The mission

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Liu's part

"Sally, kommst du?", rief ich ins Badezimmer hinein. Die Kleine stand schon seit sieben Minuten vorm Spiegel und überlegte 1. was sie anziehen sollte und 2. wie sie ihre Haare machen sollte. Genervt seufzte ich und lehnte mich gegen die Wand. Nach geschätzten 10 Sekunden antwortete sie, auch leicht genervt: "Bin gleich fertig." Ich stöhnte. Mädchen. Sei froh, dass du ein Junge geworden bist. Hinter mir hörte ich plötzlich ein Kichern. Vor Schreck zusammenzuckend drehte ich mich um. "Ben!", stieß ich aus. Der Blondhaarige Junge grinste mich mit glänzenden Augen an. "Sie braucht immer lange im Bad", erklärte er. Ich lächelte. "Du magst die Kleine sehr, oder?", fragte ich. Er nickte vorsichtig und meinte: "Wer sie kennt schließt sie automatisch ins Herz. Sie ist wie eine kleine Schwester für mich. Deswegen finde ich es nicht in Ordnung, dass sie jetzt eine neue Folterpuppe besorgen muss." Sein Gesicht verfinsterte sich, "Irgendwann räche ich mich an diesem Maskierten Möchtegern-Grufti, aber sag das mal lieber niemanden." Ben zwinkerte mir zu und verschwand in seinem Zimmer. Komischer Kerl. - Ach komm schon Engelchen. Du findest jeden komisch der deiner Meinung nach wirres Zeug redet. - Ich weiß aber... ach, da kommt Sally. Tatsächlich kam die Braunhaarige gerade aus dem Badezimmer. Da wir auf eine groß angelegte Feier im Park gehen würden, die sich leider auf den Zeitpunkt unserer Mission verschob, mussten wir ja etwas elegantes anziehen. Ich selbst trug einen einfachen, schwarzen Anzug und hatte die Haare gekämt. Sally sah schon wieder ganz anders aus. Sie steckte in einem grünen Kleid, das sich unten bauschte, aber trotzdem nicht zu breit war. Ihre Haare hatte sie geflochten und zu einer Schnecke am Kopf festgemacht. Sie sah ziemlich niedlich aus. "Schickes Outfit", sagte ich ihr. Sie lächelte und wurde rot. "Danke", erwiderte sie und sah mich an, "Deins ist auch sehr... nett." Wir lachten beide vorsichtig los. Dann hakten wir uns an den Armen ein und gingen zusammen die Treppe hinunter. Jeff pfiff anerkennend und klatschte. "Ihr seht einfach super aus. Jetzt unterscheidet ihr euch fast nicht von den anderen Gästen im Park. Nur ich versteh immer noch nicht, weshalb man so eine elegante Party im Park feiert?" Ich zuckte mit den Schultern, winkte kurz und verließ mit Sally am Arm das Haus.

Eine Viertelstunde später kamen wir am Park an. Ein mit weißem Licht beleuchteter Pavillion zierte die grünanlage und mittendrin bewegten sich tanzende Paare. Aus elektronischen Lautsprechern drang das "Lord of the rings medley" von Lindsey Stirling. Wie kann man zu dem Lied tanzen? Kommentarlos schüttelte ich den Kopf. Ich war nie begeisterter Lindsey Stirling-Fan gewesen, aber Sally wurde neben mir hippelig. Ich berührte sanft ihre Schulter. "Hey, bleib ruhig. Wir schaffen das schon." Mit einem fragenden Blick sah sie mich an und meinte: "Ich bin ruhig, aber das Lied ist cool." Sie grinste und schüttelte wieder den Kopf, aber mit einem Grinsen im Gesicht. Dann zog ich Sally zum Getränkestand, wo ich mir einen Punsch bestellte und Sally eine Cola bekam. Wir stellten uns an einen Tisch, der eher mittig stand und ich blickte mich um. Hier waren mehr Frauen als Männer, aber nicht alle waren hübsch. Schließlich entdeckte ich in einer Ecke eine einsame Frau, die sich umsah, als wäre sie unglücklich. Ich nickte Sally kurz zu und ließ sie alleine am Tisch stehen. Als ich näher an die Frau herantrat, sah ich, dass sie lange, gewellte orangene Haare hatte, die offen ließ. Sie trug ein kurzes schwarzes Minikleid, dass sehr eng an ihrem Körper hing. "Hi", sagte ich. Sie lächelte mich an: "Auch alleine hier?" Ich nickte. Wir fingen an, uns zu unterhalten - ich schreibe jetzt nicht alles bis ins Detail, weil es sonst ziemlich langweilig werden könnte - und ich machte sie betrunken. Sie erzählte, dass sie Clove hieß und neu in der Gegend war. Vor kurzem hatte sie sich von ihrem Freund getrennt und arbeitete im Friseursalon, steht aber kurz vor der Kündigung. Als sie nun schließlich genug getrunken hatte und anfing, wirres Zeug zu reden, nahm ich ihre Hand und ein Glas Sekt und zerrte sie zum Gebüsch am Ostende des Parks. Dort gab ich ihr das Glas und ließ sie trinken. Der Alkohol bekam ihr wohl nicht gut, denn sie fiel in Bewusstlosigkeit mitten ins Gebüsch hinein. Ich entfernte mich langsam von ihr und ging zu dem Tisch zurück, an dem bis vor kurzem noch Sally gestanden hatte - doch sie stand nicht mehr da. Da stand nur ein halb geleertes Colaglas. Fragend sah ich mich um - doch ich konnte das Kleine Mädchen nirgendswo entdecken. Scheiße! Schnell entfernte ich mich von der großen Menge und suchte sie in einem kleinen abgetrennten Teil des Parks. Als ich mich langsam den Teil näherte, sah ich eine Person, die auf dem Boden kauerte und leise schluchzte. Sie hielt auch etwas in der Hand. "Sally?", fragte ich und musste schlucken. Die Gestalt drehte sich um. "Liu", schluchzte sie. Ich setzte eine besorgte Mine auf: "Hey, kleine, was ist los?" Langsam kam ich näher und während sie aufstand, hatte ich eine böse Vorahnung, denn der Gegenstand, den sie in der Hand hielt, entpuppte sich als... Messer. Und eine komische Flüssigkeit tropfte davon hinunter. Geschockt riss ich die Augen auf, als ich den tätowierten, jungen Mann am Boden sah. "Er... ich...", fing Sally an. "Was hast du getan?", fragte ich. "Ich... er... er wollte mich vergewaltigen... Ich wusste nicht, was ich sonst tuen soll. Ich hatte das Messer unter dem Kleid versteckt und habe einfach zugestochen." Jetzt kamen ihr die Tränen. Ich ging zu ihr hin und nahm sie in den Arm. "Sh.. ganz Ruhig Kleines. Ich bring dich zu Ben. Der tröstet dich bestimmt. Die Leiche werfen wir in den See. Auf der Sraße ist niemand unterwegs. Niemand wird uns sehen. Vertrau mir. Komm." Ich ließ sie los und nahm sie bei der Hand. Sie nickte nur.

Rechts am Rand ist das Video vom Lord of the rings medley von Lindsey Stirling:-)

My life after the first murder (Creepypasta)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt