Chapter 8 - A world without you...

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Ich ging weinend durch den Garten des Buckingham Palace, Regen plätscherte mir ins Gesicht. Offenbar passte das Wetter hervorragend zu meiner aktuellen Stimmung. 

Ich konnte und wollte einfach nicht akzeptieren, was gesehen war. Wollte nicht den Tod meiner Eltern akzeptieren.

Langsam watete ich also weiter, bis ich plötzlich gegen irgendwas gegenknallte. Schnell hob ich meinen Kopf, um nachzusehen. 

Phil. Mein Bruder. Der Kron...Nein, falsch. Der König. 

Vor Schock und Kälte zitternd, stand ich nun also meinem Bruder Phillip gegenüber, der mit einem hämischen Grinsen zu mir sah. Hinter ihm erblickte ich Annette.

„Habe ich es dir nicht gesagt, Charlene?", lachte diese nun. In ihren Augen stand die pure Abscheu, die sie für mich empfand. 

„Irgendwann werde ich Königin sein, habe ich gesagt, und dann wirst du nie mehr einen Fuß in diesen Palast setzen! Also pack deine Sachen und verschwinde! Sofort!".

Kalt klang ihre Stimme. Kalt und drohend.

Doch so schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben, weshalb ich tief durchatmete und auf diese Weise versuchte einen klaren Gedanken zu fassen.

„Annette, meine ach-so-liebe Schwägerin...Du kannst mich nicht rausschmeißen. Du hast nämlich keinen Besitzanteil.
Der Buckingham Palace gehört niemandem vollständig. Tommy, Phil und ich, wir teilen uns das Besitzrecht!", konterte ich.

Aber ich hatte mich zu früh gefreut. 

Annette schüttelte ihren Kopf und zog ein Blatt Papier hervor, welches sie mir prompt unter die Nase hielt. 

„Es ist ja fast schon niedlich, wie du versuchst deinen Willen durchzusetzen, Charlie. Aber leider hast du dich getäuscht und das hier...Das ist der Beweis!".
Die Stimme meiner Schwägerin triefte vor gekünsteltem Mitleid.  

Entnervt überflog den Brief, riss dann vor Überraschung meine Augen auf. Das konnte doch nicht wahr sein!

Meine Eltern hätten nie...Sie konnten doch nicht einfach mein Anteil am Erbe an Annette überschreiben! Meinetwegen hätten sie es Phil geben könne, aber doch nicht ihr!

„Und jetzt verschwinde hier, bevor ich dich rauswerfen lasse!", drohte die neue Königin nun. Flehend wandte ich meinen Blick zu ihrem Mann. 

„Phil, bitte...", murmelte ich verzweifelt.
Mein Bruder jedoch starrte stur an mir vorbei, irgendwo in die Ferne. Dabei kaute er auf seiner Unterlippe, wie immer wenn er aus irgendeinem Grund ein schlechtes Gewissen hatte. 

„Phillip, ich bitte dich! Das...das kannst du doch nicht zulassen. Nicht nach allem, was wir zusammen durchgestanden haben! Du bist doch mein Bruder...", versuchte ich es nochmal.
Und wieder erhielt ich keine Reaktion.

Dann legte mir mein Bodyguard James mit strenger Miene eine Hand auf die linke Schulter und führte mich vom Gelände. 

„Es tut mir leid, Charlene. Befehl der Königin...", rechtfertigte er sich, als wir vor dem Tor standen.
Ich sah ihm an, dass ihm diese Szene genauso schwer-fiel, wie mir. 

„Du kannst ja nichts dafür...Danke für alles, James. Ich weiß, du hattest es nicht immer leicht mit mir...", verabschiedete ich mich, kehrte dem Buckingham Palace den Rücken.

____
Schweißgebadet wachte ich auf. 

Ein Blick auf den Wecker, welcher auf meinem Nachttisch stand, zeigte mir, dass es gerade kurz nach drei war. Bis zum Aufstehen hatte ich also noch etwas Zeit. 

Neben mir schlief Philippa friedlich, grinste im Schlaf. 

Na zumindest eine, die nicht so eine Scheiße träumt...

Ich legte mich auf den Rücken und starrte die Zimmerdecke über mir an. Meine Gedanken liefen wild durcheinander, hämmerten dabei gegen meinen Schädel. 

Sowas würde nicht passieren, oder?! Im Zweifelsfall wäre Phillip auf meiner Seite, nicht wahr?!
Er würde nicht zulassen, dass Annette mich aus meinem eigenen Zuhause schmiss; mich von dem Ort verbannte, an dem ich aufgewachsen war. 

Oder etwa doch?

War die Liebe, die er für meine Schwägerin empfand so groß, dass er sich gegen seine eigenen Geschwister entscheiden würde?
Dass er Tommy und mir -die wir ihn immer unterstützt hatten- einfach in den Rücken fallen würde?

Erneut fiel mein Blick auf den Wecker. Ich grübelte bereits seit einer halben Stunde. 

Kurzentschlossen stand ich auf, schlich in ein anderes Zimmer und wählte die Nummer meines ältesten Bruders.
Nur er konnte mir jetzt die Gewissheit geben, die ich jetzt so dringend brauchte.

Nach dem dritten Klingeln nahm Phil schließlich ab. 

„Charlie?! Ist alles in Ordnung?!", fragte er besorgt.
Seine Stimme klang verschlafen, was angesichts der Uhrzeit auch nicht verwunderlich war. 

Es war wie in unserer Kindheit, wenn ich einen Alptraum gehabt hatte und mitten in der Nacht zu ihm gerannt war, um mich trösten zu lassen. Dann hatte Phil stets Tommy geweckt. Meistens hatten wir uns alle drei in ein Bett gequetscht und meine Brüder hatten irgendwelche Witze für mich erzählt, damit es mir wieder besser ging. 

Und am nächsten Morgen hatten unsere Eltern uns dann aneinander gekuschelt vorgefunden.

„Ich...Ja, ich glaube schon. Ich wollte nur...Du hältst zu mir, oder? Egal was passiert...".

Leise hörte ich meinen Bruder seufzen, doch als er mir antwortete, war der Schlaf aus seinen Worten verschwunden. Dafür schwank jetzt die reine Aufrichtigkeit in eben diesen mit. 

„Immer, Charlene. Du bist du schließlich meine kleine Schwester! So, und jetzt wird weiter-geschlafen, ja?".

Ich musste grinsen.
„Ich hab' dich lieb, Philli...". 

Philli, so hatte ich ihn während meiner Kindergarten- und Grundschulzeit immer genannt.
Es war einfach schon viel zu lange her, dass ich das Letzte Mal etwas in der zu ihm gesagt hatte. 

„Ich dich auch, Kleine!". 

Little RainbowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt