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Freitag.

Nach dem Dienstag wohl der beschisseste Tag der ganzen Woche. Natürlich vergötterte ich das Wochenende. Aber die sieben Stunden Unterricht davor waren die absolute Hölle. Nie hörte sich die Schulklingel so schön an wie nach einer weiteren überstandenen Woche. Ich eilte aus dem Schulgebäude und über den Schulhof bis zum Tor. Wie immer herrschte dort das reinste Gedrängel. Viel zu viele Schüler versuchen durch ein viel zu kleines Tor zu kommen. Ich atmete jedes Mal erleichtert aus wenn ich es geschafft hatte der aggressiven Meute zu entkommen.

Dieser Ort hatte mir beigebracht 700 Menschen auf einmal zu hassen. Doch lange Zeit hatte ich nicht. Ich musste ausgerechnet mit dem Bus fahren, in dem man kaum stehen konnte weil er so voll war. Selbst wenn man mitten im Gang stand war das festhalten überflüssig so nah stand man beieinander. Klar könnte ich mit dem Auto zur Schule fahren wenn da nicht mein Bruder wäre. Er musste früher als ich aus dem Haus und nahm das Auto bevor ich es tun konnte.

Wir gingen auf getrennte Schulen. Er hatte eine Klasse übersprungen und ging nun auf ein College in Denver. Ich stieg also in den Bus, gefolgt von einigen anderen Schülern. Ich war einer der Letzen weil ich es nicht einsah, nur für einen möglichen Sitzplatz, zum Bus zu rennen. Mit jeder Haltestelle konnte ich tiefer ein atmen und hatte nicht mehr das Gefühl erstickt zu werden.

15 Minuten dauerte der Höllenritt bis ich endlich meine Haltestelle erreichte. Langsam lief ich die Straße zu unserem Haus entlang. Ich beeilte mich kein Stück. Im Genenteil. So langsam wie möglich setzte ich einen Fuß vor den anderen. Doch es brachte nichts. Schneller als gedacht kam ich an dem braunen Gebäude an.

Es war nicht das hässlichste Haus der Straße aber es machte ihm schon sehr große Konkurrenz. Ich stieg die Treppenstufen nach oben und kramte in meiner Jackentasche nach dem Schlüssel. Er war einzeln. Kein zweiter Schlüssel und kein Anhänger. Ich schloss unsere Tür auf und trat in den dunklen Flur.

"Bin zu Hause." rief ich ins innere des Hauses und warf die Tür hinter mir wieder zu. Ich setzte meinen Rucksack ab, streifte mir die Schuhe von den Füßen und hing meine Jacke auf. Kurz warf ich mir durch den Spiegel im Flur einen Blick zu.

Meine Haare waren nicht so rot wie die von meiner Mum. Sie waren eine Mischung zwischen ihrer Farbe und dem braun meines Dads. Ich strich mir einige Stränen davon aus dem Gesicht. Meine Haut war blass, meine Lippen rissig. Vor zwei Monaten hatte ich mir einen kleinen Ring in meinen linken Nasenflügel stechen lassen. Kyle hatte mich dazu überredet. Mir gefiel es besser als ich es anfangs vermutet hatte. Meine Augen waren braun. Oder vielleicht auch ein dunkles grün. Ich konnte es nicht ganz genau sagen. Die dunklen Schatten unter meinen Augen hatten sich mittlerweile fast schwarz verfärbt. Ich schlief nicht gut seid Mum im Krankenhaus war.

Ich fuhr mir über die Stirn und seufzte. Ich hoffte das es mit der Zeit besser wurde. Meine Augen schlossen sich für einen kurzen Moment und ich atmete tief durch um mich zu sammeln und meine Gedanken zu ordnen. Dann drehte ich mich um und ging den Flur entlang ins Wohnzimmer. Mein Dad saß wie immer auf der Couch und sah Fern. Er schenkte mir einen kurzen Blick als ich den Raum betrat.

"Hey Dad." brachte ich heraus und ging auf ihn zu. Ich nahm die leere Flasche Limonade die vor ihm auf dem Tisch stand und sammelte die geöffneten Briefe vom Boden auf. Kurz überflog ich einen nach dem anderen. Einige Rechnungen die Bezahlt werden mussten, einige Werbeschreiben. Das übliche.

Ich legte sie auf das Regal das im Wohnzimmer stand und brachte die Glasflasche in die angrenzende Küche. "Hast du Hunger?" fragte ich den erbärmlich aussehenden Mann in meinem Haus. Er schüttelte den Kopf ohne mich anzusehen. Er war noch nie ein Mann der großen Worte.

Ich warf einen Blick in den Kühlschrank und nahm einen Becher Jogurt heraus. Danach nahm ich mir einen Löffel und setzte mich neben meinen Dad auf die Couch. Sie war mit abstand der bequemste Platz im ganzen Haus. Ich sah mir mit ihm eine dieser Realityshows an, während ich den Jogurt aß. Es ging um die typischen Probleme eines Realityshow Stars. Blondi wurde vom besten Freund ihres Freundes falsch angefasst und sie wusste nicht was sie nun tun sollte. Eine absolut dämliche Situation.

Just for a Moment || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt