Kapitel 40

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Meine Laune war noch mieser in den nächsten Tagen. Ich schaute mir auch erstmals das Qualifying vom Hotel aus an und nicht von der Rennstrecke. Victoria hatte ich eine Ausrede aufgetischt, bei der ich mir nicht sicher war, ob sie mir die auch glaubte, denn besonders einfallsreich war ich nicht gewesen.

Pierre hatte ich gleich ganz verschwiegen, dass ich nicht mitkam und stattdessen im Hotel bleiben würde. Ich fürchtete mich schon auf eine Moralpredigt seinerseits.

Ich verstand ihn ja auch und er konnte auch wirklich nichts dafür. Aber ich war seit meiner gescheiterten Aktion mit dem Liebesbrief nur noch schlecht gelaunt. Ich hatte auf der Straße sogar ein kleines Mädchen angefaucht, das in mich rein gelaufen war und sich danach mit großen Augen auf Katalanisch bei mir entschuldigt hatte.

Ja okay, ich war ein schrecklicher Mensch, aber ich konnte wirklich nichts gegen meinen momentanen Gefühlsumschwung machen. Ich war ja selbst dafür verantwortlich, also sollte ich es auch an niemanden anderes rauslassen. Genau deshalb hatte ich dann beschlossen, diesmal nicht das Hotel zu verlassen.

Gleichzeitig fühlte ich mich aber auch schlecht, denn ich ließ dadurch Pierre im Stich, der nichts für all das konnte. Ich unterstützte ja auch ihn und nicht nur Max. Genau deshalb bangte ich schon ein wenig davor, wenn er mich zur Rede stellte. Er musste bestimmt enttäuscht von mir sein.

Seufzend schaltete ich den Fernseher ab, als das Qualifying zu Ende war und ging ins Badezimmer, wo ich wieder mal nur den Kopf über mich schütteln konnte. Was war aus mir geworden? Wo war die Samira hin, die sich nicht unterkriegen ließ?

Eine meiner Locken hatte sich aus meinem Dutt gelöst und kitzelte mich nun an der Nase. Ich schnaufte und blies damit die Haarsträhne ein Stück weg, doch kurz darauf fiel sie wieder zurück auf meine Nase.

Entweder ich spielte dieses Spielchen jetzt weiter, oder ich tat endlich etwas gegen mein Problem und wurde wieder aktiver. Und genau dazu entschloss ich mich dann auch. Mit einer Haarspange klemmte ich die lose Locke wieder zurück an meinen Kopf und kramte meine Sportsachen heraus. Ich würde mich jetzt auspowern, denn das hatte mir bis jetzt immer geholfen, mir über meine Gedanken klar zu werden.

Innerlich hoffte ich ja, dass Lewis wieder im Fitnessraum sein würde, aber da erstens gerade erst das Qualifying zu Ende war und er, da er Startplatz drei herausgefahren war, auch noch an der Pressekonferenz teilnehmen musste – würde er bestimmt nicht jetzt im Fitnessraum auftauchen. Zweitens aber bezweifelte ich, dass er wieder mit mir trainieren würde, da ich ihn ja das letzte Mal auf eine so unfreundliche Art und Weise vergrault hatte.

Immer stieß ich die Leute von mir, die mir helfen wollten. Das konnte ich ja schließlich am besten, nicht wahr?

Doch ich versuchte jetzt nicht gerade an das zu denken, als ich mich mit einer Wasserflasche und einem Handtuch auf dem Weg zum Fitnessraum machte. Mal sehen, ob mir das Training heute etwas bringen würde.

Da ich niemanden hatte, der mir den Boxsack hielt, geschweige denn, der mit mir kämpfte, beschloss ich, ein einfaches Ausdauertraining am Laufband zu machen.

Ich powerte mich richtig aus und als ich mich erschöpft auf die Matte daneben fallen ließ, um eine kleine Pause einzulegen, öffnete sich die Tür des Fitnessraums und ich bekam Gesellschaft. Und zwar von niemand geringerem als Jos Verstappen.

Mit jedem hatte ich gerechnet, aber nicht mit dem Vater von Max. „Hallo Samira", begrüßte er mich ausgelassen und lächelte mir freundlich zu. „Hey", sagte ich und stand auf, damit ich nicht so weit rauf sehen musste. Mein Nacken würde es mir früher oder später danken.

„Alles klar bei dir? Du warst heute nicht mit auf der Rennstrecke", meinte er und ich wollte schon beinahe meine Augen verdrehen. Natürlich war ich nicht mitgekommen, sein Sohn und ich behandelten uns schließlich wie Luft.

Save my Heart (Max Verstappen FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt