Das Café war wunderschön altmodisch und versetzte mich um mindestens 30 Jahre zurück in die Vergangenheit.
Es war klein, aber nicht beengend oder unangenehm.
Der Boden war ausgelegt mit schwarzen und weißen Linoleumplatten und sah aus wie ein riesiges Schachbrett. Es gab mehrere Sitznischen, die aus einem roten Tisch bestanden, eingegrenzt von roten Lederbänken. Ein älterer roter Bus bildete die Theke, daneben stand eine Juke-Box.Ich blieb im Eingang stehen, ließ das Klingeln, das neue Gäste verkündete auf mich einwirken und genoss die Atmosphäre, die mich hier umgab. Eine warme, entspannende Ära, gemischt mit dem Hin- und Hereilen der Kellner, die alle weiße oder schwarze Hemden, Jeans oder Röcke trugen und somit perfekt ins Bild passten.
Xavier führte mich in die hinterste Nische, die beim Fenster war und wir nahmen gegenüber voneinander Platz.
Ich zog mir meine Jacke und meinen Schal aus und legte beides neben mir auf das Fensterbrett. Dann strich ich mir meine Haare zurück und atmete einmal tief durch. Das war jetzt alles ziemlich schnell passiert und bis eine Begrüßung und darauffolgenden Smalltalk hatten wir nichts geredet.
Ich beobachtete ihn, wie er sich ebenfalls die Jacke von den Schultern steifte und fühlte mich dabei überraschend schuldig. Betreten blickte ich aus dem Fenster und schaute hoch zu den Wolkenkonstellationen. Anscheinend konnte ich nichts mehr machen, ohne dass es sich verboten anfühlte.
Unauffällig linste ich zu ihm und unterdrückte ein Seufzen, als ich erkennen konnte, wie sich seine Muskeln unter seinem Hemd anspannten. Ja, es fühlte sich zu verboten an, um gut zu sein.Als Xavier seinen Mantel abgelegt hatte, richtete ich meine Aufmerksamkeit schnell auf dem Tisch neben uns, damit er mich nicht beim Starren ertappte.
Das ältere Pärchen neben uns -eine Frau in weiß mit beiger Stola und ein gebrechlicher Herr in einem älteren Frack- unterhielt sich angeregt über den Aktienabfall, während sie sich eine Fischplatte teilten. Der intensive Geruch kam sogar rüber bis zu uns und ich zog meine Nase kraus, weil ich Meeresfrüchte nicht wirklich mochte."Und, was kann ich euch zwei Süßen bringen?"
Ein junges Mädchen in Hemd und Schürze hatte sich vor uns aufgebaut und zog einen Kugelschreiber aus ihrem blonden Dutt, der hinter ihrer Netzhaube hervorlugte. Das breite Lächeln auf ihrem Gesicht wirkte ehrlich und offen und ich fühlte mich sofort wohler, wenn auch ein wenig überfordert.
"W-was?", stotterte ich und blickte zu Xavier, der sein Kinn in seine Hand gestützt hatte und zu der Kellnerin aufsah.
"Wir hätten gerne zwei Burger des Hauses und einen Vanille-Shake extragroß mit zwei Strohhalmen", antwortete er ihr, als hätte er nur darauf gewartet, bis sie kommt und unsere Bestellung aufnimmt.
"Gerne, kommt sofort."
Sie breitete Besteck vor uns aus und verschwand in der Küche.Mein klopfendes Herz beruhigte sich und ich lehnte mich zurück, strich über das Leder der Bank. Es fühlte sich kühl und geschmeidig an.
"Miriam?"
"Ja?" Erschrocken blickte ich auf und legte meine Hände auf meine Schoss.
"Du wirkst so nervös", meinte er und lehnte sich ebenfalls zurück. Im Vergleich zu mir wirkte er viel gelassener und zwar nicht nur, weil er die Arme locker vor seiner Brust verschränkt hatte und so eine Ausstrahlung besaß, als würde ihm das Café gehören."Vielleicht, weil ich es bin", erwiderte ich scherzhaft und schnaubte. Im Wald war ich doch auch nicht so gewesen und da wäre es sogar verständlicher gewesen, weil wir das wirklich Fremde waren. Doch wie es scheint habe ich mir mit meinen eigenen, trügerischen Gedanken Steine in den Weg gelegt und mir somit den Umgang mit Xavier um einiges erschwert.
Xavier grinste und lehnte sich wieder nach vorne.
Bevor ich instinktiv zurückweichen konnte, hatte er sich eine meiner widerspenstigen Haarsträhnen gepackt und zwirbelte sie nun zwischen Zeigefinger und Daumen. Seine Geste war so intim, dass meine Wangen heiß wurden und mein Herzschlag flatterte.
Atemlos blickte ich ihm zu, wie er mit meiner Haarsträhne spielte und ihr die Aufmerksamkeit schenkte, die ich gerne hätte.
DU LIEST GERADE
Protect Her
Teen Fiction"Was willst du eigentlich von mir?", stieß ich aus und drückte mich gegen die Wand hinter mir. Warum war der Gang nur so verflucht leer? Jetzt waren wir alleine, nur ich und er. Ein Schatten fiel über mich und der Blick seiner grau glitzernden Augen...