ,,Ach du je mine, ist sie verletzt?!“ ,,Nein, wir haben nur eben eine Nachricht von Ang...von unseren Bekannten erhalten. Sie waren nur auf der Durchreise und mussten weiter. Lisanne...“ ,,Ich habe mich in einen von ihnen verliebt.“, schluchzt sie. Lenas Gesicht verzieht sich vor Mitleid.
,,Du Arme! Komm, du machst dich fertig und wir gehen gleich ein schönes Frühstück einnehmen. Hailee, für dich gilt dasselbe. Magda zaubert bestimmt ein riesiges Trostessen! Na, was sagt ihr?“ Über Lisannes Wangen laufen noch immer bittere Tränen, aber sie nickt langsam. ,,Gut, dann sehen wir uns gleich.“

Als wir kurze Zeit später am reichlich gedeckten Tisch sitzen und ich in mich hineinfühle und dabei Lisannes Gesicht betrachte, weiß ich jetzt schon, dass dieses Essen und die Freundlichkeit der anderen nicht besonders helfen können. Die Jungs sind weg und die Welt, die sie durch ihre zweitägige Anwesenheit erschaffen haben, ist zerbrochen.

You're my Angel Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt